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VroniPlag Wiki Mit der Plagiatsjägerin auf der Pirsch

Auch nach den großen Plagiatsskandalen wird im deutschen Hochschulbetrieb munter weiter abgeschrieben. Die Informatik-Professorin Debora Weber-Wulff kämpft gegen das Wegschauen an den Unis und für eine neue Wissenschaftskultur.

Author: Christoph Wittmann

Published at: 4-11-2018

Die Informatik-Professorin Debora Weber-Wulff wird hin und wieder selbst noch Opfer von Plagiaten. Das heißt, auch bei ihr, der wohl bekanntesten Plagiatsjägerin Deutschlands, versuchen es Studenten immer wieder, mit zusammengeklauten Arbeiten durchzukommen. Das war vor vielen Jahren auch ihr Erweckungserlebnis.

Seitdem hat sie sich dem Thema verschrieben und versucht, in mühevoller Kleinarbeit und oft in ihrer Freizeit, Plagiatoren auf die Spur zu kommen. Ihr Buch "False Feathers: A Perspective on Academic Plagiarism" (in engl. Sprache) ist eine erschreckende Bestandsaufnahme des akademischen Plagiatsproblems, dessen Tragweite der deutsche Universitätsbetrieb noch immer nicht wahrhaben will.

"Seit Jahren bemühe ich mich zu sagen: Erstens: Wir haben ein Plagiatsproblem in Deutschland und wir müssen da was tun. Zweitens: Es ist ganz einfach aktiv zu werden, aber wir müssen aktiv werden."

Debora Weber-Wulff

Prominente Plagiatoren - von Bushido bis zu Guttenberg

Externer Link

Hier könnt ihr Raubkopie und Plagiat bei Bushido, Shakira und anderen Musikstars vergleichen.

Wie läuft die Jagd nach einem Plagiat?

1. Erstverdacht

Viele Hinweise bekommen die Plagiatsjäger über E-Mail. Das reicht von billigen Denunziationen Marke "Den Dr. X kann ich nicht leiden, macht mal was gegen den" bis hin zu seriösen wissenschaftlichen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten. Schon beim ersten gründlichen Lesen fallen dem geübten Plagiatsjäger merkwürdige Stellen ins Auge: auffällige Stilbrüche oder auch merkwürdige Fehler in den Formatierungen (z.B. falsche Leerstellen oder Trennungszeichen)

2. Quellensuche

Das ist die mühsamste, zeitaufwendigste, aber auch die spannendste Phase der Plagiatsjagd. Denn wenn man an einer Stelle der Abschlussarbeit das Gefühl hat, hier könnte plagiiert worden sein, muss man erst die Kopierquelle finden. Ein probates Mittel ist das Googeln verdächtiger Sätze und besonders prägnanter Formulierungen. Wer auf eine Quelle gestoßen ist, muss sie sich beschaffen und (per Scan) digitalisieren.

3. Textvergleich

Wenn beide Texte in digitaler Form vorliegen, lassen sie sich per Software vergleichen. So lässt sich herausfinden, wie viel plagiiert wurde - und welche Stellen genau verwendet wurden.

4. Dokumentation

Am Ende muss jede gefundene Übereinstimmung ohne Quellenverweis dokumentiert werden. Und zwar so, dass sie von Prüfern nachvollzogen werden kann. Per Computerprogramm ergibt sich so mit der Zeit ein „Barcode des akademischen Versagens“, an dem erkennbar ist, auf wie vielen Seiten in welcher Intensität plagiiert wurde. Dieser Prozess nimmt viel Zeit in Anspruch, denn jede Stelle muss unabhängig voneinander von mindestens zwei Begutachtern dokumentiert werden. Auch die Entscheidung, wann ein Werk als Plagiat bezeichnet werden darf und mit Verfasser als solches veröffentlicht wird, entscheidet bei VroniPlag Wiki die Gruppe.

Und dann?

Im Anschluss an die Veröffentlichung wird die Uni, an der die Doktor- bzw. Abschlussarbeit eingereicht wurde, über den Plagiatsverdacht informiert. Das Problem: Viele Universitäten befassen sich eher widerwillig mit den Dokumentationen. In etwa einem Drittel der gemeldeten Fälle erhielten die Plagiatsjäger nicht die erbetene Eingangsbestätigung. Meist passiert Monate, manchmal Jahre nichts.

Plagiatstypen

Komplettplagiat

Ein ganzes Werk wird unter einem anderen Namen neu veröffentlicht und eingereicht. Oder ganze Kapitel und Absätze sind einer Arbeit entnommen.

Übersetzungsplagiat

Schwierig zu entdeckende Variante des Komplettplagiats. Ein fremdsprachliches Werk wird übersetzt und als das eigene unter neuem Namen publiziert.

Bauernopfer

In diesem Fall wird nur ein kleiner Teil eines wörtlich übernommenen Textes ausgewiesen, um davon abzulenken, dass die wortwörtliche Passage über den angegeben Umfang hinaus weitergeht.

Verschleierung

Hier werden einzelne Wörter durch Synonyme ersetzt oder Wörter und kleine Absätze vertauscht, um die wortwörtliche Übernahme einer nicht zitierten Passage zu verschleiern. Für solche "Plagiatsbereinigungen" gibt es mittlerweile entsprechende Software und kommerzielle Dienstleister.


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