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Psychologie Wenn Gesten mehr als Worte sagen

Wenn Sie jemanden mit hochgestreckten Armen und hochgezogenen Mundwinkeln sehen, empfinden Sie diese Person wahrscheinlich als glücklich, offen und Ihnen zugewandt. Auch wenn die Person nichts gesagt hat, so hat sie doch nonverbal kommuniziert. Unsere Körpersprache ist die Sprache, die auf der ganzen Welt verstanden wird. Körperhaltung und Mimik sagen viel über uns aus. Doch was eigentlich? Familientherapeutin Birgit Salewski klärt auf.

Stand: 19.10.2020 | Archiv

Junge fröhliche Frau im Dirndl reisst die Arme in die Höhe | Bild: picture alliance/Bildagentur-online

Familientherapeutin Birgit Salewski beantwortet Fragen zur Körpersprache und erklärt, wie Sie typische Körperhaltungen richtig deuten können.

Was versteht man unter Körpersprache?

"Körpersprache ist nonverbale Kommunikation. Dazu zählen:

  • Mimik (Gesichtsausdruck)
  • Gestik (Bewegungen und Deutungen der Hände)
  • Haltung des Kopfes und des Körpers
  • Blickrichtung
  • bestimmte Distanz
  • Manche zählen dazu auch: Kleidung, Körperschmuck und Frisur

Die Forschung geht davon aus, dass ein Großteil unseres Mitteilungshandelns nonverbal läuft, also über die Körpersprache und die Tonlage unserer Stimme. Die Körpersprache allein soll schon die Hälfte davon ausmachen.
Der überwiegende Teil der Körpersprache läuft dabei für uns unbewusst ab, also jenseits unserer direkten Wahrnehmung. Deswegen schreiben wir der Körpersprache auch eine höhere Echtheit zu und suchen nach Unterschieden zwischen Körpersprache und dem Gesagten bei einem Menschen.
Der bewusste Teil unserer Körpersprache sind meist die gelernten Techniken wie Lächeln, Nicken, Hände reichen, gewisse Dominanz-, Demuts- oder Fingergesten."

Ist die Deutung der Körpersprache leicht oder eine hohe Kunst?

"Das kommt sehr darauf an, wie das Gegenüber kommuniziert. Wenn unser Gegenüber seinen Empfindungen und Gefühlen relativ freien Lauf lassen kann, werden wir in der Regel die Stimmung und die Körpersprache des Menschen vor uns als übereinstimmend wahrnehmen. Das erleichtert es uns beispielsweise, Gefühle wie Trauer, Angst, Überraschung oder Verwunderung wahrzunehmen, da uns der Mensch als eindeutig erscheint.
Beispiel: Wenn ich mich freue jemanden zu sehen, dann gehe ich auf ihn zu, öffne den Oberkörper in seine Richtung, suche aktiv den Blickkontakt und lächle.

Ist ein Mensch aber bemüht, eine bestimmte Körpersprache zu zeigen, die möglicherweise nicht mit seinen anderen verbalen oder emotionalen Botschaften übereinstimmt, dann nehmen wir diese Unstimmigkeit wahr.
Beispiel: Wenn ich gerade von etwas gestresst bin und dann spontan eine Freundin an der Tür klingelt, kann es sein, dass ich eigentlich einen gemochten Menschen irritiere, indem ich mein Gestresstsein nicht verbergen kann, aber mir gleichzeitig ein Lächeln abringe. Mein Körper weicht aber schon halb aus der Situation, weil es mir eigentlich zu viel ist und mein Lächeln verrutscht, wenn ich mich nicht darauf konzentriere. Wenn ich dann noch sage: 'Hallo, schön Dich zu sehen!', dann ist die Irritation perfekt. Meine Freundin glaubt mir niemals ganz, dass ich mich gerade wirklich freue, sie zu sehen."

Welche Körpersprache empfinden wir als unangenehm?

"In der Regel empfinden wir eine zu zaghafte oder eine überbordende Körpersprache als unangenehm:

  • Die zu zaghafte Körpersprache lässt viele Fragen offen, da die Hinweise oft nicht deutlich oder eindeutig genug sind. Die Kommunikation kann hier auch als anstrengend empfunden werden.
  • Die übervolle, ausladende Gestik und Mimik ist zwischenzeitlich zwar abwechslungsreich und vielleicht auch unterhaltsam, kann aber auch überhöht und damit unecht wirken. Auch das strengt uns leicht an."

Was sind typische Körperhaltungen und wie können wir sie richtig deuten?

"Körpersignale bedeuten nicht bei allen Menschen das Gleiche, daher können sie auch leicht fehlinterpretiert werden. Aber sie können als Beobachtung in das Gespräch eingebracht und so im Dialog entschlüsselt werden.
Typische Körpersignale und wie wir sie deuten können:

  • Blickkontakt übermäßig halten oder vermeiden: Oft denken wir, wer dem Blick länger standhält, ist der Kraftvollere oder Dominantere. Dabei wird das Anstarren oft als unangenehm und grenzüberschreitend empfunden. Jemand, der üblicherweise so agiert, scheint also dieses Mittel zu brauchen, um anderen Menschen unangenehme Gefühle zu bereiten. Wer hingegen keinen Blick halten kann oder den Blicken anderer immer ausweicht, wird eher als devot, unterwürfig oder ängstlich wahrgenommen. So jemand wird evtl. auch als unehrlich wahrgenommen.
  • Arme vor der Brust verschränken: Dies ist eine eher geschlossene Körperhaltung und die Person wird oftmals als eher verschlossen wahrgenommen. Gleichzeitig ist es für viele Menschen schlicht angenehm, die Arme zu verschränken, weil es die Schultern entlastet, die Hände aufräumt und sich stabil anfühlt.
  • Hochgezogene Schultern, nach vorne gefallene Haltung: Diese Körperhaltung kann als eher unaufrichtig und schwächlich gewertet werden. Ebenso kann sie devot und unterwürfig wirken.
  • Hände in den Hosentaschen oder hinter dem Rücken: Wenn wir nicht sehen können, wo unser Gegenüber seine Hände hat, verunsichert uns das. Hat die Person etwas zu verbergen? Oft ist dies eine Haltung aus Unsicherheit oder eine Geste, die Lässigkeit signalisieren soll. Hat man aber zu lange die Hände in der Hosentasche, wirkt es meistens komisch.
  • Im Sessel fläzen, die Arme hinter den Kopf: Dies wird oft als Chefsessel-Gestik bezeichnet. Hier soll oft Dominanz, Überlegenheit und Desinteresse für die Nichtigkeiten des Gegenübers vermittelt werden. Meistens kommt es jedoch als überheblich und schlicht unhöflich an. Auch als Mitarbeiter*in kann man erwarten, dass die Chefin/der Chef aufrecht und aufmerksam auf seinem Platz sitzt.
  • Zu viel oder zu wenig Gestik und Mimik: Wir brauchen angemessene und authentische Körpersignale von unserem Gegenüber, sonst sind wir irritiert. Der Grat zwischen einer authentischen Lebendigkeit und einstudiertem Gezappel ist tatsächlich sehr schmal. Einem introvertierten Menschen nimmt man die großen Gesten oft nicht ab und dem extrovertierten Menschen nicht die kontemplative Ruhe.

Tipp:

Bleiben Sie sich also treu, wenn sie Wirkung erzielen wollen und schielen Sie nicht nach den sogenannten 'Gesten erfolgreicher Menschen'."

Kann ich meine Körpersprache selbst beeinflussen?

"In der Ratgeberliteratur oder auf dem Trainingsmarkt finden sich zahlreiche Ideen, die Körpersprache zu optimieren. Mein Weg wäre es eher zu überlegen, wie ein Mensch wirken möchte, dann an seinem Inneren (Gefühle und Gedanken zu und über sich selbst) zu arbeiten, um automatisch den dazu passenden Körperausdruck zu erhalten.
Auf der körperlichen Ebene kann man aber z. B. ansetzen, wenn der Gefühlszustand beeinflusst werden soll.
Beispiel: Ich kann mich aufrichten und strecken, wenn ich mich besser und offener fühlen möchte oder eine eingesunkene Haltung bewusst verändern, die Atmung regulieren etc."

Viel Erfolg beim Deuten der Körpersprache wünschen Birgit Salewski und "Wir in Bayern"!


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