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Plansequenz-Workshop 2019 Diesmal haben wir ein "Ass im Ärmel"!

Eine Plansequenz, das ist ein Film, der komplett ohne Schnitte auskommt. Die Auszubildenden zum 'Mediengestalter Bild und Ton' im BR haben mit dieser besonderen Gestaltungsform den Kurzfilm "Ass im Ärmel" produziert - wieder in Zusammenarbeit mit Campus Magazin auf ARD-alpha.

Von: Emma Hinterberger (Auszubildende Mediengestalter Bild und Ton im zweiten Lehrjahr)

Stand: 20.12.2019

Intrigen, Mord und Blutrache. Die diesjährige Plansequenz strotzt nur so vor eiskalter Mafia-Atmosphäre und verrauchten Pokerzügen. „Ass im Ärmel“- ein geniales Drehbuch im Vendetta Stil.

Was ist das, eine Plansequenz?

Jedes Jahr arbeitet Anja Caninenberg mit den Auszubildenden Mediengestaltern Bild und Ton an einem szenischen Filmstück ohne jeglichen Schnitt, einer Plansequenz eben. Im Gegensatz zu regulären Filmen wird dieser nicht in der Postproduktion aus verschiedenen Szenen und Takes zusammengefügt. Hier müssen Kameraperspektiven, Raumwechsel und Dialoge der Schauspieler wie am Schnürchen in einem Take durchgespielt werden. Mehrere Versuche sind hierbei erlaubt. Wie viele Anläufe diesmal dafür notwendig waren wird später verraten.

"Eine Plansequenz bedeutet 'Editing im Kopf' . Die komplexen Kameraeinstellungen werden vor dem Dreh genau durchdacht, um dann einen kontinuierlichen Handlungsablauf mittels innerer Montage zu erzeugen. Perfektes Learning für Kamera und Editing."

(Anja Caninenberg, Ausbilderin)

 Coole Mafiastory

Erste Drehbuchbesprechung am Set

Doch alles der Reihe nach. Am Anfang jedes Projekts steht die Planung und Organisation. Und natürlich die Frage: Um was geht es diesmal? Konzepterstellung, Drehbuchfindung und Dramaturgie. Jasmin Domochali, Mediengestalterin im dritten Lehrjahr, nimmt sich dieser komplexen Aufgabe an und lässt sich ein, auf eine Reise in die skrupellose Welt der Capo- der sizilianischen Mafiabosse.

Der circa neunminütige Kurzfilm behandelt das Treffen der Mafia Oberhäupter auf Sizilien. Sie alle werden zum Pokerspiel eingeladen. Zum ersten Mal wird auch einer Frau die Ehre zuteil, einen Chefposten im Kreise der Capo zu besetzen. Der Diener des Hausherren ist ebenso mit von der Partie, er mimt den Dealer der geselligen Pokerrunde. Nach einiger Zeit wird ein ungeklärter Mordfall aus der Vergangenheit aufgerollt, um den wahren Täter zu entlarven.

Große Crew, eigenes Social Media Team und echte Schauspieler

Full House im Studio in Unterföhring. Die Azubis des zweiten und dritten Lehrjahres, unterstützt durch fünf Azubis vom MDR, einem Azubi des ZDF und einer Auszubildenden von der ARD ZDF Medienakademie, werden in allen Bereichen einer szenischen Produktion eingesetzt und gefordert. Ob Kamera, Licht, Ton, Kostüm oder Aufnahmeleitung, jede Rolle im und am Set ist schließlich besetzt und mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut.

Das Social Team.

Wieder mit dabei dieses Jahr: das Social Media Team, allerdings in größerer Besetzung. Mit iPhones, Gimbals und einer Schnittstation direkt im Studio ausgestattet, begleiten die frisch gebackenen „Vlogger“ das gesamte Projekt und halten die interessierte Außenwelt mittels täglicher Instagram-Posts (@br_auszubildende) auf dem Laufenden.

Anfang Dezember startet die Crew im Studio mit dem Kulissenaufbau. Bodenplatten in Holzoptik werden verlegt, Kulissenwände verschraubt und Türen eingebaut. Nach und nach entsteht die kleine Welt der Capo. Auch die Requisiteure geizen nicht mit ihrer Kreativität und verpassen den leeren Zimmern durch imposante Wandgemälde, dekadente Barschränke und stimmungsgebende Lichtakzente den letzten Schliff. Die Kulisse steht nach zwei Tagen, am dritten heißt es dann: proben, proben und proben. Egal ob Kostüm-, Schauspiel- oder Kameraproben, das gesamte Team ist involviert. Nach anfängliche Schwierigkeiten, wie der Erkenntnis, dass Männerhemden in weitaus komplexere Größen als S, M oder L unterteilt sind, sitzt am Ende des Tages jede Fliege, jeder Pokerzug und jede Kameraposition.

Der Drehtag

Regisseurin Jasmin Domochali.

Endlich heißt es dann: All in, wir drehen! Die Schauspieler werden verkabelt, noch einmal abgepudert und mit dem Schlag der Klappe nach Sizilien befördert. Doch kaum wird die erste Zigarette am Pokertisch mafiös angezündet, bricht die Funkverbindung der Kamera ab. Eine große Herausforderung für Kameramann Lukas Brenninger, denn die Kamera ist, sehr schwer, trotz Easy Rig.

Alles auf Anfang – Take 2. Die Requisiteure eilen ans Set, um die Pokerchips und Whiskygläser wieder auf Anfangsposition zu bringen. Die Regisseurin bespricht kleine Details mit der Mafia, der Kameramann nutzt die kostbaren Sekunden, um seine Arme zu entlasten.

Kameramann Lukas Brenninger bei der Probe

Es folgt Take auf Take, noch ist die Crew nicht zufrieden. Selbst beim besten Spiel kommt es eben mal zum Downswing. Trotz Wiederholungen und kleiner Hürden bleiben die Schauspieler in ihren Rollen, fallen selbst beim Mittagessen in italienische Floskeln, auch das Team ist weiterhin höchst motiviert. Und anscheinend können die dicken Studiotüren das Weihnachtsfeeling nicht aussperren, auch am Set wird ein metaphorischer Adventskalender nicht außer Acht gelassen. Ob Zufall oder nicht, nachdem die Kulissentür des Herrenhauses zum 24. Mal geöffnet wird, ist es geschafft. „Den kaufen wir, oder?“, strahlt Jasmin Domochali und erklärt die Plansequenz 2019 offiziell für finito.

24 Takes – eine Leistung, die sich sehen lassen kann! Auch Anja Caninenberg ist mehr als stolz auf die Auszubildenden. Jackpot geknackt! Doch wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören, beziehungsweise abbauen. Und so verschwinden nach und nach der Pokersaal, das Herrenzimmer, das italienische Flair aus dem Studio. Doch was allen bleibt, ist ein Ass im Ärmel – die Erfahrungen und Momente einer gelungenen Plansequenz.

"Ziel dieses Workshops ist auch nicht nur die reine technische und organisatorische Umsetzung des Projektes. Die Auszubildenden sollen auch soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit lernen.
Bei der Plansequenz „Ass im Ärmel“ waren fast 35 Teammitglieder am Set. Da gab es hin und wieder schon mal Reibereien und Konflikte, die gelöst werden wollten. Es war schön zu beobachten, wie die Auszubildenden mit solchen Konflikten umgegangen sind und wie sie diese Konflikte zielführend gelöst haben."

(Christian Rudholzer, Leiter Fachgruppe Aus- und Weiterbildung)


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