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Campus Tour an der Uni in Frankfurt am Main Glaubensraum für Muslime

Gebetsräume für Muslime an deutschen Unis? Umstrittene Frage. Auf der Campus Tour an der Uni Frankfurt trifft Sabine Pusch die Medizinstudentin Sarah Bussouf. Sie ist Muslima und engagiert sich in der islamischen Hochschulgemeine und im Haus der Stille an der Goethe-Universität Frankfurt.

Von: Christian Wurzer

Stand: 07.12.2020

Muslimische Studierende stoßen immer wieder an Grenzen, wollen sie ihren Glauben auch im Studium leben: Wo sollen sie fünf Mal am Tag beten, wie es der Koran vorschreibt? An mehreren deutschen Unis wurden die dafür bereitgehaltenen Räume geschlossen. Andere Universitäten, wie die Goethe Uni in Frankfurt am Main, halten dagegen. 

Warum Gebeträume für muslimische Studenten an Unis?

Die Glaubensausübung hat einen sehr hohen Stellenwert für muslimische junge Menschen. Sie nehmen in der Mehrzahl ihren Glauben sehr ernst, wie eine Studie der evangelischen Kirche von 2017 zeigt. 

"Es gibt Religiöse und Nichtreligiöse verschiedenster Zugehörigkeiten, die studieren, ihre Religiosität miteinbringen, sowohl in Lehre und Forschung, aber auch in das gemeinsame Leben, das wir hier haben und sie haben natürlich besondere Bedürfnisse. Das mag Seelsorge betreffen oder Gespräche, was religiöse Themen umfasst, aber eben auch Gebetsmöglichkeiten und Rückzugsmöglichkeiten, um dann doch mal zur Besinnung zu kommen."

 Dr. Mark Chalîl Bodenstein, Islamwissenschaftler Goethe-Universität Frankfurt.

Streit um Gebetsräume

Viele Unis haben für Studierende zunächst religionsneutrale Gebetsräume eingerichtet. Sie sind multireligiös konzipiert. Doch nicht immer wurde dieses Konzept eingehalten. In Bochum zum Beispiel, standen muslimische Nutzer unter Verdacht den Raum vereinnahmt, ja gar zur Radikalisierung missbraucht zu haben. Die Uni Bochum hat reagiert und den Raum geschlossen. Weitere Gründe für die Schließung solcher Räume liegen im Selbstverständnis der Universitäten:

"In Berlin zum Beispiel verstehen sich die Universitäten als säkularer Raum, wo Religion keine Rolle spielt und daher auch für keine Religion Gebetsmöglichkeiten und ähnliches zu Verfügung gestellt werden müssen."

 Dr. Mark Chalîl Bodenstein, Islamwissenschaftler Goethe-Universität Frankfurt

Viele Unis haben neue Lösungen gefunden. An Stelle der Gebetsräume traten sogenannte „Räume der Stille“, die einer besonderen Nutzungsordnung unterliegen.

Haus der Stille an der Goethe-Universität Frankfurt

Die Uni Frankfurt hat auf ihrem Campus ein Haus der Stille eingerichtet. Das Haus auf dem Campus Westend der Uni ist als multireligiöser Gebetsraum konzipiert. Er bietet für alle Studierenden und Mitarbeiter der Universität Raum für Meditation und Besinnung, gleich welchen Glaubens auch immer. Wer das Haus nutzen will, wendet sich an das Kuratorium des Vereins zur Förderung des interreligiösen Dialoges an der Goethe-Universität Frankfurt. Er ist zugleich Träger des Hauses.

Muslimische gläubige Studierende in Frankfurt haben für das „Haus der Stille“ an der Uni Frankfurt die Initiative ergriffen. Der Grund ist einfach: Ein gläubiger Muslim soll fünf Mal am Tag sein Gebet verrichten. Beten geht aber nicht im Vorlesungsaal und die nächste Moschee ist oft weit. Sie hatten es als entwürdigend empfunden, ihr Gebet an unwürdigen Orten wie in einer Ecke der Bibliothek oder in einem Keller zu verrichten.

IHG-FFM Die islamische Hochschulgemeinde in Frankfurt am Main 

Aus der Not heraus, einen Gebetsraum für sich zu finden, haben sich in Frankfurt muslimische Studierende organisiert und die Islamische Hochschulgemeinde Frankfurt gegründet. Die Muslima und Medizinstudentin Sarah Boussouf engagiert sich dort ehrenamtlich.

"Genauso wie es jüdische, katholische und eben auch evangelische Vereinigungen gibt, die sich um die religiösen Belange kümmern, finde ich es notwendig, dass das aus muslimischer Perspektive auch geschieht."

 Sarah Boussouf, Muslima, Kuratorium Haus der Stille der Uni Frankfurt.

Ein Nebeneffekt aus der Gemeindegründung ist, dass damit sowohl Muslime aller Konfessionen, als auch die Universitäts-Verwaltung einen festen Ansprechpartner für die Belange muslimischer Studierender haben. 

Die Islamische Hochschulgemeinde Frankfurt lädt ein zu kulturellen Veranstaltungen, wie szenische Lesungen, zusammen übrigens mit der Katholischen Hochschulgemeinde Frankfurt, oder auch zu Abenden, die gesellschaftliche Themen aus spezifisch muslimischer Sicht behandeln, wie 'Kopftuch beim privaten Arbeitgeber', aber auch das soziale Leben kommt hier nicht zu kurz. 

"Der Glaube ist das zentralste Element in meinem Leben. Es spielt bei jeder meiner Taten eine Rolle, oder sollte es zumindest. Ein wichtiger Aspekt: Die Religion ist die Absicht, das heißt egal was ich mache, ob ich jetzt für die Uni lerne, zum Sport gehe, wenn die Absicht immer eine religiöse dahinter ist, dann ist es natürlich zentral."

 Sarah Boussouf, Islamische Hochschulgemeinde Frankfurt am Main.

Islamische Hochschulgemeinde Frankfurt am Main:

Rat muslimischer Studierender & Akademiker:


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