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How to Hackathon Hotspots für digitale Ideen

Kreativ sein, in digitale Welten eintauchen, eine spannende Aufgabe im Wettbewerb lösen, Spaß haben im Team und auch noch was für seine Karriere tun. Geht das? Bei einem Hackathon lässt sich alles gleichzeitig erleben.

Von: Martin Hardung

Stand: 03.01.2021

Was ist ein Hackathon?

Einen Tag lang mit Freunden programmieren, zwischendurch leckeres Essen genießen, abends noch auf die Afterparty und dabei auch noch wertvolle Kontakte knüpfen. Da wärst du auch gern dabei?

Studierende arbeiten in Gruppen an ihren Ideen.

Hackathons werden von Firmen veranstaltet, um wie in einem großen Brainstorming, Lösungen und Innovationen zu erarbeiten. Sie werden auch gerne als Rekrutierungsevents in der IT-Branche genutzt.

Bei einem solchen Event in den Räumlichkeiten von Google München haben Studierende einen Tag lang programmiert, gepitched und genetworked. Wir haben bei diesem Event zwei von 22 Gruppen mit der Kamera begleitet, um herauszufinden, wie ein Hackathos abläuft und worauf es dabei ankommt.

Hackathon – Warum gibt es solche Events?

Eine Idee muss Marktpotential haben.

„Hackathon“ ist eine Wortschöpfung aus Hacken und Marathon. Das Kurzwort beschreibt einen Wettbewerb oder auch Workshop, bei dem eine Programmieraufgabe in einem vorgegebenen Zeitraum gelöst werden soll. Dabei können innovative Soft- und Hardwarelösungen gesucht werden, aber vor allem auch die „Köpfe“, die dahinterstecken. Oftmals geht es den Veranstaltern nämlich nicht in erster Linie um die Erfindungen, die bei einem Hackathon entstehen, sondern darum, besonders talentierte Nachwuchskräfte von morgen zu finden.

Bei so einem Event kommen viele Menschen in Teams zusammen - Studierende aus verschiedenen Fachbereichen und mit unterschiedlichen Fähigkeiten formen Teams. Hackathons können, wie hier einen Tag dauern oder auch über einen längeren Zeitraum gehen. Der größte Hackathon der Welt im März 2020 zum Thema Corona „WirvsVirus“ dauerte 48 Stunden.

In Kleingruppen entwickeln die Teilnehmer ihre Ideen.

Bei Hackathons wird digital gearbeitet, in lockerer Atmosphäre und ergebnisorientiert, um sinnvolle Ideen gemeinsam zu entwickeln und Lösungen in Teamwork umzusetzen. In diesem, von dem Münchener (Bildungs-) Startup Studysmarter verantstalteten Hackathon, war die Energie der „rauchenden Köpfe“ in der turnhallengroßen Halle förmlich zu spüren.  Darunter vielleicht einige Köpfe, die unsere Zukunft mitgestalten werden.

 Wie läuft ein Hackathon ab?

Beim Hackathon bei Google München sind Early Birds gefragt. Der Startschuss fällt schon um 8 Uhr am Morgen. Die Challenges werden in der Früh bekannt gegeben. Mehrere Themen zu Digitalisierung und Uni stehen zur Auswahl.

Themen-Wahl für die Gruppen:

T1: European Higher Education: Making studying abroad even easier and available to all students

T2: Diversity in University and MINT: How to make university and MINT courses more diverse and accessible

T3: Future Skills: Acquiring qualifications for the job market of tomorrow

T4: Relevant Content (BR): Utilizing the available content of Bavaria's largest broadcaster in university

Teambuilding und Themenfindung

Die Teilnehmer*innen, die nicht wie die Gruppen „Diffie-Hell-Yeah-Man“ oder „alpha-bet“ bereits zusammen zum Event gekommen sind, finden sich zu Teams zusammen. Es dauert eine Weile, bis alle Gruppen gebildet sind. Unsere beiden Teams haben sich für die Challenge „Relevant Content (BR)“ entschieden. Ihre Aufgabe ist es, in knapp neun Stunden Inhalte des Bayerischen Rundfunks besser nutzbar zu machen. Der Marathon beginnt, nachdem sich jede Gruppe einen Namen gegeben hat, mit einem Brainstorming: Was gibt es noch nicht? Was macht Spaß? Was bringt einen Mehrwert?

Abchecken: Was ist an einem Tag umsetzbar?

Gruppe alpha-bet arbeitet an ihrer Projektidee.

Im nächsten Schritt wird die breit aufgestellte Ideensammlung genauer betrachtet: Was lässt sich davon umsetzen? Die Teams tauschen sich mit Expert*innen aus, die den Studierenden als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Mit deren Input können „alpha-bet“ und „Diffie-Hell-Yeah-Man“ ihre Grobkonzepte nun ausarbeiten.

Diffie-Hell-Yeah-Man möchte es Menschen leichter machen, sich im Wahlkampf über Parteien und Politiker zu informieren. Ihr Ziel ist es, dass User nur noch ein Wahlplakat fotografieren müssen, um dann über eine App relevanten Content über die Partei und die Politiker zu bekommen. Die Infos kommen dabei aus Quellen wie BR24. So kann sich der User oder die Userin gezielt informieren, fernab von Fakenews und Stimmungsmachern im Netz.

Skills einbringen, Aufgaben verteilen

Team Diffie-Hell-Yeah-Man probt den Pitch.

Doch bevor es an die Details geht, werden erstmal die Aufgaben verteilt: Paul, der einen BWL-Background hat, kümmert sich um die Koordination und den Businessplanentwurf, damit das Endprodukt auch nachhaltig Bestand hat, Basti macht die Mockup App. Also die Fake-App, die für den Pitch wichtig ist. Alina und Eva sind die Content-Spezialistinnen des Teams und suchen nach ansprechenden Politik-Inhalten.

"Wir haben uns erstmal überlegt, welches Problem wir eigentlich lösen möchten und haben uns dazu im Internet Sachen rausgesucht und jetzt erstellen wir Slides, welches Problem es gibt, wieso wir es lösen wollen und wie wir das lösen. Screenshots von Zeitungen, Screenshots von unserer Arbeit und Screenshots vom Produkt."

(Eva)

Daniel ist der Spezialist für Auto-ML (Automatisiertes Maschinelles Lernen). Er nutzt ein Googleprogramm, um einen Algorithmus zu programmieren, damit die Wahlplakate erkannt werden.

Team „alpha-bet“ möchte die klassische Text-Keywordsuche nutzen und diese auf Videoinhalte anwenden. Das heißt, wenn eine Userin oder ein User nach einem Stichwort suchen, werden nicht nur Text-, sondern auch Videoergebnisse angezeigt, die diese Wörter in gesprochener Form beinhalten.

Team alpha-bet am Mittags-Buffet.

Beide Gruppen arbeiten hochkonzentriert an ihren Innovationen. Zwischendurch geht’s für kurze Pausen ans Buffet, danach gleich wieder zurück an den Rechner. Um kurz nach sechs am Nachmittag – mit etwas Verspätung – ist es dann soweit. Die Köpfe rauchen, es herrscht Gewusel im Raum. Jetzt wird alles für den Showdown vorbereitet.

Pitchen – die Zeit läuft

Team alpha-bet pitcht ihre Produktidee.

Die Teams treten nun mit Kurzpräsentationen, sogenannten Pitches gegeneinander an und stellen sich den Fragen der Jury. Drei Minuten bekommt jede Gruppe. Industrieexpert*innen, Politiker*innen, Entscheider*innen von Universitäten und erfahrene Manager*innen haken nach. Sie prüfen die Konzepte auf Innovationsgrad, Leistungsversprechen, Realisierbarkeit und Nachhaltigkeit. Unsere Teams sind aufgeregt, lassen sich jedoch wenig anmerken, schlagen sich sehr gut auf der Bühne und stellen sich den Fragen der Jury. Erst nach dem Pitch zeigt sich ein Mix aus Müdigkeit, Adrenalin und Erleichterung auf den Gesichtern.

Warum lohnt sich die Teilnahme an einem Hackathon?

Es ist längst dunkel, als die Sieger-Teams nach einem langen Tag gekürt werden. „Diffie-Yell-Yeah-Man“ und „alpha-bet“ haben es beide auf das Siegertreppchen geschafft und lassen den Abend gemütlich ausklingen. Das gewonnene Preisgeld ist auch für die Studierenden kaum mehr als ein „nice to have“. Worauf es ihnen ankommt, sind die Kontakte, die sich dadurch ergeben können und die Erfahrungen, die sie beim Hackathon machen.

"Es hat sehr viel Spaß gemacht. Mit der Google AutoML, mit der Maschine Learning Cloud hab` ich noch nie was gemacht. War interessant und das Thema war cool. Wir haben eine Sache gebaut, die wirklich Potential hätte und die politische Landschaft verändern könnte und viele Tools ausprobiert. Es gab auch einen Lerneffekt."

(Daniel)

Die eigentliche Belohnung beim Hackathon kommt erst danach. Wir haben Eva ein paar Wochen nach dem Event an der TU München wieder getroffen. Sie sieht happy aus, als sie erzählt, welche Wellen dieser Tag noch geschlagen hat - bei ihr und beim Team.

"Es sind schon Pläne entstanden, gemeinsam mit dem Leiter der TUM ein Seminar zu gestalten, dass sich „Ethics for Nerds“ nennt und wir wurden zum Zündfunk-Netzkongress eingeladen."

(Eva)

Der Zündfunk Netzkongress wird jedes Jahr vom Bayerischen Rundfunk mit Partnern veranstaltet. Er ist ein Kongress zu digitalen Innovationen und setzt sich mit den Auswirkungen des Digitalen auf die Gesellschaft auseinander. Und noch etwas kann sich bei einem Hackathon ergeben, was über den Tag hinausgeht: Leute kennenlernen, sich öfter mal treffen und in Kontakt bleiben.

"Wir haben uns größtenteils über die Uni kennengelernt, aber teilweise auch im Rahmen von Hackathons. Das ist jetzt das dritte Mal, dass StudySmarter einlädt und da hat sich einfach so ein nettes Grüppchen gebildet und da sind wir jetzt immer wieder dabei."

(Raffael)

Fragen an Christian Felgenhauer, Mitgründer von StudySmarter und Veranstalter des Hackathons bei Google in München:

Einfach eine entspannte Programmierparty? Warum gibt es solche Hackathons wie bei Google überhaupt?
So ein Hackathon bietet die Möglichkeit, sich „informell kennenzulernen“. In der Feedbackrunde können sich Studierende und Unternehmen austauschen, was sie gerade machen. Da können unkompliziert Kontakte geknüpft werden und beim Abendessen lernt man sich auch etwas kennen. Da hat man als Bewerber schon bessere Chancen, als mit einem Erstkontakt über eine allgemeine Bewerbermailadresse wie career@google.mail.
Die Ideen, die bei so einem Event erarbeitet werden, sind dabei auch für die Unternehmen zweitrangig. Ihnen geht es darum, die Studierenden auf sich aufmerksam zu machen. Die kleinen Unternehmen versuchen die Fachkräfte von morgen für sich zu begeistern und eben nicht alle an die großen digitalen Player zu verlieren. Die digitalen Player wiederum wollen bei diesen Events mitmischen, um sich die besten Fachkräfte von morgen zu sichern.
Ein Hackathon ist - in diesem Fall - also die Weiterentwicklung einer Karrieremesse. Denn es wird direkt inhaltlich an Themen gearbeitet, es werden Stresstests durchgeführt und der Kontaktaustausch läuft fast wie von selbst, einfach nebenbei.

Wer veranstaltet solche Hackathons?
Organisiert werden Hackathons von Freunden, Organisationen oder Unternehmen. Den Bildungshackathon, bei dem wir dabei waren, hat StudySmarter ins Leben gerufen. Sie waren die ersten, die Hackathons im Bereich der Hochschulbildung organisierten. Das Unternehmen selbst ist auch ein digitales Startup. Christian Felgenhauer, der Organisator und Moderator des Hackathons, ist Mitgründer. Die Idee für das Startup entstand bereits im Studium. Christian und seine Mitgründer haben beobachtet, dass die Gründe für das Scheitern an der Uni in den meisten Fällen nicht intellektuelle Defizite waren, sondern Ursachen in Lernprozessen hatte. Deswegen entwickelten sie eine Lern-App, die solche Prozesse erleichtert. Mithilfe der Intelligenz der Lern-App werden die Stärken und Schwächen der Nutzer analysiert und im nächsten Schritt automatisch angepasst, um das Lernergebnis zu optimieren. Für diese innovative digitale Lösung gewannen sie bereits Preise wie den European Youth Award als bestes Educational Tech Startup der EU, als beste Lern-App Deutschlands und den digitalen Gründerpreis. Wenn ihr diese Lern-App selbst ausprobieren wollt, mehr Infos unter https://www.studysmarter.de/

So holst du das Beste aus einem Hackathon heraus - Tipps

Nicht nur Programmierer gesucht: Ein Hackathon lebt von Perspektiven und Wissen aus verschiedenen Fachbereichen. Keineswegs werden nur Programmierer gesucht. Du kannst also auch bei einem Hackathon mitmachen, wenn du ein Fach studierst, das nicht im IT-Bereich liegt.

Teamwork: Du hast keine Gruppe von Leuten, mit denen du an einem Hackathon teilnehmen kannst? Das macht nichts. Raffael hatte sein Team an diesem Tag zwar schon dabei, kennengelernt haben sie sich aber bei einem früheren Hackathon. Damals hat ihnen das Teamwork so viel Spaß gemacht, dass sie seitdem immer wieder zusammen an Hackathons teilnehmen.

Eine Party, ohne Rausch, dafür mit innovativen Konzepten: Bedenke bei deinen Ideen immer auch die Bewertungskriterien der Jury und lass dich einfach auf das Abenteuer ein - als digitaler Forscher auf der Suche nach sinnvollen und innovativen Lösungen.

Es ist ein Marathon: Sport- und Teamgeist sind gefordert. Zeige Nervenstärke, denn für alle Teilnehmer ist so ein Hackathon ein aufregendes Event. Dabei kommt es jedoch nicht darauf an, als Alleinkämpfer möglichst schnell Ergebnisse vorzuzeigen, Teamwork wird von den Veranstaltern und Jurymitgliedern besonders geschätzt.

Offen sein, Networking nicht vergessen: Nicht nur die Firmen nehmen dich unter die Lupe. Es ist auch für dich eine einmalige Chance, Mitarbeiter*innen von deinen potentiellen zukünftigen Arbeitnehmer*innen kennenzulernen und dir - fernab von Imagefilmen und Headhuntern - dein ganz eigenes Bild zu machen. Behalte immer im Hinterkopf: Ein Hackathon endet nicht unbedingt, wenn alle nach einem langen Tag nach Hause gehen. Das war vielleicht sogar nur die erste Etappe. Wie bei Eva und ihrem Team.

Links

Studysmarter hat den Hackathon bei Google veranstaltet. Sie betreiben eine Lernapp für Schüler*innen und Studierende: https://www.studysmarter.de/

Universitäten und Hochschulen veranstalten auch Hackathons. Hier einige Hackathons, die bereits stattgefunden haben:
TU München
Ludwig-Maximilians-Universität München
Hochschule München

Der bisher größte Hackathon der Welt:
https://wirvsvirus.org/


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