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Mythos Astronomie Von Sternenguckern und Mathegenies

Im Fach Astronomie gibt es in Deutschland nur etwa 500 Studierende. Sie gelten als einsame Sternengucker, die stundenlang an der Sternwarte am Teleskop den Nachthimmel betrachten und Karten zeichnen, endlose Zahlenreihen erstellen, um den Weltraum zu vermessen und bis ans Ende der Welt zu den großen Observatorien reisen und hoffen einmal in den erlesenen Kreis dieser kleinen wissenschaftlichen Community aufgenommen zu werden. Aber stimmt das alles auch? Wir fragen nach am deutschen Forschungs- Hotspot für Astronomie, der Uni München, und am eher kleinen Institut der Uni Erlangen.

Von: Monika Haas

Stand: 05.06.2019 | Archiv

Nur ein Fach für Genies?

"Es muss nicht so sein, dass du es gleich verstehst, ich hatte Leute in meiner Lerngruppe, die das gleich verstanden haben. Das ist absolut beeindruckend und unglaublich frustrierend. Aber wenn du dich anstrengst hast du trotzdem die Möglichkeit, es zu verstehen."

(Ludwig, Masterstudent Astronomie Uni München)

Astronomie ist ein reines Masterstudium, ein Bachelor in Physik Voraussetzung dafür. Die Studierenden können also rechnen und abstrakt denken und tun das auch freiwillig gerne, müssen sie auch: Astronomie heißt riesige Datenmengen von Satelliten und den großen Observatorien am Rechner bearbeiten. Oder wie bei Ludwig das Weltall am Computer nachbauen, also virtuelle Simulationen programmieren können. Umfangreiche Kenntnisse in Physik, Mathematik und Informatik sind also Pflicht.

Erste Ergebnisse von Ludwigs Simulation.

Geduld und Durchhaltevermögen gehören ebenfalls zu den Skills eines angehenden Astronomen, denn für die eigene Masterarbeit heißt es oft Wochen und Monate an Zahlenreihen sitzen und Probleme lösen.

Melanie beispielsweise spürt an der Sternwarte Bamberg – einer Außenstelle der Uni Erlangen – einer Sternenexplosion vor tausend Jahre nach. Mühsam versucht sie am Rechner Röntgenstrahlung nachzuweisen, die bei der Explosion einer Supernova entstanden sind. Ein Genie muss sie dazu nicht sein, abstrakt denken können schon.

Nichts für Frauen?

Aber können Frauen das überhaupt? Ein gängiger Mythos wie in allen MINT Fächern, aber natürlich völliger Quatsch.

"Es ist natürlich immer ein Männerüberschuss, und es ist auch historisch einfach sehr männerdominiert gewesen, wenn man sich das anschaut, die Bücher, die wichtigen Paper, die großen Entdeckungen. Viele Männer – aber auch viele Frauen dabei gewesen, also Lise Meitner, Marie Curie kennt ja eigentlich auch jeder."

(Jana)

Immerhin zwanzig Prozent ist der Frauenanteil inzwischen in der einstigen Männerdomäne „Astrophysik“, also noch Luft nach oben. Selbstbewusstsein ist da gefragt.

Nur was für Scifi-Fans und eine kleine Elite?

Supernova, Lichtjahre und Neutrinos, Begriffe, die jeder aus Science-Fiction Filmen kennt. An den Astronomie-Fakultäten werden sie greifbar. Und in manchem Büro liegen tatsächlich Stofftiere aus Star Wars. Yoda und Darth Vader als Maskottchen für Forscher.

"Es ist einfach die Faszination Weltraum - und die natürlich in den Science-Fiction Filmen und sämtlichen, was außen rum passiert, ja schön dargestellt wird - die braucht man einfach."

(Ludwig)

Sternwarte München

Was aber ist Stand der Wissenschaft? Im Bereich der experimentellen Physik macht Astronomie enorme Fortschritte, stößt aber gleichzeitig auf immer neue Fragen und neue Unbekannte. Wie lassen sich die gigantischen Datenmengen beherrschen, die entstehen, wenn immer neue Satelliten, immer ausgefeiltere Detektoren auch auf den Erdstationen das Universum scannen? Wie können die Teilbereiche, beobachtende Astronomie, Astrophysik, Teilchenphysik, Astrometrie, Astrodynamik und Exoplanetologie die Phänomene, Objekte und Gesetzmäßigkeiten im Weltall beschreiben?

Galaxienpaar Messier 51. Aufgenommen vom Fraunhofer-Teleskop auf dem Wendelstein.

Das sogenannte „kleine Fach“ Astronomie ist inhaltlich groß und wirft Fragen auf, die nur Wenige beantworten können. Die elitäre Astro-Community ist überschaubar und damit auch die Chance auf eine gut bezahlte Forschungsstelle an einer Uni oder einem Institut. Viel bessere Jobaussichten haben Absolventen nach dem Masterabschluss in der Wirtschaft, speziell der Digitalwirtschaft, oder in der Industrie beispielsweise im Sektor Solarenergie und in Beratungsunternehmen. Denn die Fähigkeit abstrakte komplexe Probleme rational und effektiv zu lösen und die Entwicklung neuer Analyseverfahren für Big Data sind immer gefragter.

"Du fängst an zu verstehen, und dabei verstehst du, wie wenig du eigentlich verstehst, wie wenig wir wissen und auch, wie fragil alles ist. Dieser kleine Planet hier, der da Dunklen schwebt und dass das eben nicht selbstverständlich ist. Und dass wir da etwas haben worauf wir aufpassen müssen, und ich denke mal, dass das schon durch mein Studium, da auch mein Blick darauf geändert hat oder geschärft hat."

(Jana)

In manch einem Astronomen schlummert auch ein Philosoph.

Interessante Links zum Studienfach Astronomie

Studiengang-Infos der LMU und der Universität Erlangen:
LMU München
FAU Erlangen-Nürnberg

Allgemeine Infos und Überblicke:
Unicheck bei Unicum
Studycheck
Lehramtsstudium Astronomie


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