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Zum 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau Für das Ende der Zeit Bewegte Bilder zu Olivier Messiaens "Quartett für das Ende der Zeit" für die Toten der Konzentrationslager

Hände am Stacheldrahtzaun | Bild: BR

Nacht auf Montag, 27.01.2020
00:25 bis 01:20 Uhr

ARD alpha
2012

Anfang 1941 vollendete der Franzose Olivier Messiaen das "Quatuor pour Ia fin du temps" als Insasse des in Görlitz-Moys gelegenen deutschen Kriegsgefangenenlagers "Stammlager VIll-A". Es wurde ihm gestattet zu komponieren, ein Klavier wurde zur Verfügung gestellt.

ln den Waschräumen hielt man die Proben ab. Die Uraufführung des kompletten Werkes fand im Lager Görlitz bei bitterer Kälte am 15. Januar 1941 vor circa 400 Kriegsgefangenen statt, den Klavierpart übernahm der Musiker selbst. Olivier Messiaen gilt als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts.

Sein Werk "Quartett für das Ende der Zeit" hat für die musikalische Entwicklung nach der Kapitulation des deutschen Faschismus eine einschneidende Bedeutung. Der Kunstfilm "Für das Ende der Zeit" entstand aus mehreren tausend animierten Zeichnungen. Er thematisiert 'Widerstand durch kreatives Denken und Handeln im Dienste der Menschenwürde'.

ln Bildern erinnert er sowohl an die erlittenen Qualen der Opfer, als auch an die in den Lagern gelebten Beispiele von Barmherzigkeit und Widerstand. ln diesem Sinne fordert der Film auch uns für die Gegenwart und Zukunft heraus.

1. Liturgie de cristal/ Kristallene Liturgie (Geige, Klarinette, Violoncello, Piano), Liturgische Wiederholung des Themas Geburt - alles ist offen

2. Vocalise/ Vokalise (Geige, Klarinette, Violoncello, Piano), "Lied ohne Worte" - Bilder zu Themen des im KZ-Dachau von den Häftlingen gesungenen "Dachau-Liedes" - schockierende Ernüchterung - Verlust der Sprache

3. Abime des oiseaux/ Abgrund der Vögel (Solo: Klarinette), Ständig drohende Gefahren von Deportation, Hungertod, Kälte, Krankheit, Folter, Ermordung - Todesnähe als Leben am Abgrund - Vögel als Todesboten - die Zeit löst sich auf.

4. Intermède/ Zwischenspiel (Geige, Klarinette, Violoncello), Irritierende Verknüpfung des KZ-Orchesters im Film mit dem tatsächlich spielenden Trio auf der Bühne - absurdes Intermezzo zwischen Abgrund und Menschlichkeit - der Verstand verliert sich.

5. Louange à l`éternité de Jésus/ Lobpreis der Ewigkeit Jesu (Violoncello, Piano), Menschlichkeit unter den Häftlingen im Lager - geheime Briefe, Zeichnungen, Informationen und verbotene Literatur versteckt in Büchern der KZ-Bibliothek, teilen, helfen, retten, sich den Anweisungen der KZ-Aufseher widersetzen - kreativer Widerstand.

6. Danse de la fureur pour les sept trompettes/ Tanz des Zorns für die Posaunen der Apokalypse (unisono: Geige, Klarinette, Violoncello, Piano), Die Taktung der apokalyptischen Bilder (8) von Leichenbergen im Rhythmus der Musik verdeutlicht die Zynik in der Unmenschlichkeit und die brutale Systematik in der Vorgehensweise der Mörder - die Hoffnung stirbt.

7. Fouillis d`arcs-en-ciel/ Wirbel der Regenbögen für den Engel der Verkündigung (Geige, Klarinette, Violoncello, Piano), Fiktive, symbolische Geschichte des Buchs der Toten, das von einem überlebenden Jungen durch die Zeit ab 1945 getragen wird, durch Kriege, Massaker, Grausamkeiten, bis heute - Bilder, die wir aus den Medien kennen: Korea, Vietnam, den Golfkriegen, Ruanda, Zwickau, Syrien - filmische Übergabe des Buchs an das Publikum - Auflösung des Raums

8. Louange à l´immortalité de Jésus/ Lobpreis der Unsterblichkeit Jesu (Duo: Geige, Piano), Fiktives Album mit Familienfotos von Ermordeten - loop - die Ver- antwortung für die Verwandlung der Welt ist nun unsere Aufgabe

Autor: Esther Glück, Tom Gottschalk
Regie: Esther Glück
Redaktion: Gábor Toldy