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alpha-retro: Landleben alpha-retro: Landflucht eine Frage des Lohn's? (1962)

Landflucht Anfang der Sechzigerjahre: die Industrie bietet bequemere Arbeit und zahlt besser - der Firmenbus holt Arbeiter/innen aus dem Umland ab. | Bild: BR

Freitag, 22.05.2020
21:00 bis 21:35 Uhr

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BundesRepublikDeutschland (historisch) 1962

Im Jahr 1962 sitzt ein Bauer auf dem Arbeitsamt dem Vermittler gegenüber und sagt: „An Knecht hätt‘ ich braucht!“ Aber er hat keine Chance, die Industrie zahlt besser. Das ist das Problem und laut Autor Wolf Feller der Grund für die Landflucht.

Ein Bus fährt in ein Dorf im bayerischen Oberland. Die Fahrgäste, die einsteigen, fahren in die Stadt zur Arbeit. Am Zaun hängt ein Plakat, das um Mitarbeiter in der Elektrobranche wirbt: hohe übertarifliche Bezahlung und Abholung im Werksbus.

Am Ende des 19. Jahrhunderts, so erklärt es der Film, waren noch über 100 Arbeitskräfte notwendig, um ein drei Hektar großes Feld abernten zu können. In den 20er Jahren braucht es nur mehr rund 20 und zu Beginn der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts, als dieser Film entstand, waren es nur mehr drei Arbeitskräfte. Man braucht also ohnehin nicht mehr so viele zupackende Hände auf einem Bauernhof.

Aber einige braucht man eben doch und die sind so gut wie nicht mehr zu bekommen. Ein Interessent für den Job als Knecht sagt ab, als er vom Bauern die Höhe der Entlohnung, die Dauer der Arbeitszeit und den niedrigen Grad der Maschinisierung auf dessen Hof erfährt. Und diejenigen, die auf dem Hof zurückbleiben müssen, beneiden die anderen. Eine wunderbar bayerisch sprechende Bauerntochter beneidet ihre Freundinnen, die in der Fabrik arbeiten, um deren Lohn und Unabhängigkeit.

Und dann zeigt der Film eine Lösung auf, die vor allem durch ihre Herkunft überrascht: Es gibt Szenen aus England zu sehen mit Bauern, die komplett durchmechanisierte Höfe bewirtschaften. Englische Farmer im Jahr 1962 als gutes Beispiel, wie es die Bauern in Deutschland in Zukunft machen sollen!

Am Ende zeigt uns Wolf Feller einen ferngesteuerten Traktor, der seine Arbeit ohne Fahrer verrichtet. Diese Zukunftsvision ist in der Tat real geworden, heute steuern viele Bauern ihren Traktor mittels Computertechnologie und Internet vom Schreibtisch aus.

Text: Wolfgang Habermeyer

Redaktion: Martin Posselt