Zahnmedizin Parodontitis bei Diabetikern
Über die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland leiden an Parodontitis, bei den über 60-Jährigen sind es sogar 70 Prozent. Unbehandelt führt Parodontitis zum Verlust der Zähne und erhöht unter anderem das Risiko für Diabetes. Diabetes wiederum erhöht das Risiko für Parodontitis. Zahnarzt Dr. Dietmar Hellebrand gibt Tipps zur Früherkennung und Vorbeugung, die nicht nur, aber besonders für Diabetiker wichtig sind.

Viele Menschen bekommen ab und an eine Zahnfleischentzündung, die meisten, ohne davon etwas mitzubekommen. Diese sogenannte Gingivitis klingt meist von selbst wieder ab.
Weniger harmlos ist es hingegen, wenn sich diese Zahnfleischentzündung zur Entzündung des Zahnhalteapparates, der sogenannten Parodontitis, ausweitet. Neben Karies ist sie die häufigste Krankheit im Mundbereich.
Parodontitis oder Parodontose?
Der Volksmund kennt die Erkrankung oft fälschlich als Parodontose. Die Endung "itis" weist jedoch darauf hin, dass es sich um eine Entzündung handelt. Bei Parodontose handelt es sich um einen Zahnfleischrückgang ohne Entzündung.
Ursachen von Parodontitis
Parodontitis wird immer durch Bakterien verursacht, die sich im Zahnbelag (Plaque) ansammeln. In der Regel ist sie die Folge von zu wenig oder falscher Mundhygiene. Eine große Rolle bei der Entstehung von Parodontitis spielen auch ein schlecht eingestellter Diabetes, Rauchen sowie eine erbliche Komponente. Weitere Ursachen finden sich oft im vorhandenen Zahnersatz, denn enge Nischen oder dicke Kronenränder lassen sich nur schwer reinigen.
Erste Anzeichen von Parodontitis
- geschwollenes, gerötetes und/oder schmerzempfindliches Zahnfleisch (gesundes Zahnfleisch ist rosa)
- Zahnfleischbluten
- Mundgeruch und/oder permanenter schlechter Geschmack im Mund
- später auch verlängerte Zahnhälse
Gut zu wissen:
Gesetzliche Krankenkassen übernehmen alle zwei Jahre die Kosten für das Messen der Tiefe der Zahnfleischtaschen mittels Sonde (Parodontaler Screening-Index). Damit kann Parodontitis frühzeitig diagnostiziert werden.
Gefahren und Folgeerkrankungen einer unbehandelten Parodontitis
Unbehandelt kann Parodontitis schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben.
Die Erkrankung wird häufig erst spät erkannt. Denn zunächst wird das umliegende Gewebe (Zahnfleisch) durch Giftstoffe und Enzyme zerstört. Das Immunsystem des Körpers reagiert darauf mit der Entzündung des Zahnfleisches, die jedoch in der Regel lange Zeit keine Schmerzen verursacht.
Im weiteren Verlauf der Krankheit bilden sich dann sogenannte Zahnfleischtaschen um die Zähne, die mit der Zeit immer tiefer werden und schlussendlich zum Zahnverlust führen können.
Außerdem können die Bakterien aus dem Mundraum über die Blutbahn in den gesamten Körper gelangen und so andere Krankheiten begünstigen. Parodontitis erhöht beispielsweise das Risiko für Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall, rheumatische Erkrankungen, COPD, Schlafapnoe sowie Frühgeburten. Deswegen sollte Parodontitis unbedingt behandelt werden. Je früher, desto besser.
Gefährliche Wechselwirkung: Diabetes und Parodontitis
Diabetes und Parodontitis verstärken sich gegenseitig. Ein schlecht eingestellter Diabetes erhöht das Risiko, an Parodontitis zu erkranken um das Dreifache und verschlimmert den Verlauf. Parodontitishingegen erhöht den Blutzuckerspiegel und kann deshalb zu Diabetes Typ 2 führen. Parodontitis kann zudem die Gefahr für Folgeerkrankungen bei Diabetikern erhöhen, wie etwa Netzhautschäden, Nervenkrankheiten, Nierenschäden oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Behandlung von Parodontitis
Wird Parodontitis rechtzeitig erkannt, stehen die Chancen gut, dass die Krankheit gestoppt werden kann.
- In einem frühen Stadium genügt es oft schon, eine professionelle Zahnreinigung durchführen zu lassen und die regelmäßige Mundhygiene zu optimieren.
- Ist die Parodontitis bereits weiter fortgeschritten, müssen zudem die Zahnfleischtaschengereinigt werden.
- Ist die Krankheit schon sehr weit fortgeschritten, kann eine Lappenoperation erforderlich sein. Dabei wird das Zahnfleisch aufgeschnitten, um die darunterliegende Zahnwurzel gründlich zu reinigen, und anschließend wieder angenäht.
- Nicht selten kommen auch Antibiotika zum Einsatz.
Parodontitis vorbeugen
- Putzen Sie morgens und abends nach dem Essen gründlich die Zähne. Reinigen Sie auch den Übergang zum Zahnfleisch, aber vermeiden Sie ein zu festes Aufdrücken, denn wenn Sie zu kräftig putzen, können Sie Ihr Zahnfleisch schädigen. Verwenden Sie am besten eine elektrische Zahnbürste.
- Reinigen Sie die Zahnzwischenräume mit Zahnseide, denn gerade dort siedeln sich Bakterien an.
- Patienten mit Zahnersatz sollten Interdentalraumbürsten (spezielle Prothesenbürsten, die auf beiden Seiten Borsten haben) verwenden, damit sie alle Stellen gut erreichen.
- Zur optimalen Mundhygiene gehört auch das Reinigen der Zunge mit einem speziellen Zungenreiniger, denn auch auf der Zunge siedeln sich Bakterien an.
- Spülen Sie direkt nach dem Essen oder nach säurehaltigen Getränken Ihren Mund mit etwas klarem Wasser.
- Lassen Sie Ihre Zähne mindestens einmal, Risikopatienten zwei- bis viermal, im Jahr beim Zahnarzt kontrollieren.
- Lassen Sie zudem zweimal im Jahr eine professionelle Zahnreinigung (Prophylaxe) durchführen. Dabei werden Plaque und Zahnstein entfernt sowie die Zähne poliert, damit sich neue Beläge nicht mehr so gut ablagern können.
Fazit
Da sich Diabetes und Parodontitis gegenseitig begünstigen, sollten sich Diabetiker regelmäßig beim Zahnarzt untersuchen lassen und diesen auch auf ihre Krankheit hinweisen.
Patienten, die an Parodontitis leiden, sollten das wiederum ihrem Hausarzt mitteilen, damit dieser die Blutzuckerwerte regelmäßig kontrolliert.