BR Fernsehen - Zwischen Spessart und Karwendel


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Winter bei Oberstdorf Auf der Suche nach der Stille

Wirklich stille Orte gibt es nicht mehr viele in unserer lärmbehafteten Welt. Einer der wenigen Plätze, an denen es noch richtig ruhig zugeht, ist das Stillachtal im Allgäu.

Stand: 09.01.2016 | Archiv

Hoch in den Allgäuer Bergen, südlich von Oberstdorf, entspringt die Stillach, einer der drei Quellflüsse der Iller. Zwar kann die "stille Ache", wie im Hochwassersommer 2005, auch zum reißenden Gebirgsfluss werden, gilt aber dennoch als der ruhigste unter den Zuflüssen der Iller.

Winterlicher Stillstand

Nur ein paar Schritte geht Oskar Fischer, ein pensionierter Lehrer, von seiner Haustür in Anatswald zu unberührten Flecken wie dem Schneckenmoos an der Stillach, um die besondere Stimmung der Landschaft in sich aufzunehmen. Das sanfte Gluckern und Plätschern weckt das Gefühl für die Stille. Die Kälte bringt die Natur an einem Felsabbruch schließlich ganz zum Schweigen: Der Bach ist gefroren, sein Rauschen verstummt.

Auch das Auge findet Ruhe.

In dem schattigen, tief eingeschnittenen Tal ist es immer ein paar Grad kälter. Und so steht mit eisig gefrorenem Moos auf den verschlungenen Ästen ein mächtiger Bergahorn da. Keine Blätter bewegen sich, oder rauschen im Wind. Stille im Stillachtal - farblos die Landschaft. So, als wäre die Zeit mit eingefroren, in diesem südlichsten Tal Deutschlands.

"I hör jetzt nur noch des Rauschen vom Bach und meine Schritte durch den tieferen Schnee, es is a wenig mehr Schnee, als i gmeint han da. Des is einfach schee, ma is mit sich selbst beschäftigt, stören tut mi gar nix, rundum eine urwüchsige Bergnatur und die strahlt auch Stille und Ruhe aus."

Oskar Fischer

Die Allgäuer Berge im Winterschlaf.

Auf gefrorenen Schneeresten geht es über den Bach und dann das Stillachtal entlang weiter ins Rappenalptal. Von hier bietet sich der schönste Blick auf Trettach und Mädelegabel, die Allgäuer Bergwahrzeichen. Nichts stört hier die Natur. Direkt am Weg aber, zwischen den Bergbächen, sammelt Oskar Fischer wie Perlen die besonderen Momente ein: Wasserstrudel, Felsen, Schneewehen. Noch verharrt die Berglandschaft in dieser tiefen Ruhe und Stille.

Die Höfe von Anatswald

Vergängliche Schönheit an einem Wintermorgen.

Oskar Fischer war der letzte Lehrer der einstmals südlichsten Schule Deutschlands. Ein halbes Dutzend Häuser bildet die kleine Streusiedlung, zu der nur ein für den allgemeinen Verkehr gesperrter Weg führt. Bis heute dringen Lärm und Betrieb der Zivilisation nur in sanften Dosen nach Anatswald. Tommy, der Postbote, erreicht hier den entlegendsten Flecken auf seiner Route. Die Nachbarschaft ist gewachsen, an so einem Flecken. Als ehemaliger Lehrer hat Oskar Fischer aber ohnehin eine spezielle Beziehungen zu den Nachbarn. Auch Andreas Matt, der den kleinen Bergbauernhof 'beim Jockar' nach alter Väter Sitte betreibt, war früher sein Schüler.

"Die Stille, die wird sowieso immer weniger; wenn man des hört, so mit den Flugzeugen, auch nachts, des ist eigentlich nicht mehr so schön."

Andreas Matt, Bergbauer

Wandertipp nach Einödsbach im Stillachtal:

Vom Parkplatz in Faistenoy oder an der Fellhornbahn entweder zu Fuß oder mit dem Bus auf der für den Verkehr gesperrten Straße bis in die Birgsau. Vom Buswendeplatz ins Rappenalptal. Etwa 200 Meter hinter der Buchenrain Alpe links ab auf einem meist ausgetretenen Wanderweg hinauf nach Einödsbach mit Einkehrmöglichkeit im Berggasthaus. Zurück auf dem für den Verkehr gesperrten Fahrweg nach Birgsau.


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