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Wetter Zwischen Hitzewelle und Starkregen: ein Blick aufs Wetter

Die Frage "Wie wird das Wetter?" beschäftigt uns nicht nur täglich, sondern auch langfristig. Nach einem Sommer voller Extreme, der in Bayern einer der wärmsten der letzten 100 Jahre war und für Rekordniederschläge, mancherorts sogar für Hochwasser gesorgt hat, blicken wir zurück: Was hat diesen Sommer geprägt? Sind die Wetterphänomene auf den Klimawandel zurückzuführen? Und vor allem, was erwartet uns in Zukunft? Spannende Einblicke in die Welt der Wettervorhersagen von Dr. Michael Sachweh.

Published at: 19-9-2024 | Archiv

Blitzschlag | Bild: Michael Sachweh

Der Sommer 2024 soll der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen sein. Wie ist er aus meteorologischer Sicht einzuschätzen?

Michael Sachweh: "Für Bayern existieren seit dem Jahr 1881 regelmäßige Temperaturmessungen. In diesem langen Zeitraum erwarb sich dieser Sommer in puncto Wärme einen Spitzenplatz. Von den 144 Sommern waren nur fünf Sommer wärmer als der Sommer 2024.

Dennoch genoss dieser Sommer keinen guten Ruf: Länger anhaltende Hochdruckwetterlagen mit trockenem und schönem Wetter, wie wir sie zum Beispiel 2003, 2015 oder auch 2018 erlebten, blieben in diesem Sommer die Ausnahme. Ungewöhnlich oft kam es zu Regenfällen. Insgesamt waren die zurückliegenden Monate Juni, Juli und August durch wechselhaftes Wetter mit häufigen Schauern und Gewittern geprägt. Mitunter sorgte Dauerregen auch für Land unter, wie in der ersten Juniwoche.

In München zum Beispiel fiel an 49 von den 92 Tagen des Sommers Regen, oft in Gestalt von Schauern und Gewittern. So manche geplante Grillparty, der Radlausflug, oder ein Biergartenabend fiel der Laune dieses unbeständigen Sommers zum Opfer."

Wie hängt das (extreme) Wetter mit dem Klimawandel zusammen?

Michael Sachweh: "Den Klimawandel gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Er kommt vor allem in einem deutlichen Temperaturanstieg seit Mitte der 80er Jahre zum Ausdruck. Dieser beschränkt sich nicht nur auf die Atmosphäre, sondern erfasst auch die Ozeane, die sich ebenfalls erwärmen, in Polargebieten das Eis schmelzen lassen und tropischen Wirbelstürmen mehr Energie verleihen.

Der Erwärmungstrend macht auch nicht vor dem Boden Halt, und greift zum Beispiel im Hochgebirge den Permafrost an, wodurch manche Steilhänge ihre eisige Kittsubstanz verlieren und Wanderer durch Bergstürze gefährden.

Der Erwärmungstrend ist also sehr umfassend. So gefällt mir der in Fachkreisen übliche Begriff der ‚Erderwärmung', der den Temperaturanstieg in Luft, Wasser und Erde meint, besser als zum Beispiel ‚Klimaerwärmung'.

Die Erwärmung von Luft und Ozean heizt den Wasserkreislauf an. Das wärmer gewordene Meer verdunstet mehr Wasser in die Luft, die ihrerseits durch ihre höheren Temperaturen mehr von dem Wasserdampf aufnehmen kann. Regenfälle aus besonders wasserdampfreichen Luftmassen sind bei hohen Lufttemperaturen, in puncto Ergiebigkeit wie auch Heftigkeit, oft extremer als in kühlerer Luft. Wir kennen das von den Sommergewittern der Tropen oder dem Mittelmeerraum. Gerade dieser Sommer brachte Mitteleuropa und Bayern viele Gewitter mit lokalen Überschwemmungen.

Aber auch Dauerregenwetterlagen, wie wir sie in Bayern Anfang Juni und Mitte September von Süd- und Ostbayern bis nach Polen, Tschechien und Österreich hinein hatten, werden in einem wärmeren Klima ergiebiger, und damit hochwasserträchtiger und katastrophaler.

Sogar wenn wir in zukünftigen Sommern weniger Tiefdruckgebiete sehen, weil sich vielleicht ihre Bahnen im Zuge des Klimawandels verschieben, müssen wir mit zunehmendem Extremwetter rechnen. Und zwar in Gestalt längerer Hochdruckperioden mit Hitzewellen. Die Hitze macht vor allem älteren Menschen zu schaffen. Eine Studie zeigt, dass es sich bei den vielen Tausend Hitzetoten der heißen Sommer 2003 oder 2018 vor allem um Menschen handelte, die 85 Jahre oder älter waren. Der demografische Wandel mit einem zunehmenden Anteil älterer Menschen macht uns anfälliger gegenüber dieser extremen Auswirkung des Klimawandels.

Längere und extremere Trocken- und Hitzeperioden haben auch fatale Auswirkungen auf unsere Wasserversorgung. Der Grundwasserspiegel sinkt, Haushalten und Industrie wird unter Umständen das Wasser rationiert, die Landwirtschaft muss Unsummen für Bewässerung ausgeben, etc."

Werden wir in Zukunft vermehrt mit Überschwemmungen rechnen müssen?

Michael Sachweh: "Der durch den Erwärmungstrend in der Atmosphäre angeheizte Wasserkreislauf beschert uns bei Tiefdruckwetter heftigere und ergiebigere Niederschläge als es früher der Fall war. Wir haben das gerade in diesem Sommer erlebt, wenn Tiefdruckgebiete Luft vom Atlantik oder dem Mittelmeer nach Bayern führten. Die häufigen, teils unwetterartigen Regenfälle, lassen sich auf die ungewöhnliche Überwärmung der Gewässer in diesem Jahr zurückführen. Atlantik und Mittelmeer haben durch ihre Wärme viel Feuchtigkeit in die Atmosphäre verdunstet, und die Luftströmungen, die uns aus Westen oder Süden erreichten, führten die Feuchtigkeit zu uns.

Ob die hochwasserträchtigen Wetterlagen aber tatsächlich zunehmen werden, darüber besteht unter den Experten kein Konsens. Manche sehen besonders in den Sommern künftig mehr Hochdruckwetter als früher, das würde uns mehr Hitzewellen und weniger Tiefdruckwetter mit Überschwemmungen bringen.

Auch wenn die Tiefs seltener werden sollten: Fest steht, dass wenn sich Tiefdruckwetter einstellt, die Tiefs künftig durch den höheren Feuchtegehalt (infolge wärmerer Luftmassen) generell ein höheres Überschwemmungspotenzial bergen als früher." 

Wie lange im Voraus lässt sich das Wetter überhaupt zuverlässig vorhersagen und wo stoßen Wetterexperten an ihre Grenzen?

Michael Sachweh: "Die Vorhersagbarkeit ist eine Frage der Wetterlage. Ein beständiges Hoch freut nicht nur alle Menschen, die in ihrer Freizeit gerne draußen sind. Auch die Meteorologen schätzen diese Wetterlage, können sie dann doch mit besonders zuverlässigen Prognosen glänzen, die mitunter über sieben bis zehn Tage hinaus ziemlich exakt sind.

Leider gibt es aber auch oft das wechselhafte Westwetter mit seiner Abfolge von Tiefausläufern und Zwischenhochs, an denen auch hochentwickelte Computermodelle bereits jenseits eines Drei- oder Viertage-Horizonts an ihre Grenzen stoßen.

Und schließlich gibt es noch die sogenannte ‚barometrische Sumpf-Wetterlage'. Das bedeutet im Sommer oft die Kombi von schwül-warmer Luft mit schwachem Tiefdruckeinfluss. Absolut schweißtreibend für einen Meteorologen, denn bei einer solchen Wetterlage brodelt es in der Atmosphäre. Dann entwickeln sich aus sprichwörtlich heiterem Himmel in kürzester Zeit lokale, aber heftige Gewitter. Wo und wann genau, weiß auch der erfahrenste Meteorologe oft noch nicht einmal drei Stunden vorher. Leider passierte das in diesem Sommer häufig, und so erlebten wir Meteorologen immer wieder Situationen, die so manchem Kollegen ein prognostisches Waterloo bescherten.

Langfristig gesehen, und das werden naturgemäß besonders die Älteren unter uns wissen, werden die Prognosen durch immer leistungsfähigere Computer und optimierte Prognosemodelle - neuerdings auch dank KI (Künstlicher Intelligenz) - immer besser. So gut, wie wir vor 30 Jahren für zwei Tage das Wetter vorhersagten, sind wir heute für eine ganze Woche."

Wie ist die Wetterprognose für die diesjährige Wiesn?

Michael Sachweh: "Nachdem uns tagelang Dauerregen und herbstliche Kälte geradezu in einen Schockzustand versetzten, wurde es Zeit, dass das Pendel mal wieder in die andere Richtung ausschlägt.

Nach langen und harten Verhandlungen mit Petrus konnte ich ihn davon überzeugen, dass wir einen solchen Wetterumschwung der angenehmen Art rechtzeitig zum Wiesnauftakt verdient haben. Es wird uns überwiegend freundliches und warmes Wetter erfreuen.

Während der glanzvolle Wiesn-Start praktisch schon in trockenen Tüchern ist, sieht's für die darauffolgende Woche nicht ganz so toll aus. Der Wochenanfang bringt noch mehr Sonne als Wolken, lokale Schauer sind aber möglich.

Und danach wird's wohl wechselhaft mit Sonne, Wolken und vereinzelten Schauern. Die gute Nachricht: Es bleibt für Ende September verhältnismäßig warm mit Tageshöchsttemperaturen, die rund um die Münchner Wiesn so zwischen 17 und 21 Grad liegen dürften." (Stand: 19. September 2024)


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