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Interview mit Gedächtnis-Weltmeisterin Christiane Stenger erzählt aus ihrem Leben

"Ein Gehirn ist ein unendlich weiter Raum. Da gibt es keine Begrenzung", sagt die mehrfache Junioren Gedächtnis-Weltmeisterin. Campus Magazin will wissen, wie sie ihre Schulzeit erlebt hat. Diese war wohl nicht ganz so einfach. Das Abi hat sie aber dann doch schon mit 15 geschrieben.

Von: Jenny von Sperber

Stand: 30.04.2019

Christiane Stenger, mehrfache Gedächtnisweltmeisterin, Moderatorin und Sachbuchautorin | Bild: BR

Campus Magazin (CM): Hast du dir Deine Merktricks selbst ausgedacht?

Nein, diese Tricks sind teilweise schon über 2000 Jahre alt. Die haben Griechen und Römer schon benutzt. Jeder kann da natürlich ein bisschen dran rumschrauben, aber die Grundideen gibt es schon lange.

CM: Wie bist du auf diese Tricks gestoßen?

Ich hab sie in einem Kurs gelernt, als ich 9 Jahre alt war. Der Kurs hat in meiner Straße stattgefunden: Gedächtnistraining und Naturphänomene. Hat sich für mich damals nicht so spannend angehört, aber da es um die Ecke war hat meine Mutter gesagt: Schau Dir das doch einfach mal an. Und das war mein Glück. Denn sonst hätte ich diese Merktricks nie kennengelernt und die haben mir für mein Studium und die Schule einfach unfassbar viel gebracht.

CM: Hast du dann als Kind bei „Ich-packe-meinen-Koffer“ immer gewonnen?

Ja, nachdem ich diese Techniken wirklich gelernt hatte schon. Wir haben damals ganz spielerisch angefangen, haben uns zusammen ein System überlegt für die Zahlen von 0 bis 99 und wir haben uns dabei kaputt gelacht. Und dann haben wir von den Meisterschaften gehört und uns dann wirklich auf die verschiedenen Disziplinen vorbereitet: Spielkarten, Namen und Gesichter, Wörter und Texte.

CM: Bist du dann plötzlich super gut in der Schule geworden?

Nein, das kann man so nicht sagen. Ich habe allerdings in der Grundschule eine Klasse übersprungen, weil ich mich so gelangweilt habe. Damals war aber zuerst mein Ausweg, mir Krankheiten einzubilden. Deshalb bin ich zuerst zum Psychologen geschickt worden, der mir dann geraten hat, eine Klasse zu überspringen. Das hat aber nur kurz geholfen.

Als ich aufs Gymnasium kam, war ich ziemlich enttäuscht. Ich hatte mir das alles spannender vorgestellt. Meine Noten wurden dann schnell recht schlecht. In der sechsten Klasse zum Beispiel waren meine Lateinnoten in den Schulaufgaben 6, 6, 2, 6, 6 - also gerade noch bestanden. Ich war versetzungsgefährdet, gleichzeitig aber schon Junioren-Gedächtnisweltmeisterin. Ich war wahnsinnig faul. Und ich fand die Schule schrecklich.

CM: Und wie hast du doch noch die Kurve gekratzt?

Ich bin dann auf eine andere Schule gekommen, wo man mir gesagt hat: Christiane, Du musst es endlich hinkriegen, deine Merktechniken für die Schule einzusetzen. Wenn Du das schaffst, kannst Du bei uns noch weitere Klassen überspringen. Und dieses Angebot hat mich dazu gebracht, mich wieder für Schule zu interessieren. Und ich hab dann tatsächlich meine Techniken für den Lernstoff benutzt. Und schwuppdiwupp wurde ich so gut, dass ich noch 2 Klassen übersprungen habe und mit 15 mein Abitur geschrieben habe.

CM: Wenn du etwas hörst, das du dir merken willst, hast du dann eigentlich blitzschnell automatisch deine Bilder und Geschichten im Kopf?

Nein, diese Techniken wende ich schon ganz bewusst an. Ich schalte dann wirklich den Modus an: Jetzt muss ich mir eine Route ausdenken! Das ist eine ganz bewusste Entscheidung und nicht so, dass mir den ganzen Tag verrückte Bilder durch den Kopf fliegen.


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