Studieren mit Handicap Mit Assistenten durch den Unialltag
Allein, ohne Hilfe, wäre ein Studium für viele Menschen mit Behinderung unmöglich. Deshalb brauchen sie jemand, der ihnen im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Arme greift“ - beim Schreiben, beim Lernen, bei Prüfungen oder auch nur auf dem Weg in den Vorlesungssaal. „Studienassistenten“ betreuen sie viele Stunden in der Woche und werden ganz automatisch nicht nur zu Kommilitonen und Gesprächspartnern, sondern oft auch zu "ziemlich besten“ Freunden.
Diese Zwei sind ein Team: Tobi studiert Soziale Arbeit. Und Paulo? Der auch. Naja fast. Als Studienassistent begleitet er Tobi auf dem Campus. Und dabei ist er sehr viel mehr als eine Pflegekraft…
Unialltag im Rollstuhl. Möglich durch Studienassistenten
„Kannst Du mir mal bitte die Seite 50 aufschlagen?“. Tobi sitzt in der Bibliothek. Eine Hausarbeit steht an und Recherche ist angesagt. Er gibt Paulo Anweisungen. Denn alleine kann Tobi das Buch nicht aus dem Regal ziehen, geschweige denn darin blättern. Denn Tobi ist ganzkörpergelähmt – aber das ist für ihn dank Paulo, seinem Studienassistenten, kein Hindernis.
Paulo holt Tobi aus seinem Wohnheim ab und dann beginnt der ganz normale Unialltag. Paulo hilft nicht nur bei Recherchen in der Bibliothek, sondern sitzt auch mit Stift, Papier und Laptop in der Vorlesung. Und auch bei den Prüfungen ist er mit dabei. Tobi diktiert seinem Assistenten dann und der schreibt alles auf.
Paulo hat eine Ausbildung zum Krankenpfleger gemacht und Kommunikationswissenschaften studiert. Jetzt arbeitet er bei einer privaten Pflegefirma. Die Kosten für Tobi übernimmt der Regierungsbezirk Oberbayern (mehr Infos zur finanziellen Hilfe in den Linktipps unten).
Mehr als nur eine Pflegekraft: Nach der Uni steht ein Kochabend an…
Aber auch nach dem Campus-Alltag bleibt Paulo an Tobis Seite. Sie gehen zum Beispiel zusammen einkaufen für einen Kochabend in Tobis Wohnheim. Anders als eine normale Pflegekraft hat Paulo schon fast ein freundschaftliches Verhältnis zu Tobi.
"Ich würde ja auch mit anderen Pflegekräften einkaufen gehen, aber es ist schon besser mit dem Paulo, weil es fernab von meinem Wohnheim in der Pfennigparade ist – also ich fühle mich hier nicht so eingeengt irgendwie. Es ist viel offener."
Tobias Müller, studiert Soziale Arbeit
Hilfe für Studenten mit Handicap? Daniela macht´s vor…
Ganz anders sieht die Arbeit bei der Studienassistentin Daniela an der LMU in München aus. Während Paulo immer weiß, was auf ihn zukommt, muss Daniela sehr flexibel sein. Sie arbeitet an der Beratungsstelle für Studierende mit Handicap. Dort ist sie als Wissenschaftliche Hilfskraft angestellt (mehr Infos zu den HiWi-Stellen in den Linktipps unten). Sie ist selbst hörgeschädigt. Hier in der Beratungsstelle hilft sie aber den anderen Studierenden mit Handicap.
Immer mehr Universitäten bieten diesen Service an, der einen ganz wichtiger Beitrag zu mehr Inklusion und Gleichberechtigung an den Hochschulen leistet. Während des Semesters ist hier in der Regel richtig viel los, manchmal geht es nur um technischen Support mit den Hörhilfen, nicht selten aber auch um soziale Probleme oder um Krisengespräche mit Professoren. Wenn es mal ausnahmsweise ruhiger zugeht, dann scannt Daniela Literatur ein. So kann später ein Computer Sehbehinderten aus den Texten vorlesen.
Linktipps:
- Ihr wollt Euch selbst für Studis mit Handicap engagieren? Die Beratungsstelle der LMU hilft weiter:
- „Hochschule für Alle“. Wo bekomme ich überall Unterstützung als Student mit Behinderung?
- Finanzielle Hilfe für Vollzeit-Studienassistenten gesucht? Hier gibt es mehr Infos zum Thema:
- Rechtliche Beratung und Unterstützung bei Anträgen gesucht?