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Das Brexit-Votum schockiert noch immer Universitäten Wie sieht die Zukunft von Studium und Forschung in Großbritannien aus?

Die Brexit-Verhandlungen laufen weiter, damit Großbritannien die EU verlassen kann. Eine Einigung in der Hochschulzusammenarbeit konnten Großbritannien und die EU bisher nicht erzielen. Das schreckt viele deutsche Studenten von einem Studium dort ab. Jetzt gibt's wieder Neuigkeiten.

Von: Margarete Jall

Stand: 21.10.2019

Merchendising Artikel der University of Camebridge | Bild: BR

Am 23. Juni 2016 stimmten fast 52% der Briten für „leave“ – den Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Gemeinschaft. Das Entsetzen über den Brexit war besonders an den Universitäten groß. Es liefen Verhandlungen, damit Großbritannien die EU im März 2019 verlassen hätte können. Eine Einigung in der Hochschulzusammenarbeit konnten Großbritannien und die EU bisher nicht erzielen. Das schreckt jetzt viele deutsche Studenten von einem Studium dort ab.

Wie viele Studierende gehen noch nach Großbritannien?

Zurzeit sind über 135.000 EU-Studierende an britischen Universitäten eingeschrieben. Davon sind rund 13.500 aus Deutschland. Aber immer weniger deutsche Studierende bewerben sich für britische Hochschulen, wie der Deutsch Akademische Austauschdienst (DAAD) berichtet. Demnach ging die Interessentenzahl zum Stichtag 30. Juni 2017 um 9,5 Prozent zurück von 3750 im Vorjahr auf 3230. In den Jahren davor stiegen die Zahlen dagegen stetig.

Was bedeutet der Brexit für Erasmus und Studiengebühren?

Für ein Auslandssemester in Großbritannien war ein Programm wie Erasmus bisher ein beliebter Weg: schnelle Bewerbung, keine Studiengebühren. Denn Erasmus-Studierende sind im Vereinigten Königreich von Studiengebühren befreit. Ob das so bleibt, hängt jetzt in der Luft - Premierministerin Theresa May hat angekündigt, dass Großbritannien vorläufig nur bis 2020 in dem EU-Förderprogramm verbleibt. Im Juli hat die britische Regierung nun zugesagt, dass Studierende aus EU-Ländern, die sich bis Herbst 2019 für ein reguläres Studium in England einschreiben, keine höheren Studiengebühren bezahlen müssen als bisher. Wie es danach weitergeht ist unklar.

Im Moment bezahlen EU-Bürger, die einen kompletten Bachelorstudiengang absolvieren, außerhalb von Erasmus 9.000 britische Pfund pro Jahr – wie die Einheimischen auch. Alle anderen internationalen Studierenden zahlen die weitaus teureren „non-EU fees“, bis zu 34.000 Pfund, je nach Uni. Nach dem Brexit könnte das auch deutschen Studierenden drohen.

Wie steht es um die Zusammenarbeit von europäischen Hochschulen mit Großbritannien?

„Schon jetzt gehen weniger europäische Wissenschaftler auf die Insel und wenn Universitäten wie Cambridge oder Oxford noch teurer werden, setzen sie ihr Finanzierungsmodell aufs Spiel“, das stellt der DAAD in seinem Jahresbericht 2017 fest. Demnach lebt die britische Hochschullandschaft zu einem erheblichen Teil von Ausländern. Sie erhält 20 Prozent mehr Geld aus Europa, als Großbritannien einzahlt.

Montage der Unis: LMU München und Cambridge | Bild: BR zum Audio Kooperation trotz Brexit Englische Unis suchen Anschluss in Deutschland

Am 29. März 2019 will Großbritannien die EU verlassen. Gegen den Brexit wollen einige britische und deutsche Universitäten ein Zeichen setzen und suchen den Schulterschluss - so auch die LMU München und Cambridge. [mehr]

Forscherinnen und Forscher aus Großbritannien könnten 45 Prozent der EU-Fördergelder verlieren, das ergaben Berechnungen der Gruppierung "Scientists for EU", die sich für eine weitere Zusammenarbeit Großbritanniens mit der EU starkmacht. Das wären Einbußen von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr.

Die Unsicherheit in der britischen Hochschullandschaft zeigt bereits erste Folgen. So setzen Britische Universitäten vermehrt auf bilaterale Kooperationen, auch mit deutschen Hochschulen. Die LMU München beispielsweise verstärkt ihre Zusammenarbeit mit der University of Cambridge.

Wie geht es Forschern aus Europa in Großbritannien?

„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermissen eine verlässliche Arbeits- und Bleibeperspektive für sich und ihre Angehörigen“, schreibt der DAAD in seiner Publikation „Blickpunkt“ vom April 2017. Derzeit forschen und lehren knapp 34.000 EU-Bürger an britischen Hochschulen, das sind immerhin 17 Prozent des Forschungspersonals.

Unter den mehr als 5.500 deutschen WissenschaftlerInnen, die derzeit in Großbritannien arbeiten, herrscht Unklarheit, wie es nach dem Brexit weitergeht. „Innerhalb von zwei Jahren nach offiziell erklärtem Austrittsgesuch der britischen Regierung wird sich für Deutsche und weitere EU-Staatsangehörige nichts ändern. Nichtsdestotrotz gibt es bereits jetzt mit Blick auf die mittelfristige Verbleibeperspektive Fälle von Verunsicherung und eines individuell unterschiedlich ausgeprägten Empfindens von ‚Nicht mehr willkommen sein‘ “, schreibt der DAAD in seinem Blickpunkt weiter.


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