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Gesundheit Akuter Drehschwindel

Das Gefühl von Schwindel kennen wahrscheinlich die meisten: Der Boden schwankt, alles dreht sich oder man hat das Gefühl, als ob man von einem Sog nach unten gezogen wird. Dahinter stecken Probleme mit dem Gleichgewicht. HNO-Arzt Dr. Thomas Meier-Lenschow erklärt mögliche Ursachen und Behandlungsformen eines akuten Drehschwindels.

Stand: 07.11.2017

Akuter Drehschwindel | Bild: picture-alliance/dpa

Schwindel ist keine eigene Erkrankung, sondern ein Zeichen, dass das Gleichgewichtssystem des Körpers gestört ist. Bereits 1894 hat der Neurologe Hermann Oppenheim Schwindel als "eine Unlustempfindung, welche aus einer Störung der Beziehung unseres Körpers im Raum entspringt" definiert.

Unsere Organe, die für unser Gleichgewicht zuständig sind, liegen im Innenohr, in den Muskeln, den Gelenken, der Halswirbelsäule sowie im Gehirn. Das Auge ist für die Orientierung im Raum wichtig und stabilisiert unseren Blick.

Eine Störung dauert - je nach Ursache - Minuten bis Tage und ist von vegetativen Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen begleitet.

Schwindelformen

  • Lagerungsschwindel: Das ist ein heftiger Drehschwindel, der bei bestimmten Kopfbewegungen einsetzt. Er tritt vor allem beim Hinlegen, morgendlichen Aufstehen, Umdrehen im Bett oder Bücken auf. Der Lagerungsschwindel entsteht im Innenohr. Dort verlagern sich kleine Steinchen, die sogenannten Ohrkristalle. Grund für die Verlagerung der Steinchen sind Kopfanprall bei Unfällen, langes Liegen im Rahmen einer Erkrankung oder auch degenerative ("Alterungs"-)Prozesse.
  • Akute Vestibulopathie: Diese Bezeichnung steht für einen plötzlichen Funktionsverlust eines Gleichgewichtsorgans im Innenohr. Der Schwindel äußerst sich als heftiges Drehen mit starker Übelkeit und Erbrechen, hält über Tage an und wird als sehr dramatisch erlebt. Als Ursache werden virale Erkrankungen im Gleichgewichtsorgan oder Durchblutungsstörungen vermutet.
  • Labyrinthhydrops: Durch Elektrolytvermischungen im Innenohr kommt es zur Überdruckbildung mit Flüssigkeitsansammlung in den Gängen des Hör- und Gleichgewichtsorgans: Es tritt heftiger Drehschwindel mit Erbrechen über mehrere Stunden zusammen mit Hörminderung und Druckgefühl im betroffenen Ohr auf. Häufen sich diese Schwindelanfälle, kann der sog. Morbus Menière (Erkrankung des Innenohres) vorliegen.

Behandlung

Die oben genannten Schwindelarten führen oft zur Aufnahme im Krankenhaus, da die Heftigkeit des Schwindels als bedrohlich empfunden wird und ein Schlaganfall als Ursache im Raum steht. Die Diagnose der einzelnen Schwindelart sollte schnell gestellt werden, da die Therapie nur dann zielgerichtet erfolgen kann. Mittel zur Minderung der Übelkeit und des Erbrechens stehen am Anfang.

Die akute Vestibulopathie und der Labyrinthhydrops erfordern eine Behandlung mit Cortison über mehrere Tage. Der Lagerungsschwindel lässt sich mit einer speziellen Gymnastik, dem sogenannten Otolithenbefreiungsmanöver, wegtrainieren.

All diese Schwindelformen sind mit Arbeitsunfähigkeit von Tagen bis Monaten verbunden. Bis zum sicheren Abklingen darf kein Auto gefahren werden.

Bei länger dauernden Schwindelbeschwerden kommt auch ein sogenanntes Schwindeltraining zur Anwendung - eine physikalische Therapie mit Training des Gleichgewichts und Erlernen von Kompensationsstrategien. Es gibt sogar schon Apps, die als Unterstützung beim Schwindeltraining helfen. Zudem soll sich der Betroffene viel bewegen (spazieren gehen, leichter Sport), um die Stabilität und die Gleichgewichtsfunktion zu trainieren.

Wann Sie einen Arzt aufsuchen sollten

Diese Schwindelformen führen jeden Patienten zum Arzt, oft auch ins Krankenhaus. Nur die genaue Untersuchung stellt die Diagnose, schließt eine Ursache im Gehirn aus (Schlaganfall, Blutungen) und leitet die richtige Therapie ein.


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