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Praktikum in Ecuador Auf Entdeckungstour in den Anden

Hohe Gebirgsketten, sattgrüner Regenwald und weites Hochland: Südamerika besticht mit seiner Vielfalt. Janika Kerner studiert Landschaftsplanung und hat ein Praktikum in Ecuador gemacht.

Von: Janika Kerner

Stand: 03.02.2016

Janika Kerner in Ecuador | Bild: Janika Kerner

In meinem Bachelorstudium der Landschaftsarchitektur und -planung an der TU München ist es Pflicht, ein Semester im Ausland zu verbringen. Für mich war  klar: Wenn schon, dann richtig weit weg.

"Ich wollte raus aus Europa und raus aus dem Uni-Alltag. Außerdem hatte ich das Ziel mein Spanisch zu verbessern."

Janika Kerner

Typisch für die südamerikanischen Anden: Páramo, eine tropische Vegetationsform, die in den Höhenlagen der Gebirge vorkommt.

So beschloss ich, eine Praktikumsstelle in Südamerika zu suchen. Meine Wahl: Ecuador, weil es trotz seiner geringen Größe unglaublich vielfältig ist. Es erstreckt sich vom Amazonas-Regenwald über das Hochgebirge der Anden bis an die Pazifikküste und schließt auch die Galapagos-Inseln mit ein.

Das Land war gefunden, nun musste auch die passende Praktikumsstelle her. In den meisten tropischen Ländern ist jedoch der Umweltsektor noch nicht sehr ausgebaut, sodass es meist nur Angebote für Freiwilligenarbeit gibt, für die man auch oft noch zahlen muss.. Nach einigen Anfragen wurde ich schließlich an einem Lehrstuhl der Forst-Fakultät meiner Uni fündig, der ein Kooperationsprojekt im Süden Ecuadors zur Forschung im Bereich Waldbau aufgebaut hat. Es hieß sogar, ich könne dort an verschiedenen Standorten arbeiten. Die erste Station meines Praktikums sollte eine Forschungsstation im Bergregenwald sein. Wie sich herausstellte, gab es dort direkt gerade nichts zu tun, sodass ich erstmal im Büro in der angrenzenden Stadt Loja gearbeitet habe.

Die Stadt Loja im Süden Ecuadors wurde für Janika zur zweiten Heimat.

Loja ist eine der größten Städte des Landes und liegt auf über 2000 Metern Höhe mitten in den Anden. Das Büro befand sich in den Laboren der städtischen Universität "Universidad Técnica Particular de Loja", in denen ich dann auch die meiste Zeit meines Aufenthalts verbrachte. Dort habe ich zu Beginn ein paar Texte für die Bildungsarbeit vor Ort übersetzt und anschließend hauptsächlich zwei Doktoranden bei ihren Forschungsprojekten unterstützt.

Für das eine Projekt musste ich winzig kleine Tierchen unter dem Mikroskop sortieren und zählen, eine auf Dauer ziemlich stupide Arbeit. Mit mir im Labor waren jedoch ein sehr netter und unterhaltsamer Betreuer sowie zwei Studenten. Mit ihnen hatte ich viel Spaß, sodass die Arbeit trotzdem nicht langweilig wurde. Für das zweite Projekt ging es zum Glück endlich nach draußen. Es befasste sich mit den ökologisch katastrophalen Kiefernplantagen, die leider überall im ecuadorianischen Bergland angelegt werden.

Feldarbeit mit einheimischen Studenten in einer Kiefernplantage

Da das Projekt noch am Anfang steht, ging es erstmal darum, die Ausgangsdaten aufzunehmen. Dafür sind wir an viele Orte im Umland gefahren und haben mit studentischen Hilfskräften der Uni Proben gesammelt. Zu Anfang war ich mit dem Doktoranden unterwegs, der das Projekt leitet. Später durfte ich dann auch alleine rausfahren und die Studenten bei der Arbeit koordinieren.

"Es war schön, in der Umgebung rumzukommen und noch mehr Kontakte zu den einheimischen Studenten knüpfen zu können. Ich durfte auch einmal mit auf eine ihrer Exkursionen fahren, was mir sehr viel Spaß gemacht hat."

Janika Kerner

Der Regenwald in Ecuador: grün soweit das Auge reicht. | Bild: Janika Kerner

Grün soweit das Auge reicht: Im Regenwald hat Janika in einer Forschungsstation gearbeitet.

Neben meinen Haupttätigkeiten gab es außerdem Ausflüge zu anderen Teilen des Projekts, wofür ich in den Tieflandregenwald, ins Hochgebirge und in den Trockenwald fahren durfte. Doch neben den Forschungsarbeiten gab es außerdem auch Bemühungen, die einheimische Bevölkerung zu schulen.

"Da soll ich hoch? – Kein Problem!“ Janika in voller Montur bei einem ihrer Kletterkurse im Regenwald.

Dafür fanden gegen Ende meines Aufenthalts ein Baumfällkurs sowie ein Kurs fürs Baumklettern statt, bei denen ich helfen und teilnehmen durfte. Es geht dabei vor allem darum, das Bewusstsein für Sicherheitsmaßnahmen zu schärfen, da auch Profis dort oft fahrlässig arbeiten.

"Cuy“ ist ein typisches Gericht der Anden: gebratenes Meerschweinchen.

Eine der großen Herausforderungen während meiner Arbeit war das Essen. Ein zentraler Bestandteil der Ernährung in Ecuador ist Fleisch. Als Vegetarierin bin ich dort auf völliges Unverständnis und auch Unwissenheit gestoßen. Nicht selten kam die Frage: "Also kein Fleisch, aber was ist mit Hühnchen?"

Auch die Arbeitsweise ist etwas anders. Es wird viel geredet, was nicht unbedingt bedeutet, dass dem auch in absehbarer Zeit Taten folgen und diese sind dann auch nicht immer richtig geplant. Wir sind zum Beispiel einmal für zwei Tage zum Arbeiten ins Gebirge gefahren, doch konnten wir den zweiten Tag gar nichts machen, da wir wegen fehlender Absprache nicht zu den Probeflächen kamen.

Entspannen bei gutem Essen: Janika hat schnell neue Freunde unter ihren Kollegen gefunden.

Neben der Arbeit habe ich abends bei der städtischen Volleyballmannschaft mittrainiert oder mich gelegentlich mit Kollegen auf ein Bier in unserer Stammkneipe getroffen. An den Wochenenden war ich ein paar Mal mit meiner Gastfamilie unterwegs, doch die meiste freie Zeit habe ich genutzt, um zu reisen und das Land noch besser kennenzulernen. Da die Fahrzeiten auf den kurvigen Bergstraßen jedoch recht lang sind, kann man leider nicht so weit weg fahren. Es gab allerdings ein paar Feiertage wie zum Beispiel das Osterwochenende und zwei Wochen Urlaub. Da konnte ich auch die weiter entfernten Ecken des Landes erkunden.

"Reisen lohnt sich hier wirklich, weil die Natur so unglaublich vielfältig ist und auch die Menschen am Amazonas und an der Küste jeweils nochmal ganz anders drauf sind als die Andenbewohner."

Janika Kerner

Doch egal wo, man trifft eigentlich immer auf sehr offene und hilfsbereite Leute. Sobald sie merken, dass man Spanisch spricht, verwickeln sie einen auch gerne in Gespräche. Sie sind sehr interessiert daran, wo man herkommt, was man in ihrem Land macht, wie es einem gefällt und so weiter…

Janika vor den typischen Hochlandgewächsen.

Diese unglaublich offene und gesellige Art der Ecuadorianer hat mir einfach gefallen. Man ist zwar als Frau auf der Straße auch den Machosprüchen ausgesetzt, die nicht zu knapp kommen, doch sie sind meistens nicht aufdringlich. Man kann sich eigentlich ziemlich frei bewegen und trifft unterwegs immer freundliche Leute. Trotz oder gerade wegen all der Unterschiede zu meinem gewohnten Umfeld war es eine unglaublich bereichernde Zeit, in der ich nicht nur einiges über dieses Land und seine Leute, sondern auch über mich selbst lernen konnte. Allein in eine völlig fremde Kultur einzutauchen und die eigene Komfortzone hinter sich zu lassen, birgt natürlich einige Herausforderungen., doch hat es mir mindestens genauso viele Möglichkeiten geboten zu wachsen und neue Erfahrungen zu sammeln.

Länderinfo: Ecuador

  • Ecuador ist das kleinste Land Südamerikas. Trotzdem ist es sehr abwechslungsreich. Das zeigt bereits ein Blick auf die verschiedenen Regionen, die sich stark unterscheiden: Die Küstenregion im Westen, die Andenregion, das Amazonas-Tiefland im Osten und nicht zuletzt die Galapagos-Inseln.
  • Das soziale und finanzielle Ungleichgewicht zwischen sehr wenigen Reichen und sehr vielen Armen ist hoch.
  • Die Hochschulen sind allesamt autonom verwaltet und jeweils zur Hälfte unter staatlicher oder privater Trägerschaft. In jeder größeren Stadt Ecuadors hat sich inzwischen mindestens eine Universität niedergelassen.
  • Das Studiensystem wurde internationalen Standards angeglichen und unterscheidet zwei Studienstufen: "Pregrado“"und "Posgrado", also ein grundständiges und ein weiterführendes Studium.
  • Man kann sich als EU-Bürger in Ecuador bis zu 90 Tage im Jahr visumsfrei aufhalten. Ein mindestens sechs Monate gültiger Reisepass ist in einem solchen Fall zur Einreise ausreichend. Als Student sollte man dennoch beim ecuadorianischen Konsulat ein Studentenvisum beantragen. 

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