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Buchtipps Heitere Buchtipps für den tristen Herbst

Der November ist häufig ziemlich trist. Der goldene Herbst ist vorbei, der richtige Winter hat noch nicht begonnen und meist ist es draußen grau in grau. Genau die richtige Zeit, um es sich mit einem heiteren Buch auf dem Sofa gemütlich zu machen, sagt Buchhändlerin Sabine Abel. Sie stellt ihre vier Favoriten vor, die ein gutes Gegenprogramm zum tristen Herbst sind - darunter auch ihr momentanes Lieblingsbuch.

Stand: 29.10.2020

 4 Buchcover | Bild: BR/Nicole Wagenpfeil

Barbara Pym: In feiner Gesellschaft

Sabine Abel: "Die Geschichte spielt in London in den 50iger Jahren. Dulcie Mainwaring ist eine Frau Anfang Dreißig. Sie arbeitet als wissenschaftliche Hilfskraft an einer Universität und kümmert sich ständig um die Bedürfnisse ihrer Freunde und Kolleginnen sowie um die ihres Verlobten. Als dieser sie eines Tages völlig überraschend verlässt und einen sehr unrühmlichen Abgang hinlegt, erträgt sie ihren Kummer wie immer still und leise und wahrt nach außen die Fassung. Aber ihr Liebeskummer plagt sie sehr. Da kommt ihr eine mehrtägige Veranstaltung für wissenschaftliche Mitarbeiter gerade recht. Ein paar Tage raus aus dem Alltag und in Gesellschaft meist älterer Männer - nichts scheint ihr hilfreicher als das. Auf der Tagung trifft Dulcie gleich zwei Menschen, die in Zukunft für sie wichtig sein werden. Da ist zum einen Viola Stint. Sie ist das genaue Gegenteil von Dulcie: selbstsicher, provokant und extrovertiert. Und dann ist da noch Aylwin Forbes, Schriftsteller und Wissenschaftler. Beide Frauen verlieben sich in ihn und wollen ihn auf ihre Weise für sich gewinnen. Dazu gehört für beide auch eine genaue Recherche über Aylwins Lebensumstände. Dafür mieten sie sich sogar in das Hotel seiner Mutter ein. Bei aller Recherchetätigkeit übersehen die zwei aber, dass der Mann ihrer Träume schon lange ein Auge auf die 18-jährige Nichte von Dulcie geworfen hat. Jetzt ist guter Rat teuer.

Barbara Mary Crampton Pym wurde 1913 geboren. Ihre Romane veröffentlichte sie zwischen 1950 und 1980. Jetzt kommen ihre Bücher in neuer Auflage und neuer Übersetzung wieder auf den Markt.

Ihre Geschichten zeichnen sich vor allem durch ihre meisterhafte Beobachtungsgabe und durch ihren feinen, subtilen Humor aus. Sie nimmt ihre Umwelt genau unter die Lupe. Männer wie Frauen bekommen bei ihr gleichermaßen ihr Fett weg. 'In feiner Gesellschaft' ist ein großes Lesevergnügen für alle, die wie ich die feinen Töne und einen humorvollen Blick auf die Menschen mögen."

Peter Probst: Wie ich den Sex erfand

Sabine Abel: "Peter Gillitzer ist 12 Jahre alt und wächst in den frühen 70er Jahren im Münchner Stadtteil Untermenzing auf. Seine Eltern haben den Zweiten Weltkrieg erlebt und zu gesellschaftlichen Werten ihre ganz eigenen, sehr konservativen und katholisch geprägten Ansichten. Kein Wunder, dass die beiden für die aufkommende Pubertät ihres Sohnes und dessen aufkeimendes Interesse an Mädchen kein Verständnis haben. Sein Vater erwidert auf Peters schüchterne Fragen, er solle den 'Münchner Merkur' lesen, denn dort stünde die Wahrheit drin. Seine Mutter geht allen für sie unangenehmen Themen stoisch aus dem Weg. Also muss Peter wohl oder übel seine Erfahrungen selbst machen, denn egal wo er nachliest und sich Informationen verspricht - im Brockhaus oder in den Anzeigen für Sexkinos in der Zeitung seines Vaters - hinterher ist er noch verwirrter als zuvor.

Die Partys im katholischen Gemeindezentrum in Untermenzing eignen sich später auch nicht für erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht, müssen sich doch beim 'Schleichertanz' jeweils zwei Mädchen einen Jungen teilen. Außerdem wurde Peter von seinem Vater vorab gezwungen, ein Buch über Sexualkrankheiten zu lesen.

Ob und wie Peter es schafft, den Kontakt zur Frauenwelt herzustellen und welche Abenteuer er dabei erlebt, erzählt Peter Probst in diesem Roman.

'Wie ich den Sex erfand' versetzt uns Leser zurück in die siebziger Jahre in München. Die Schauplätze, angefangen bei der Beschreibung der heimischen Hobbykeller, bis zu den Partygetränken und den Snacks - es ist alles sehr authentisch. Mit viel Witz und Humor erzählt Peter Probst vom Erwachsenwerden im spießigen Münchner Vorort. Wieviel von den Erlebnissen des jungen Helden autobiographisch sind, sei dahingestellt. Lustig ist dieses Buch auf jeden Fall!"

Sylvia Townsend Warner: LOLLY WILLOWES oder der liebevolle Jägersmann

Sabine Abel: "Lolly Willowes ist die Tochter eines wohlhabenden Gutsbesitzers in England. Sie lebt auf dem elterlichen Anwesen, kümmert sich um ihren Vater und den großen Garten. Sie vermisst nichts und zieht lange Waldspaziergänge Bällen oder anderen gesellschaftlichen Veranstaltungen eindeutig vor. Kein Wunder also, dass sie mit Ende 20 immer noch nicht verheiratet ist. Dies wiederum bereitet vor allem ihrem ältesten Bruder große Sorgen. Nach dem Tod des Vaters kommt deswegen keine andere Lösung für diesen in Betracht, als dass Lolly zu ihm und seiner Frau nach London zieht. Dort sieht er noch die ein oder andere Möglichkeit einer passenden Ehe für seine schüchterne Schwester. Außerdem erwartet seine Frau das zweite Kind und da kommt Lollys Hilfe sehr gelegen.

Sämtlicher Versuche zum Trotz weigert sich Lolly strikt, sich für Männer zu interessieren. In jeder freien Minute vergräbt sie ihre Nase in Büchern und will von Hochzeiten nichts wissen. So ziehen die Jahre ins Land. Lolly bleibt alleine, ihre Nichten werden erwachsen und endlich traut sich Lolly, ihrer Familie zu offenbaren was sie wirklich will.
Sie will raus aus der Stadt, alleine leben und unabhängig sein. Nach all den Jahren verwirklicht sie ihren Traum und zieht nach Great Mop in die Chiltern Hills. Jetzt muss sie nur noch ihrer wahren Berufung folgen, ihrem letzten, wohlgehüteten Geheimnis.

Lolly Willowes ist die großartige Hauptfigur in einem Roman aus dem Jahr 1926. Es war Sylvia Townsend Warners Debutroman und zugleich ihr erfolgreichster. Obwohl die Geschichte inzwischen fast 100 Jahre alt ist, sind die Themen immer noch aktuell. Frauen, die ihren eigenen Weg suchen, fernab der gesellschaftlichen Rollenbilder, haben es immer noch nicht leicht. Abgesehen von seiner Aktualität ist dieses Buch aber auch wegen seines Witzes, des feinsinnigen Humors bei der Beschreibung der Figuren und seiner Ironie etwas ganz Besonderes. 'LOLLY WILLOWES oder der liebevolle Jägersmann' ist mein momentanes Lieblingsbuch!"

IDIOTENSICHER 150 Aktionen zum Nicht-Nachmachen

Sabine Abel: "Dieser kleine Bildband ist ein Panorama der Schadenfreude. Auf 160 Seiten findet man Fotos aus der ganzen Welt, bei denen man sich eigentlich nicht vorstellen kann, dass sie wirklich genau so entstanden sind und nicht bearbeitet wurden. Schon das Cover haut mich fast um: Drei junge Männer in einem kleinen Pool, bis zum Bauch im Wasser, die Bierflaschen in Reichweite. Damit ihre kleine Party auch mit Musik stattfinden kann, haben sie ein Radio auf einem Beistelltisch im Pool. Das Stromkabel für den Player haben sie durch den Pool gelegt, die Steckdose schwimmt auf einer Badelatsche im Wasser. Zurecht stellt sich der Betrachter die Frage, wie dämlich man eigentlich sein kann. Diese Frage muss man sich allerding auf jeder der 160 Seiten stellen. Da sind Männer, die waghalsige Manöver mit Leitern unternehmen oder riesige Flachbildfernseher mit dem Moped transportieren. Andere beschweren die offen transportierte Ladung auf dem Lieferwagen schlicht mit dem Gewicht ihres Kollegen.

Bei mir im Buchladen höre ich jedes Mal, wenn jemand in diesem Buch blättert, erstaunte Rufe und lautes Gelächter. Wenn man einfach mal wieder richtig lachen und für ein paar Minuten dem Alltag entfliehen möchte, sind diese Bilder genau das Richtige. Außerdem ist 'IDIOTENSICHER' ein perfektes Mitbringsel. Aber bitte: Niemals nachmachen!"

Viel Spaß beim Lesen wünschen Sabine Abel und "Wir in Bayern"!


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