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alpha-retro: Die alte Wiesn alpha-retro: Oktoberfest 1959

Oktoberfest in München 1959 - Eine Frau zieht interessierte Blicke auf sich. | Bild: BR

Freitag, 18.09.2020
20:20 bis 21:10 Uhr

  • Schwarz-weiß

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BundesRepublikDeutschland (historisch) 1959

Der klassische Oktoberfestfilm! Fritz Straßner sitzt am Vormittag draußen im Garten eines Bierzeltes, isst einen Radi und eine Brezn und trinkt eine Maß und ratscht mit der Bedienung, weil das nämlich sein Stammplatz ist: genau unter der Bavaria, damit er spät abends, wenn er „einen Wegweiser braucht“, weiß, wohin er gehen muss. Dann wendet sich Straßner direkt ans Publikum und es geht zunächst einmal zurück zum großen Trachtenumzug am ersten Wiesnsonntag, der durch die Münchner Innenstadt führt und Abertausende von Zuschauern hat. Hier gibt es quasi nebenbei schöne Aufnahmen von München am Ende der Fünfzigerjahre: Sendlinger-Tor-Platz, Sonnenstraße, Schwanthalerstraße usw. Anschließend geht es auf das Landwirtschaftsfest, also zur Leistungsschau der bayerischen Bauern. Nicht nur Stiere und Traktoren sind dort zu bestaunen. Bei der Rückkehr vom Landwirtschaftsfest trifft der Besucher auf dem eigentlichen Gelände der Wiesn zuerst einmal auf den Stand vom berühmten „Vogel-Jakob“: Dieser Lorenz Tresenreiter war ein geborener Alleinunterhalter und verkaufte seine Vogelpfeiferl – ein flaches, gezacktes Plättchen, das angefeuchtet mit der Zunge gegen den Gaumen gedrückt wird – immer mit Kommentaren zur aktuellen Politik, zum allgemeinen Tagesgeschehen oder zum Verhältnis von Mann und Frau. Anschließend werden die Leute beobachtet, die am Nachmittag auf die Wiesn gehen: Familien mit Kindern, Väter ohne Mütter mit Kindern, Mütter und Großmütter auch mit Kindern, die unbedingt Karussell fahren möchten. So geht der Film dem Tages- und später Abendverlauf folgend über die Wiesn: von einem Fahrgeschäft zum anderen, zu den Schießbuden, Schaukeln usw. Abends gibt es dann wieder herrliche Aufnahmen aus den Bierzelten, der damalige Oberbürgermeister Thomas Wimmer, genannt „Wimmer Dammerl“, dirigiert im Schottenhamelzelt die Blaskapelle und die Gäste feiern ihn dafür. Damals saßen die Menschen übrigens noch an Tischen und hatten Stühle, da war nichts mit Bierbank und Biertisch. Straßner setzt sich immer irgendwo dazu und beginnt mit den Leuten zu ratschen. Im Laufe des Abends fängt dann die Kamera immer mehr Betrunkene ein. Straßner meint dazu, dass halt doch nicht ein jeder neun Maß vertragen würde. Er hingegen schon. Am Ende sitzt er mit dem Vogel-Jakob auf seinem Stammplatz und muss mit Nachdruck von der Bedienung, die endlich Feierabend machen möchte, hinauskomplementiert werden. Nein, nein, betrunken ist der Straßner da nicht, sagt er – höchstens ein wenig animiert. Der Film ist atmosphärisch sehr dicht, hat tolle Bilder und lebt von der wunderbaren Stimme von Fritz Straßner. Und in Schwarzweiß ist er natürlich auch. Ach ja, über das schlechte Einschenken hat sich Straßner schon damals aufgeregt und die Trachtenanzugträger und Dirndlträgerinnen kann man quasi an einer Hand abzählen.

Redaktion: Martin Posselt