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Genie – Ruhm – Reichtum Das Architekturstudium auf dem Prüfstand

Genialität, Ruhm und Reichtum - diese Begriffe umranken den Beruf des Architekten und auch viele Studierende treten mit dieser Erwartungshaltung an ihr Studium heran. Campus Magazin checkt, was hinter dem Mythos Architekturstudium steckt.

Von: Max Böttcher, Elisabeth Mayer

Stand: 17.06.2017 | Archiv

Jedem Studiengang haften Klischees an, keine Frage. Die Rechtswissenschaftler sind immer chic angezogen, die Soziologen haben ständig frei und Maschinenbau studieren nur Männer. Auch die Architektur hat ihre Mythen: Man zeichnet einen genialen Entwurf nach dem anderen, spielt mit kleinen Modellen und zwischendurch gibt's noch eine schöne Exkursion, möglichst ins sonnige Ausland. Nach dem Studium folgt, ganz klar, Ruhm und Reichtum. Spätestens mit Anfang Dreißig sitzt der intellektuelle Hornbrillenträger dann in seinem eigenen Büro und plant die erste Konzerthalle. Mit so einem Bild tritt auch manch ein Studierender das Architekturstudium an und wird sofort enttäuscht, oder etwa nicht?

"Das Architekturstudium hat Klippen. Man kann immer etwas verbessern - und muss sich zwingen, Pausen einzuplanen. Und man braucht ein gutes Budget: Ich arbeite neben dem Studium und lebe zum Teil von Ersparnissen."

Matthias Ackstaller, 2. Semester

Ruhm - ein zweischneidiges Schwert

Für Moritz Auer, den Architekten des neuen Münchener Hauptbahnhofs, kann der Mythos jederzeit zur Realität werden. Mit dem Bau des Bahnhofs ergibt sich für ihn die wahrscheinlich einmalige Chance Architekturgeschichte zu schreiben. Wenn sein Werk gelingt, wird sein Name für immer mit dem monumentalen Bauwerk mitten in der Münchner Innenstadt in Verbindung gebracht werden. Aber was, wenn das nicht der Fall ist? Was, wenn er sich verkalkuliert hat? Was, wenn sein Bahnhof zum neuen BER wird? Wenn der Bau statt der geplanten 12 Jahre plötzlich 20 oder 25 Jahre dauert? Das ist der Ritt auf der Rasierklinge, dem sich der Architekt bei jedem neuen Projekt stellen muss. Aber vielleicht macht das ja auch einen Teil des Reizes aus.

"Der Mythos des Architekturstudiums ist die Vielfalt! Der Beruf ist nicht nur Entwerfen, er ist sehr technisch, eine Ingenieursdisziplin. Das Schönste ist, im Team Bauwerke zu entwickeln. Ist das Projekt genehmigt und der Bau da, geht er nicht mehr weg, sondern er bleibt. Damit trägt man als Architekt eine große Verantwortung."

Moritz Auer, Architekt

Studium der Architektur als Weg zum Erfolg?

Aber wie sieht es denn nun eigentlich bei den Studierenden aus? Haben sich ihre Erwartungen an das Studium erfüllt? Und glauben sie überhaupt noch an den Mythos? Die angehenden Architekten Josephine Köhler und Matthias Ackstaller machen gerade an der Technischen Universität München ihren Master, das heißt, sie sind schon einige Jahre dabei und dürften sich bereits eine fundierte Meinung gebildet haben. Die beiden sind mit einer eher realistischen aber durchaus positiven Einstellung an ihr Studium herangetreten und wurden nicht enttäuscht.

"Das Architekturstudium ist - wie ein Sprichwort sagt - 90 Prozent Transpiration und 10 Prozent Inspiration. Technik und Kunst. Das tägliche Brot danach hat noch andere Dimensionen: Kalkulation, Werkplanungen, Verhandlungen mit den Bauherren. Das Tolle: Als Architektin kann ich der Gesellschaft was zurückgeben!"

Josephine Köhler, 2. Semester, Master

Auch noch nach unzähligen "schlaflosen und arbeitsreichen Nächten" wollen sie versuchen im Architekturberuf zu bestehen. Für sie hat das Studium bisher gehalten was es versprochen hatte.

Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Architektur, Ludwig Zitzelsberger, steht gerade an der Schwelle zwischen Universität und knallhartem Berufsalltag. Seit fünf Jahren arbeitet er nun schon nebenher in einem Architekturbüro und musste lernen, dass Architektur nicht nur heißt, den ganzen Tag kreative Freihand-Skizzen zu machen. Zum Beruf gehören ebenso statische Berechnungen, Kostenschätzungen und jede Menge Zeit vor dem Computer.

"Durch Bachelor und Master ist der Druck enorm geworden. Ich sehe das kritisch: Kreativität braucht die Möglichkeit freier Zeiteinteilung. Das Positive: das Auslandssemester und man kann die Uni einfacher wechseln."

Ludwig Zitzelsberger, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl Städtische Architektur, TU München

Trotz alledem ist er immer noch mit großer Leidenschaft Architekt und wer weiß, vielleicht erfüllt sich für ihn noch der Mythos, den das Architekturstudium so vielen jungen Menschen verheißt: Ruhm und Reichtum.

Info Studium Architektur

Aufbau und Inhalt des Studiums Architektur

ArchitektInnen setzen sich mit den Fragen nach dem Zweck eines Bauwerks und dessen Integration in bereits Bestehendes auseinander. Deshalb erlernen sie zum einen kultur- und gesellschaftswissenschaftliche Grundlagen, Architekturgeschichte und Kunstgeschichte. Zum anderen wird der technischen Dimension des Entwerfens Rechnung getragen: Statik, Gebäudetechnik, Baurecht, Landschafts- und Stadtplanung. Zudem werden auch persönliche, handwerkliche Kompetenzen vermittelt, zum Beispiel das Gestalten von Entwürfen, Freihand, vor allem aber auch computerunterstützt mit sogenannten CAD-Programmen, aber auch Management- und Verwaltungskompetenzen, etwa Controlling, in Bezug auf ein Bauprojekt.

Berufsaussichten nach dem Studium Architektur

In erster Linie werden AbsolventInnen des Studiums Architektur in der Planung, dem Entwurf und der Gestaltung von Gebäuden und Gebäudekonzepten in Architektur- und Ingenieurbüros oder freischaffend tätig. Darüber hinaus finden ArchitektInnen auch in der Bauplanung, der Denkmalpflege, der Stadtplanung und -entwicklung, der Landschaftsplanung und -gestaltung, der Verkehrsplanung, der Raumplanung bei öffentlichen Hochbau- und Planungsbehörden sowie privaten Einrichtungen Betätigungsfelder. Daneben zählen auch Designbüros und weitere gestalterische Dienstleister,  Immobilienmanagement-Unternehmen sowie Berufs- und Hochschulen (im Bereich Forschung und Lehre) zu potenziellen Arbeitgebern. ArchitektInnen werden auch zur planerischen, gestalterischen und technischen Beratung von Bauprojekten unterschiedlicher Art konsultiert.



Infos zum Studium der Architektur

Architekturstudium an der TU München:

  • 1500 Studierende
  • Nummer 1 für Architektur in Deutschland (Weltweit: Rang 29)
  • Bewerbung: Mappe, Abiturnote, Bewerbungsgespräch


TUM Fakultät für Architektur


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