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Promotion in Tschechien Für die Doktorarbeit ins Ausland? Auf nach Prag!

Ina Hartmann war als DAAD-Stipendiatin am Institut für Tschechische Literatur und Komparatistik an der Karls-Universität in Prag und hat dort für ihre Doktorarbeit recherchiert. Hier erzählt sie von ihrem Leben in der „Goldenen Stadt“:

Von: Ina Hartmann

Stand: 11.11.2016

Ina Hartmann in Tschechien | Bild: Ina Hartmann

Mein WG-Leben in Prag

Eine wunderschöne Stadt an der Moldau, umgeben von Hügeln, mit verwinkelten Gässchen und historischen Bauten in der Altstadt. Dazu ein breites Kulturangebot und eine großartige Unilandschaft! Was will man mehr? So kenne ich Prag und so ist mir die Stadt schon sehr lange vertraut. Grund dafür: Meine Zeit als Sprachassistentin an der Karls-Universität, die schon ein paar Jahre zurückliegt.

Auch damals war ich mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in der Tschechischen Hauptstadt und das hat mir so gut gefallen, dass ich auch meinen Doktor hier machen wollte. (Alle Infos zu Stipendien des DAAD findet ihr übrigens unten in den Linktipps.) Glücklicherweise sind mir aus meiner Zeit als Sprachassistentin viele private Kontakte geblieben, was mir die Zimmersuche extrem erleichtert hat.

"Ziemlich schnell habe ich ein WG-Zimmer im zentrumsnahen Stadtteil Holešovice gefunden. Allgemein zahlt man für ein Zimmer hier im Schnitt zwischen 200-350 €."

Ina Hartmann

Kein Problem: ein WG-Zimmer in Prag

In der WG haben wir meistens alle Tschechisch gesprochen. Das war mir sehr wichtig, weil ich dadurch meine Sprachkenntnisse natürlich vertiefen konnte. Ich würde es jedem von euch empfehlen, eine WG zu suchen, in der viele Locals leben. Ein WG-Zimmer in Prag zu bekommen ist auch ohne Kontakte kein großes Hindernisse, weil es viele, auch deutschsprachige, Internetseiten mit Wohnungsangeboten gibt, die man problemlos über die gängigen Suchmaschinen findet. Die Kosten für Lebensmittel und Haushaltsprodukte sind etwas niedriger als in Deutschland. Das kulturelle Angebot der Stadt ist sehr vielfältig und ich habe die ganze Bandbreite ausgekostet: Besonders gerne war ich zum Beispiel im Programmkino Bio Oko. Und ich habe die Staatsoper, das Rudolfinum, oft besucht oder bin durch die zahlreichen Kunstmuseen geschlendert, die Nationalgalerie oder die Kampa, eine Insel in der Moldau. Das Einleben in meiner neuen WG und das erneute Eintauchen in die tschechische Kultur verliefen problemlos. Ich habe mich überhaupt sehr wohl gefühlt in meinem Umfeld und in der Stadt an sich.

Meine Arbeit an der Karls-Universität in Prag

Grüne Oase mit Weitblick: Vom Park Letná hat man eine gute Aussicht auf die Stadt und die Moldau.

Eigentlich bin ich an der Uni Hamburg als Promotionsstudentin eingeschrieben. In Prag bin ich aber meiner Forschungsarbeit nachgegangen. Meine Doktorarbeit ist im Bereich „Bohemistische Literaturwissenschaft“ angesiedelt. Noch bevor ich nach Prag gezogen bin, habe ich mich von Deutschland aus im Internet über die Standorte schlau gemacht, an denen ich ungestört recherchieren und an meiner Doktorarbeit arbeiten konnte. Was ich euch auf jeden Fall empfehlen kann: Besorgt euch einen Ausweis der tschechischen Nationalbibliothek, dem Klementinum. Die Mitgliedschaften in tschechischen Bibliotheken sind wirklich sehr kostengünstig. Für eine Jahresmitgliedschaft bezahlt man in der Nationalbibliothek beispielsweise 100 Kč (tschechische Kronen), umgerechnet 4 €. Und die Nationalbibliothek ist wirklich wunderschön und hier herrscht eine tolle Atmosphäre. Weil ich wirklich viel Zeit an meinem Schreibtisch verbringen musste, war mir eine schöne Bibliothek natürlich besonders wichtig. Zu einer meiner „Lieblingsbibs“ zählt auf jeden Fall die Bibliothek der Akademie der Wissenschaften gleich gegenüber des Nationaltheaters. Hier kann man die lange Tradition der Bildungseinrichtungen in der tschechischen Hauptstadt förmlich spüren.

Neben den ungezählten schönen Bibliotheken der Stadt eine von Inas Lieblingen: Die Bibliothek der Akademie der Wissenschaften.

Mit dem Suchsystem der Bibliothek und den Datenbanken musste ich mich zuerst einmal auseinandersetzen. Aber schnell war ich mit den Abläufen vertraut und nach drei Monaten habe ich bereits alle Primär- und Sekundärquellen für einen meiner insgesamt vier tschechischen Autoren, deren Arbeit ich analysierte, sichern können. Was auch eine super Sache ist: Falls man gar keine Vorerfahrung hat, bietet die Bibliothek wöchentlich öffentliche Einführungsveranstaltungen an. Zudem sind einem die sehr aufmerksamen Bibliotheksangestellten bei Fragen immer behilflich. Die Internetseiten der Bibliotheken sind auch in einer englischen Version verfügbar.

Aber um die tschechische Sprache kommt man auf keinen Fall herum: Bei der Anmeldung oder weiterführenden Fragen an das Bibliothekspersonal benötigt man unbedingt ein hohes Sprachniveau. Alle Infos zu den sprachlichen Voraussetzungen für ein Stipendium des DAAD findet ihr unten in den Linktipps. Die Kopierkosten in Prager Bibliotheken sind vergleichbar mit denen in deutschen Bibliotheken, pro Din-A4-Seite max. 8 ct. Außerdem habe ich mich in den Bibliotheken des Instituts für Tschechische Literatur angemeldet, weil ich von dort auch unbedingt Quellen gebraucht habe. Eine Besonderheit an Tschechischen Bibliotheken: Wenn man über keinen permanenten Wohnsitz in der Tschechischen Republik verfügt, ist man leider auch nicht dazu berechtigt, Bücher nachhause auszuleihen.

Die „Goldene Stadt“ Prag entdecken

Blick aufs Wasser: Die berühmte Promenade „Masarykovo nábřeží“ mit dem Goethe-Institut in Prag.

Warum nennt man Prag eigentlich die „Goldene Stadt“? Da gibt es viele Erklärungen. Wohl die häufigste: Kaiser Karl IV. ließ die Türme der Prager Burg vergolden. Das zeigt, dass die Stadt wichtiger Schauplatz in verschiedenen Epochen war, vor allem zur Zeit des Heiligen Römischen Reichs. Zeitweise war Prag politisches und kulturelles Zentrum Mitteleuropas. Der Altstadtkern in Prag ist UNESCO-Weltkulturerbe. Hier befinden sich gotische Kathedralen, Barock- und Renaissance-Paläste  und andere historische Bauten der verschiedensten architektonischen Stile.

"Wer sich vom Trubel der Stadt erholen möchte, ist im Park „Letná“ genau richtig. Hier hat man eine wunderschöne Aussicht auf die Stadt. Für romantische Picknicks ist der Park bei Pärchen sehr beliebt, aber auch Skater trifft man hier oft wegen dem groß angelegten Skatepark."

Ina Hartmann

Praha-Troja -ein Stück Italien inmitten von Prag

Überraschender Inhalt: Das Trojanische Pferd im Viertel Troja bietet euch Café, Bar und Galerie in einem.

Wer einmal abseits der Altstadt Prags Schmuckstücke entdecken will, der sollte unbedingt in Praha-Troja, einem Stadtviertel im Norden von Prag, vorbeischauen. Hier steht zum Beispiel das barocke Schlösschen Troja. Es heißt nicht umsonst, dass man mit dem Schloss Troja ein Stück Italien inmitten von Prag besitzt. Der Grund dafür: Das Gebäude wurde nach dem Vorbild einer italienischen Vorstadtvilla erbaut. Wenn euch barocke Villen nicht zusagen und ihr euch lieber gemütlich in eine Bar oder ein Café setzt oder Galerien mit zeitgenössischer Kunst entdecken wollt: Im „Trojanischen Pferd“, auch im Viertel Troja - wer hätte das gedacht - bekommt ihr das alles auf einmal: Café, Bar und Galerie mit wechselnden Ausstellungen in einem riesigen Holzpferd, unbedingt einen Besuch wert!

Na dann Prost! In Inas Stammkneipe „Liberal“ in Holešovice kommen auch Hunde auf ihre Kosten.

Apropos Bar: Meine Stammkneipe war übrigens das „Liberal“ in Holešovice, wo ich auch gewohnt habe. Holešovice liegt übrigens drei Kilometer nordöstlich des Stadtzentrums, linksseitig der Moldau. Es gibt allerdings einen kleinen Haken, denn die Bar ist nur was für Leute, die Hunde gern haben. Die sind hier nämlich gleichberechtigt und bekommen auch mal ihren Drink an die Tische gebracht.

Wie mich die Karls-Uni bei meiner Doktorarbeit unterstützt hat

Gleich als ich in Prag angekommen bin, konnte ich einen Termin mit meinem Betreuer vereinbaren, der mich nach Kräften unterstützt hat. Die wissenschaftlich orientierten Gespräche waren wirklich immer sehr konstruktiv und für die Entwicklung meiner Arbeit sehr wichtig. Noch ein Tipp für alle Doktorandinnen und Doktoranden, die sich für einen Aufenthalt in Prag interessieren: Unbedingt an den Kolloquien der Karls-Uni teilnehmen! Der Austausch mit den anderen Nachwuchswissenschaftlern des gleichen Fachbereichs ist in Prag wirklich intensiv und sehr positiv für die weitere Arbeit. Im Kolloquium erhält jeder die Gelegenheit sein Projekt vorzustellen und bekommt bei der anschließenden Diskussion sehr gute Anregungen.

Länderinfo: Tschechien

  • Prag ist mit 1,3 Millionen Einwohnern die größte Stadt Tschechiens. Zu den Top-Sehenswürdigkeiten zählen zum Beispiel  die Karlsbrücke, die Prager Burg und der Lobkowitz-Palast.
  • Die Kosten für Lebensmittel sind verglichen mit Deutschland recht niedrig. 300 € solltet ihr dafür aber mindestens einrechnen. Auch bei der Unterkunft kann kommt man billiger als in Deutschland weg: Ein Zimmer kostet im Schnitt und je nach Lage zwischen 200-350 €.
  • Der Staat Tschechien ist jung: Er entstand erst im Jahr 1993 mit der Teilung der Tschechoslowakei in die Tschechische und die Slowakische Republik.
  • In Tschechien liegt mit der Prager Karls-Universität die älteste Hochschule Mitteleuropas, die 1348 gegründet wurde. Sie ist zugleich die älteste deutsche Universität, weil Prag in dieser Zeit die Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches unter dem späteren Kaiser Karl IV. war.
  • Es gibt zwischen Deutschland und Tschechien ein „Abkommen für die gegenseitige Anerkennung von Bildungsnachweisen“. Das heißt: Ein Abschluss, den du in der Tschechischen Republik erworben hast, wird in Deutschland problemlos anerkannt.

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