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Geld Tipps zum Umgang mit gestiegenen Gasrechnungen

Viele Kunden erhalten derzeit einen Brief von ihrem Gasversorger mit der Ankündigung einer, meist saftigen, Preiserhöhung. Gleichzeitig werden meist die monatlichen Abschlagszahlungen deutlich erhöht. Finanzexperte Sebastian Hanisch gibt Tipps, in welchen Fällen es Sinn macht, Widerspruch einzulegen und wo Sie Hilfe bekommen, wenn Sie Ihre Gasrechnung nicht bezahlen können.

Stand: 26.09.2022

Gaszähler | Bild: BR/Vera Johannsen

Aufgrund der eingebrochenen Gaslieferungen aus Russland ist der Gaspreis in den vergangenen Wochen und Monaten rasant gestiegen. Das benötigte Gas muss nämlich jetzt an anderen Stellen zu deutlich höheren Preisen eingekauft werden.
Was das konkret für Sie bedeutet, erklärt Finanzexperte Sebastian Hanisch.

Extreme Preissteigerungen beim Gaspreis

Bereits kurz vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine und später in Folge der fast zum Erliegen gekommenen Gaslieferungen von Russland nach Deutschland kletterten die Gaspreise deutlich nach oben. 2021 kostete eine Kilowattstunde Gas im Durchschnitt rund 6 Cent. Derzeit kostet eine Kilowattstunde im Schnitt ungefähr 35 Cent.

Bei einer dreiköpfigen Familie mit einem jährlichen Gasverbrauch von 15.000 Kilowattstunden entstehen durch die Preissteigerung Mehrkosten von deutlich mehr als 4000 Euro im Jahr. Die Berechnung gilt allerdings nur für Neukundenverträge. Bestandskunden zahlen häufig deutlich weniger.

Damit eine Preiserhöhung seitens des Gasversorgers rechtsgültig ist, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Gasanbieter hat höhere Beschaffungskosten für Gas, was derzeit in der Regel zutrifft.
  • Der Gasanbieter informiert Sie schriftlich, mindestens vier Wochen im Voraus, über die bevorstehende Preiserhöhung. In einigen AGB sind auch längere Ankündigungsfristen festgelegt. Kunden in der Grundversorgung müssen mindestens sechs Wochen vor einer Preiserhöhung informiert werden (öffentliche Bekanntmachung und persönlicher Brief).
  • Der Gasanbieter nennt im Schreiben den Grund für die Preiserhöhung.
  • Eine Preiserhöhung ist im Vertrag vorgesehen beziehungsweise nicht ausgeschlossen (AGB).
  • Der Gasanbieter weist Sie auf Ihr Sonderkündigungsrecht hin.
  • Die Preiserhöhung ist in dem Schreiben deutlich ersichtlich.

Ist mindestens eine Voraussetzung nicht gegeben, ist die Preiserhöhung nicht gültig und Sie können Widerspruch einlegen.

Sonderkündigungsrecht

Erhöht Ihr Gasanbieter die Preise, haben Sie (je nach Vertragsbedingung zwei Wochen) ein Sonderkündigungsrecht nach Kenntnis der Preiserhöhung. Bevor Sie davon Gebrauch machen, sollten Sie aber unbedingt prüfen, ob Sie einen günstigeren Vertrag bekommen, was derzeit schwierig bis unmöglich ist.

Verträge mit (Fest-) Preisgarantien

Bei Verträgen mit Preisgarantien können Gasanbieter die Preise grundsätzlich nicht erhöhen, da der Anbieter feste Preise für einen bestimmten Zeitraum garantiert hat. Daran ändern auch erhöhte Beschaffungskosten nichts. Erhalten Sie ein Schreiben mit einer Preiserhöhung trotz Preisgarantie, sollten Sie auf eine Belieferung zu den vereinbarten Kosten bestehen.
Aber
: Der Gaspreis setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, wie etwa Steuern, Einkaufspreis, Personalkosten oder Netzentgelten. Falls sich die Preisbindung nur auf einzelne Komponenten bezieht (eingeschränkte Preisbindung), kann der Preis für andere Komponenten trotzdem angehoben werden. Hier gilt, was im Vertrag vereinbart wurde.

Höhere Abschlagszahlung

Mit der Preiserhöhung erhalten viele Gaskunden auch eine höhere Forderung für monatliche Abschlagszahlungen. Hier sollten Sie besonders vorsichtig sein:

  • Rechnen Sie unbedingt nach, ob die neue Abschlagszahlung korrekt angesetzt ist, indem Sie den aktuellen Gaspreis mit dem Vorjahresverbrauch multiplizieren und dann durch 12 teilen. Auf diesen Wert können Sie noch einen "Puffer" aufschlagen.
  • Ist die Abschlagszahlung zu niedrig angesetzt, besteht die Gefahr, dass am Ende eine hohe Nachzahlung auf Sie zukommt.
  • Ist Sie hingegen zu hoch angesetzt, besteht die Gefahr, dass Ihr Geld verloren ist, falls der Gasversorger insolvent wird. Legen Sie daher bei einer zu hoch angesetzten Abschlagszahlung schriftlich Widerspruch ein.

Tipp:

Zahlen Sie lieber eine zu niedrige Abschlagszahlung als eine zu hohe und legen Sie selbst Geld für eine mögliche Nachzahlung auf die Seite.

Sonderfall: Mieter, die keinen direkten Vertrag mit dem Gasversorger haben

Haben Sie keinen persönlichen Vertrag mit dem Gasversorger, sondern Ihr Vermieter, kann es sein, dass Sie erst bei der nächsten Nebenkostenabrechnung von der Preiserhöhung erfahren, denn der Vermieter ist nicht verpflichtet, Sie im Vorfeld darüber zu informieren. Die nächste Heizkostenabrechnung kann dann eine extrem hohe Nachzahlung beinhalten.

Tipp:

Fragen Sie bei Ihrem Vermieter nach, wie hoch die Preiserhöhung sein wird, um vor bösen Überraschungen geschützt zu sein. Und bitten Sie ihn entweder, die Vorauszahlung anzupassen oder legen Sie eigenständig Geld für die Nachzahlung zurück.  

Wenn Sie die Gasrechnung oder Abschlagszahlungen nicht zahlen können

Viele fürchten, dass Sie künftig die Gasrechnung nicht mehr bezahlen können.
Sind Sie mit den Abschlagszahlungen im Verzug, kann Ihnen der Gasversorger das Gas sperren, nachdem er Ihnen schriftlich mindestens zwei Ankündigungen (vier Wochen und acht Tage vor der Sperrung) zukommen lassen und Ihnen zudem eine Ratenzahlung angeboten hat. Der Energielieferant muss allerdings Härtefälle berücksichtigen. Derzeit überlegt der Gesetzgeber jedoch, ob derartige Gassperren vorübergehend ausgesetzt werden.

Hier erhalten Sie Hilfe, wenn Sie sich die hohen Gaspreise nicht leisten können:

  • Erwerbsfähige mit geringem Einkommen können beim örtlichen Jobcenter oder Sozialamt finanzielle Hilfen beantragen.
  • Für Bezieher der Grundsicherung übernehmen das Jobcenter oder das Sozialamt Nachzahlungen für die Gasversorgung, allerdings nur, wenn der Verbrauch angemessen war.

Tipp: Anspruch auf staatliche Hilfen prüfen

Falls Sie ein geringes Einkommen oder eine niedrige Rente haben, sollten Sie prüfen, ob Sie Anspruch auf staatliche Hilfen wie Wohngeld, Kinderzuschlag, ergänzende Sozialleistungen oder Grundsicherung haben.

Am meisten Sinn macht es natürlich, vor allem in diesen Zeiten, Energie zu sparen, wo immer es geht.


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