Recht Kündigung: Diese Rechte haben ältere Arbeitnehmer
Ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen trifft eine Kündigung meist besonders hart, denn für sie ist es oft sehr schwer, einen neuen Job zu finden. Deshalb sind sie rechtlich besser vor Kündigungen geschützt und können in der Regel auch höhere Abfindungen aushandeln. Rechtsanwalt Sebastian Agster erklärt, welche Rechte ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei einer Kündigung haben und worauf sie achten sollten, damit sie nicht über den Tisch gezogen werden.
Ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind nicht grundsätzlich unkündbar, es sei denn, es ist im Tarifvertrag explizit so vorgesehen.
Jeder Arbeitnehmer, der in einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern festangestellt und nicht mehr in der Probezeit ist, ist durch § 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. Das bedeutet, dass bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen, damit eine Kündigung zulässig ist.
Welche Kriterien müssen bei einer betriebsbedingten Kündigung erfüllt sein?
- Die Arbeitsstelle wird aus betrieblichen Gründen dauerhaft gestrichen.
- Es besteht keine Möglichkeit für eine andere Beschäftigung im Betrieb, beispielsweise durch eine Umschulung.
- Es stehen keine "milderen Mittel" wie etwa eine sogenannte Änderungskündigung zur Verfügung. Bei einer Änderungskündigung wird dem Arbeitnehmer beispielsweise ein schlechter bezahlter Arbeitsplatz angeboten.
- Der Betriebsrat (sofern vorhanden) wurde angehört.
- Es muss eine Sozialauswahl durchgeführt werden. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht nach Gutdünken entscheiden kann, wen er entlässt, sondern darauf achten muss, dass besonders schutzbedürftige Angestellte nicht gekündigt werden.
Besonders geschützte Personengruppen sind:
- ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
- Arbeitnehmer mit einer langen Betriebszugehörigkeit
- Arbeitnehmer mit Unterhaltsverpflichtungen; so ist beispielsweise ein Familienvater oder eine Familienmutter schutzbedürftiger als ein kinderloser Single
- Schwerbehinderte
- Schwangere
- Auszubildende
- Betriebsratsmitglieder (können nicht betriebsbedingt gekündigt werden)
- Eltern in Elternzeit
Ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben in der Regel eine längere Betriebszugehörigkeit und nicht selten Unterhaltsverpflichtungen. Deswegen sind sie oft aus mehreren Gründen besonders geschützt. Bevor ihnen gekündigt wird, müssen in der Regel Kündigungen an jüngere Arbeitnehmer ausgesprochen werden, die noch kein so langes Beschäftigungsverhältnis aufweisen können.
Gesetzliche Kündigungsfristen
Je länger ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin bei einem Unternehmen gearbeitet hat, desto länger ist die Kündigungsfrist:
- Unter 2 Jahre: 4 Wochen zur Mitte oder zum Ende eines Kalendermonats
- 2 bis 5 Jahre: 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats
- 5 Jahre: 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 8 Jahre: 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 10 Jahre: 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 12 Jahre: 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 15 Jahre: 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- Ab 20 Jahre: 7 Monate zum Ende des Monats
Teilweise enthalten Tarifverträge auch andere Kündigungsfristen.
Wie können Sie sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren?
Erhalten Sie eine Kündigung, sollten Sie sich dagegen mit einer Kündigungsschutzklage wehren.
Wichtig
Die Klagefrist beträgt nur 3 Wochen ab Eingang der Kündigung. Danach können Sie nichts mehr tun, auch nicht, wenn die Kündigung aus bestimmten Gründen unwirksam gewesen wäre. Lassen Sie diese Frist verstreichen, ist es auch sehr unrealistisch, dass Sie eine Abfindung aushandeln können.
Wann erhalten Sie bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung?
Bei betriebsbedingten Kündigungen gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Ist die Kündigung nicht zu vermeiden, haben Sie jedoch verschiedene Möglichkeiten, eine Abfindung zu bekommen:
- Sie klagen gegen die Kündigung und einigen sich vor Gericht mit Ihrem Arbeitgeber oder ihrer Arbeitgeberin auf einen Vergleich.
- Sie stimmen einem Abwicklungsvertrag zu. Das bedeutet, dass Sie auf eine Klage verzichten und dafür eine Abfindung bekommen.
- Sie stimmen einem Aufhebungsvertrag zu und bekommen im Gegenzug eine Abfindung.
- Im Sozialplan wird eine Abfindung für gekündigte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vereinbart.
Gut zu wissen
Ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit langer Betriebszugehörigkeit erhalten in der Regel höhere Abfindungen, weil Ihnen nicht so leicht betriebsbedingt gekündigt werden kann wie Jüngeren ohne familiäre Verpflichtungen.
Als Faustregel gilt: 0,5 mal das Monatsgehalt mal die Betriebszugehörigkeitsjahre. Ein Beispiel: Bei 35 Jahren Betriebszugehörigkeit und einem Monatsgehalt von 4.000 Euro wären das 70.000 Euro.
Fazit
Handeln Sie im Falle einer Kündigung schnell, damit die Frist von 3 Wochen nicht verstreicht. Nehmen Sie sich einen Anwalt für Arbeitsrecht, der Ihnen helfen kann, Ihren Arbeitsplatz zu erhalten und wenn das nicht möglich ist, eine möglichst hohe Abfindung auszuhandeln.