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Goldrausch Unterwössen im Bann

Gold im Chiemgau? Gibt es das? Oder hat es das gegeben? Tatsächlich hat der Ort Unterwössen Mitte des 19. Jahrhunderts einen wahren Goldrausch erlebt. Was aber haben die Wössener tatsächlich gefunden?

Stand: 29.08.2015 | Archiv

Es ist ein geheimnisvoller Stollen, schwer zugänglich, zwischen Unterwössen und Reit im Winkl gelegen, am Hochkienberg. In einer Felswand auf rund 1.500 Metern Höhe.

"Im Bannkreis der großen Ache"

Eine alte Chronik aus dem 19. Jahrhundert berichtet dort von einem wahren Goldrausch. Da hat ein Wilderer einen Stein gefunden, der aus dem Fels heraus wuchs und wie Gold in der Sonne glänzte. Mit dieser Kunde versetzt er ein ganzes Dorf in Unruhe: „Die Sache sprach sich herum, und vom Tale kamen allenthalb größere oder kleinere Kapitalisten, die sich bei dem so sicher Erfolg versprechenden Unternehmen zu beteiligen beabsichtigen“ heißt es in der Chronik der Anna Kroher mit dem Titel: „Im Bannkreis der großen Ache“. So begann die Goldsuche um das Jahr 1850.

Dabei soll es im Ort zu heftigen Anfeindungen gekommen sein, denn wer kein Geld hatte, konnte sich an der Goldsuche nicht beteiligen. Und die, die beteiligt waren, vernachlässigten über Jahre ihre Höfe und verschuldeten sich immer mehr, um Arbeiter, Material und Proviant zu bezahlen. Über sieben Jahre lang haben die Wössener gesprengt und gegraben.

Goldglänzende Brocken, für die die Goldsucher einst einen hohen Preis zahlten.

Doch trotz aller Mühen fand sich kein Gold. Schließlich die letzte, große Sprengung, mit der man das Glück erzwingen wollte. Es war Oktober, der Winter am Berg stand vor der Tür. Die Schulden drückten, im Ort wurden die Spötter immer mehr, also entschloss man sich zu diesem letzten „großen Schuss“. Doch die Sprengung kostete der Überlieferung nach einem Knecht das Leben, der Sohn eines Bauern verlor ein Auge dabei. Dafür aber lagen ringsherum Brocken, die im weichen Herbstlicht golden glänzten.

Doch ist es wirklich möglich, dass dort oben am Kienberg, unweit der Winklmoosalm, Gold gefunden wurde? In den Kalkalpen? Und der Stollen, aus welcher Zeit stammt er wirklich? Stimmt also die Überlieferung, dass Unterwössen in der Mitte des 19. Jahrhunderts einen wahren Goldrausch erlebt hat?

Der Weg zum "Goldloch" ist steil und gefährlich

Gut 150 Jahre später machen wir uns deshalb auf den Weg - mit dem Geologen und Goldforscher Gerhard Lehrberger von der Technischen Universität München und Thomas Sperling vom Bayerischen Wirtschaftsministerium. Er ist für Gefahrenabwehr zuständig und kennt sich deshalb wie kaum ein zweiter in historischen Stollen und Bergwerken in Bayern aus.

Eines erfahren wir sehr schnell: Der Aufstieg ist steil und gefährlich. Und bald wissen wir auch: Der Stollen stammt ursprünglich aus der Zeit um 1700. Gegraben wurde damals auf Blei- und Zinkerze. Aber wir finden auch Spuren des 19. Jahrhunderts: Ein Stück Sprengschnur etwa.

Grau-mattes Kalkgestein mit kleinen Einschlüssen von Pyrit, das golden glänzt

Doch was hat man hier gefunden? Allenfalls Katzengold, Pyrit, sagen die Experten. Denn in den Kalkalpen gibt es keine Goldadern. Sie sind an geologische Tiefen gebunden, an Magma und heiße Lösungen. Das gibt es erst in den Zentralalpen, in Österreich etwa, in den Tauern, wo noch heute Gold gefördert wird. In den Bergen des Chiemgau stoße man allenfalls auf Schwefelkies, wie das Katzengold noch heißt.

Und so heißt es weiter in der Chronik, dass der Ort lange brauchte, um sich von den finanziellen Folgen des Goldrauschs zu erholen, einige Höfe sollen sogar beinahe versteigert worden sein, weil sich die Besitzer haben blenden lassen vom Glanz des falschen Goldes.


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