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Campus Mein Weg - Studieren als Arbeiterkind - Update

Lukas im EU-Parlament. | Bild: BR/Martin Hardung

Donnerstag, 04.07.2019
22:15 bis 22:45 Uhr

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2018

Der Traum vom Studium und sozialen Aufstieg – für viele Arbeiterkinder bleibt das (noch immer) ein Traum: Im internationalen Vergleich ist der Bildungserfolg von Kindern in Deutschland immer noch stark vom Wissensstand der Eltern abhängig. Von 100 Kindern aus nichtakademischen Familien nehmen nur 27 ein Studium auf. Von 100 Akademikerkindern studieren hingegen 79.

Arbeiterkinder – das sind „Kinder oder Jugendliche mit Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht, die über geringeres Einkommen, Ansehen und Bildungschancen verfügen.“ Das Bildungssystem ist für alle gleich, die Startbedingungen nicht. Die Barrieren sind oft im Kopf, bei den Eltern und den Abiturienten selbst. Eine der Hauptgründe sind die „Bildungsschwellen“, die bereits in der Schule bestehen. Im Vergleich zu Kindern von Akademikerfamilien besucht nur rund die Hälfte der Kinder von Nichtakademikerfamilien das Gymnasium. Doch auch wenn ein Kind den Sprung ans Gymnasium geschafft hat, gibt es weitere Hürden im „Bildungstrichter“: Die Angst, Schulden zu machen, ist oft größer als das Bewusstsein oder die Bereitschaft, ein Studium als Investition in die Zukunft zu sehen. Viele Eltern aus Arbeiterfamilien bestärken ihre Kinder darin, doch lieber eine „solide Ausbildung“ zu machen, anstatt lange zu studieren. Arbeit wird als Beitrag zur Leistungsgesellschaft wertgeschätzt, Lernen eher nicht.

Oft sind jedoch nicht die finanziellen Hürden der Hauptgrund, warum Arbeiterkinder nicht den Weg an die Hochschule schaffen, sondern das kulturelle Umfeld und das Selbstbild der Kinder. Hochschule und Akademikerkreise erscheinen oft als „fremde Welt“, zu der es schwer ist, einen Zugang zu finden: Wie komme ich an eine Uni? Ist ein Studium überhaupt etwas für mich? Wo erhalte ich finanzielle Unterstützung? Wie schaffe ich es mit meinem Studienabschluss in die Arbeitswelt? Fragen, die Eltern in Nichtakademikerfamilien oft nicht beantworten können.

"Campus Magazin Reportage" zeigt am Beispiel eines Arbeiterkindes, wie es ist, trotz statistisch geringerer Chancen auf eine Bildungskarriere ein Studium aufzunehmen. Die Reportage begleitet Lukas auf seinem Weg vom Abitur in den neuen Lebensabschnitt an der Uni in Regensburg: Bewerbungsmarathon um einen Studienplatz, Abnabelung von zu Hause, erste Schritte ins Studentenleben und bei der Jobsuche. Zwei Jahre später ist Lukas mitten im Studium, mit allem, was dazugehört, wie Studiensemester und Praktika im Ausland. Lukas hat sich für "Französische Studien" entschieden, einem Fach ohne klar definiertem Berufsbild. Erst einmal gewöhnungsbedürftig für seine Eltern, doch Lukas ist dabeigeblieben und ein gutes Stück vorangekommen. Er studiert, was ihn interessiert, hängt sich rein und vertraut darauf, genügend Fachwissen und Fähigkeiten zu erwerben, um dann auch auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Es ist ein Weg mit Unsicherheiten und Herausforderungen, für den sich Lukas entschieden hat.

Fest steht, im europäischen Vergleich, werden die Bildungschancen in Deutschland noch immer „vererbt“ und das hat Folgen. Laut Statistik ist das Risiko, Geringverdiener zu werden, in der Arbeitslosigkeit zu landen oder zu erkranken deutlich höher. Doch auch ohne Vorbilder, ohne starken sozialen Rückhalt und meist ohne Rücklagen auf dem Konto, können es Arbeiterkinder schaffen, im Leben viel weiter zu kommen als ihr sozialer Status es eigentlich vorzeichnet. Wie das gelingen kann, zeigt diese Reportage.

Redaktion: Corinna Benning