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alpha-thema: Tierische Medizin W wie Wissen Fantastische Tiere und was wir von ihnen lernen können

Fantastische Tiere und was wir von ihnen lernen können
| Bild: ARD

Dienstag, 16.03.2021
22:35 bis 23:05 Uhr

  • Untertitel

ARD alpha
2018

Moderation: Dennis Wilms

Der Nacktmull ist sicher nicht das schönste, aber eines der faszinierendsten Tiere auf unserem Planeten. Es ist ein kaltblütiges, haarloses faltiges kleines Säugetier, das keinen Schmerz kennt, nie an Krebs erkrankt und dessen Knochensubstanz nicht altert. Die Tiere können mehr als 30 Jahre alt werden. Sie leben in großen unterirdischen Kolonien in Kenia, Äthiopien und Somalia. Was sind die Geheimnisse dieser Spezies – und was können wir von ihnen lernen über Krebsvorsorge und Alterungsprozesse?

Es gibt viele faszinierende Tiere, die Vorbild in der Medizin sind. Ein Reismehlkäfer zittern beim Krabbeln, seine Nerven spielen verrückt.. Wissenschaftler vom Forschungszentrum für Insektenbiotechnologie in Gießen haben ihm eine Substanz zu fressen gegeben, die seine Nervenenden angreift, wie es Parkinson auch tut. Dann werden dem Käfer Extrakte aus Pflanzen angeboten - mit erstaunlichem Resultat: Der Reismehlkäfer sucht sich offenbar gezielt Substanzen in der Natur, die ihm helfen. Nach kurzer Zeit ist das Zittern weg und das Insekt klettert wieder eine Säule hoch. Die Forscher wollen herausfinden, welche Substanz für diese verblüffende Heilung verantwortlich ist und ob sich daraus ein Medikament entwickeln lässt, das Parkinsonkranken helfen kann.

Auch der Stuttgarter Tüftler, Oliver Schwarz, vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnik lässt sich von Tieren inspirieren. Egal ob schneiden, spritzen, stechen oder klammern: Viele Funktionen, die Ärzte in ihrem Alltag brauchen, ähneln denen in der Natur.

Zum Beispiel die Holzwespe. Um ihre Eier abzulegen, bohrt sie zentimetertiefe Kanäle ins Holz. Das Erstaunliche daran ist: Ihr Stachel besteht er aus zwei Segmenten, die sich unabhängig voneinander vor- und zurückbewegen. Während sich das eine mit Widerhaken im Holz verankert, raspelt das andere wie eine Feile. Schwarz hat nach diesem „Pendelhubprinzip“ einen Raspelbohrer entwickelt, der Löcher mit beliebigen Querschnitt erzeugen kann: dreieckig, viereckig oder oval. Eine ideale Anwendung ist die Implantationen vom künstlichen Hüftgelenk bis zu den Zähnen. Mit dem neuen Bohrer ginge es minimalinvasiv, schneller und vor allem erheblich präziser.

Spitzmäuse teilen sich mit den Mäusen aufgrund ihrer Körperform nur den Namen. Tatsächlich sind sie eng mit Maulwürfen und Igeln verwandt. Javier Lazaro vom Max-Planck-Institut in Radolfzell sucht Antworten auf die großen Gebrechen der Menschen – bei der klitzekleinen Spitzmaus. Er untersucht sie im Sommer und im Winter und stellte fest, dass die Spitzmaus im Winter schrumpft, und zwar gewaltig. Und nicht nur bei Fett- und Muskelmasse – die Organe und die Knochen schrumpfen auch! Allein der Kopf wird im Winter um über 20% kleiner.

Wahrscheinlich ist das eine Energiesparmaßnahme. Spitzmäuse haben einen derart hohen Energieverbrauch, dass sie schon nach wenigen Stunden ohne Futter verhungern. Tückisch im Winter, denn da sind Spinnen und Larven knapp. Im Frühling wachsen die Spitzmäuse dann wieder: Die Knochen an Skelett und Schädel werden wieder aufgebaut. Javier Lazaro hat die Hoffnung, sich von der Spitzmaus eine Therapie für Osteoporose abzuschauen.

- uralte Nackmulle - zitternde Reismehlkäfter - Holzwespe mit Rasplebohrer - schrumpfende Spitzmaus

Redaktion: Carola Richter