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Finanzen Mehrwertsteuersenkung - Was ändert sich?

Um die Konjunktur in Deutschland anzukurbeln, wird die Mehrwertsteuer vom 1. Juli bis Ende des Jahres von 19 auf 16 bzw. von 7 auf 5 Prozent gesenkt. Müssen Händler, Dienstleister usw. die Mehrwertsteuersenkung an die Kunden weitergeben? Welcher Steuersatz gilt, wenn eine Ware vor dem 1. Juli bestellt, aber erst danach geliefert wird? Was passiert mit bestehenden Verträgen, z. B. für Mietwohnungen? Finanzexperte Sebastian Hanisch klärt auf.

Stand: 24.06.2020

Symbolbild | Bild: picture-alliance/dpa/Sven Kanz/Geisler-Fotopress

Die Corona-Pandemie hat auch Deutschland in eine schwere wirtschaftliche Krise gestürzt. Um die Konjunktur anzukurbeln, hat die Bundesregierung beschlossen, den Mehrwertsteuersatz ab dem 1. Juli für den Zeitraum von einem halben Jahr zu senken. Der Mehrwertsteuersatz wird von 19 Prozent wird auf 16 Prozent gesenkt, der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent auf 5 Prozent.

Welcher Mehrwertsteuersatz für welche Produkte und Dienstleistungen?

In Deutschland gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Mehrwertsteuersätze, den normalen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent und den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Der ermäßigte Steuersatz gilt für Produkte und Dienstleistungen, die der "Grundversorgung" dienen. Dazu zählen z. B.

  • die meisten Grundnahrungsmittel wie Obst, Gemüse, Backwaren, Fleisch, Fisch, Kaffee, Milch und Milchprodukte usw.
  • Bücher und Zeitschriften
  • Schnittblumen
  • Leistungen von Zahntechnikern
  • Eintrittsgeld für Museum, Theater, Zoo, Zirkus oder Konzert
  • Öffentlicher Personennahverkehr und Taxifahrten bis 50 Kilometer
  • Übernachtungsgebühren in Hotels und auf Campingplätzen

Der normale Mehrwertsteuersatz wird ab dem 1. Juli von 19 auf 16 Prozent gesenkt, der reduzierte von 7 auf 5 Prozent.

Rechenformel: So viel macht die Mehrwertsteuersenkung aus

Wenn Sie wissen möchten, wie hoch die Ersparnis durch die Absenkung theoretisch ist, lässt sich das mit einer einfachen Formel berechnen:
Normale Mehrwertsteuer: Der Bruttoverkaufspreis (vor dem 1. Juli) geteilt durch 119, das Ergebnis multipliziert mit drei. Um diesen Betrag verringert sich die Steuerlast auf das Produkt bzw. die Dienstleistung.
Beispiel: Verlangt ein Elektrofachhändler für ein Fernsehgerät 599,98 Euro, könnte er den Preis um 15,13 Euro senken, also auf 584,85 Euro; dann bliebe der Nettoverkaufspreis für ihn unverändert.
Reduzierte Mehrwertsteuer: Fällt für ein Produkt nur der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent an, der ab dem 1. Juli nur noch fünf Prozent beträgt, berechnet sich die Ersparnis so:
Bisheriger Bruttopreis geteilt durch 107, das Ergebnis multipliziert mit zwei.

Gibt es eine Verpflichtung, die Mehrwertsteuersenkung an Kunden weiterzugeben?

Grundsätzlich gibt es keine Verpflichtung für Dienstleister und Händler, die Preise zu senken, wenn die Mehrwertsteuer gesenkt wird.
Einige größere Lebensmittelketten haben bereits angekündigt, die Mehrwertsteuersenkung an die Kunden weiterzugeben.
Kleinere Geschäfte, die aufgrund der Corona-Pandemie erhebliche Umsatzeinbußen hatten, haben bereits angekündigt, die Preise nicht zu senken.

Gilt der Zeitpunkt der Warenbestellung oder der Auslieferung?

Der Kunde muss den Mehrwertsteuersatz zahlen, der bei Erhalt der Ware gilt. Hat er z. B. ein Auto bereits Anfang des Jahres bestellt, bekommt es aber erst nach dem 1. Juli ausgeliefert, werden statt 19 Prozent lediglich 16 Prozent Mehrwertsteuer fällig.

Bei Dienstleistungen gilt entsprechend der Steuersatz, der zum Zeitpunkt der Leistungserbringung gültig ist. Haben Sie z. B. einem Handwerker vor dem 1. Juli den Auftrag erteilt, die Arbeiten werden aber erst nach der Mehrwertsteuersenkung durchgeführt, zahlen sie den vergünstigten Steuersatz.

Wie wirkt sich die Mehrwertsteuersenkung auf laufende Verträge aus?

Eines vorweg: Bei der privaten Miete von Wohnraum fällt keine Mehrwertsteuer an. Bei anderen längerfristigen Verträgen, z. B. Handy- oder Internetverträge, zahlen Sie Mehrwertsteuer.

Ob Sie hier weniger zahlen müssen, hängt von der Formulierung in Ihrem Vertrag ab. Wird zum Beispiel explizit der Nettopreis ausgewiesen und eine Formulierung, dass zusätzlich "der jeweils gültige Umsatzsteuersatz" zu zahlen ist, dann können Sie eine Reduzierung Ihrer Zahlungen verlangen.

Unabhängig von der konkreten Formulierung haben bereits viele Mobilfunkanbieter angekündigt, die Preise senken zu wollen.

Welcher Mehrwertsteuersatz gilt ab dem 1. Juli in der Gastronomie?

Vom 1. Juli bis zum 30. Juni 2021 soll die Mehrwertsteuer für Speisen in Gastronomiebetrieben von 19 auf den ermäßigten Satz von 7 Prozent gesenkt werden.

Da die ermäßigte Mehrwertsteuer ab dem 1. Juli bis zum Jahresende von 7 auf 5 Prozent gesenkt wird, wird auch die Mehrwertsteuer für Speisen für diesen Zeitraum auf 5 Prozent gesenkt.

Ob die Mehrwertsteuersenkung an die Gäste weitergegeben wird, liegt jedoch in der Entscheidung der Gastronomiebetriebe.

Getränke fallen weiterhin unter den normalen Mehrwertsteuersatz. Allerdings verringert sich dieser in der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 von 19 auf 16 Prozent.

Bei Speisen zum Mitnehmen sinkt der Steuersatz von 7 auf 5 Prozent.


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