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Allgemeinmedizin Fahruntüchtig durch Medikamente?

Schätzungen zufolge wird etwa jeder vierte bis fünfte Verkehrsunfall durch die Einnahme von Medikamenten verursacht. Arzneimittel - auch harmlos wirkende, freiverkäufliche - können die Fahrtüchtigkeit erheblich einschränken. Informationen und Tipps von Allgemeinarzt Dr. Klaus Tiedemann.

Stand: 12.09.2019 | Archiv

Medikamente und Autofahren | Bild: picture-alliance/dpa

Etwa ein Fünftel der Medikamente auf dem deutschen Markt beeinträchtigen die Fahrtüchtigkeit, darunter auch freiverkäufliche Medikamente. Aber auch die falsche Einnahme von Arzneimitteln oder Wechselwirkungen zwischen Medikamenten können zu einer Einschränkung der Verkehrstüchtigkeit führen, indem sie z. B. die Reaktionsfähigkeit und die Konzentration mindern. Wie stark die Auswirkungen ausfallen, hängt u. a. vom Geschlecht, Alter, Gewicht und Allgemeinzustand ab.

Beispiele für Medikamente, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen können:

  • Opiate
  • Antidepressiva
  • Blutdrucksenker
  • Beruhigungs- und Schlafmittel (v. a. solche, die Benzodiazepine enthalten)
  • Schmerzmittel (auch freiverkäufliche)
  • freiverkäufliche Schnupfensprays
  • Hustensaft mit Kodein
  • rezeptfreie Kombipräparate gegen Erkältung
  • Appetitzügler
  • Medikamente gegen Allergien (auch freiverkäufliche)

Zudem enthalten v. a. viele pflanzliche Medikamente Alkohol (bis zu 55 Prozent), der die Fahrtüchtigkeit einschränkt.

Generelle Fahrverbote gelten:

  • 24 Stunden nach einer Operation / Narkose
  • nach dem "Weittropfen" beim Augenarzt

Es gibt kein Gesetz, das grundsätzlich das Autofahren unter Einfluss von Medikamenten verbietet. Manche Patienten müssen sogar Medikamente nehmen, um überhaupt fahrtüchtig zu sein, z. B. Diabetiker, Epileptiker oder Bluthochdruck-Patienten.

Aber: Jeder Verkehrsteilnehmer ist für seine Fahrtauglichkeit verantwortlich. Falls Sie in einen Unfall verwickelt sind und sich herausstellt, dass Sie aufgrund von Arzneimitteln nicht fahrtauglich waren, wird das wie eine Trunkenheitsfahrt geahndet. Die strafrechtlichen Konsequenzen können eine Geldstrafe, Punkte in Flensburg, Führerscheinentzug oder sogar eine Freiheitsstrafe sein. Zudem kann Ihr Versicherungsschutz wegfallen.

Und: Der behandelnde Arzt ist verpflichtet, seine Patienten darauf hinzuweisen, wenn er Medikamente verordnet, die die Fahrtüchtigkeit einschränken können.

  • Lesen Sie den Beipackzettel. Falls das Medikament die Fahrtüchtigkeit einschränkt, muss das angegeben sein.
  • Achten Sie auf Warnzeichen, wie Schwindel, starke Müdigkeit, Benommenheit oder Sehstörungen, z.B. verschwommenes Sehen.
  • Halten Sie sich bei der Einnahme genau an die vom Arzt verordnete Dosierung und den Einnahmerhythmus.
  • Informieren Sie Ihren Hausarzt, wenn Ihnen ein Facharzt ein neues Medikament verschrieben hat. Der Hausarzt sollte den Überblick über alle Medikamente haben, die Sie nehmen, damit er erkennen kann, ob diese eventuell Wechselwirkungen verursachen. Gleiches gilt für die Einnahme freiverkäuflicher Arzneimittel.
  • Bedenken Sie, dass eine Änderung der Dosierung Ihre Fahrtüchtigkeit einschränken kann, auch wenn Sie bereits gut auf ein bestimmtes Medikament eingestellt sind.
  • Setzen Sie vom Arzt verordnete Medikamente nicht eigenständig ab.
  • Verzichten Sie auf Grapefruitsaft: Grapefruits enthalten einen Bitterstoff, der den Abbau bestimmter Arzneiwirkstoffe hemmt. Deshalb verstärkt sich deren Wirkung, was gravierende Nebenwirkungen zur Folge haben kann. Mehr als 50 verschiedene Medikamente werden durch Grapefruitsaft beeinflusst, z. B.:
  • Blutdrucksenkende Mittel (Kalziumantagonisten): starker Blutdruckabfall, Herzrasen, Kreislaufzusammenbruch, Kopfschmerzen und Schwindel
  • Schlafmittel: Symptome wie bei einem Vollrausch, Gefahr eines Atemstillstands
  • Schmerzmittel: Herzrasen, Herz-Rhythmus-Störungen und Unruhezustände
  • Antihistaminika (Medikamente gegen Allergien): Herz-Rhythmus-Störungen
  • Verzichten Sie auf Alkohol, wenn Sie Medikamente nehmen. Alkohol verzögert den Abbau und verstärkt die Wirkung und Wirkdauer.
  • Verzichten Sie auf citrathaltige Gertränke (z. B. Wein, Limo, Fruchtsäfte), wenn Sie säurebindende Medikamente mit Aluminiumsalzen (Antazida) nehmen. Durch das Citrat wird mehr Aluminium aufgenommen als der Körper verarbeiten kann. Das führt häufig zu Krampfanfällen und Verwirrung.

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