Buchtipps Neuheiten von der Frankfurter Buchmesse 2022
Buchhändlerin Sabine Abel hat wieder interessante Lesetipps für Sie: Vier Bücher, die neu erschienen sind und auf der Frankfurter Buchmesse 2022 vorgestellt wurden. Dabei reicht die Auswahl von einer historischen Familiengeschichte über die urig komischen Beobachtungen einer Mutter bis hin zu einem hochspannenden Krimi in den englischen North York Moors. Lassen Sie sich inspirieren! Wir verlosen je ein Exemplar der vier Bücher. Machen Sie mit! Unser Gewinnspiel läuft bis Donnerstag, 20. Oktober um 6.00 Uhr.

Leïla Slimani: Schaut, wie wir tanzen
Sommer 1968: Nach vier Jahren Medizinstudium in Straßburg kehrt Aïcha Belhaj nach Marokko zurück. In Frankreich gehen die Studenten auf die Straße, von den Barrikaden tönt der Ruf nach gesellschaftlicher Veränderung. Doch in ihrer Heimat trifft die angehende Ärztin auf eine erstarrte Welt. Die Farm von Aïchas Vater floriert zwar, die Familie allerdings ist zerrissen. Ihr Bruder Selim verschwindet in einer Hippiekommune an der Küste und versinkt im psychedelischen Drogenrausch. Wie soll Aïcha sich behaupten in einem Land, in dem bisher nur Männer Ärzte sind und das von einem autoritären König regiert wird? Am Abend der Mondlandung begegnet sie in einer Strandbar bei Casablanca einem Wirtschaftsstudenten, den alle nur "Karl Marx" nennen. Er ist Teil einer intellektuellen Jugend, die das Land erneuern möchte. Kann Aïcha mit ihm ihren Traum von einem unabhängigen Leben verwirklichen?
Sabine Abel: "Eine toll erzählte, sprachlich großartige und vielschichtige Familiengeschichte, bei der es um die Rollen der einzelnen Familienmitglieder geht, und darum, wie schwierig es ist, aus der Rolle auszubrechen, in die man hineingeboren wurde. Wir erfahren vom Fremdsein im eigenen Land und von der Schwierigkeit, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Der Leser taucht ein in die politischen Verhältnisse der 1960er Jahre, sowohl in Frankreich als auch in Marokko, erlebt Ausbeutung, soziale Ungleichheiten und die Hippie-Bewegung. In verschiedenen Kapiteln bekommen die Familienmitglieder einen eigenen Erzählstrang in Ich-Form, unter anderem Aïcha und ihr Bruder Selim, dadurch werden sie aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und für den Leser immer interessanter. In diesem Buch wird anhand normaler Menschen (Welt-)Geschichte erzählt."
Karen Duve: Sisi
Als Elisabeth durch Heirat zur Kaiserin von Österreich wird, betritt sie eine streng geordnete Welt voll steifer Konventionen. Ausbrechen kann sie nur auf ausgedehnten Reisen und bei Aufenthalten auf ihrem ungarischen Schloss Gödöllö. Dort kann sie ungezwungen leben und ihrer größten Leidenschaft nachgehen: wilden Reitjagden. Kein Wassergraben ist der Kaiserin zu breit, kein Hindernis zu gefährlich – Sisi gehört zu den besten und tollkühnsten Reiterinnen ihrer Zeit. Bei einem Aufenthalt auf Gödöllö lädt Sisi ihre reit- und fechtkundige Nichte Marie Wallersee zu sich ein. Als Tochter einer Schauspielerin ist Marie eigentlich nicht standesgemäß, aber Sisi sieht in ihr ein freieres zweites Selbst und macht sie zur engen Vertrauten. Die 18-jährige Marie erliegt schnell dem Charme der kaiserlichen Tante und assistiert ihr nur allzu gerne, wenn diese die leidenschaftliche Reiterin und Femme fatale gibt. Doch bald wirkt auch Marie anziehend auf andere, besonders auf die männlichen Adligen. Sisi, daran gewöhnt, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, sieht sich nach einem Ehemann für die lästige Konkurrenz um und beginnt ein intrigantes Spiel aus Verführung und Verrat.
Sabine Abel: "Karen Duve ist bekannt dafür, sich sehr gut in historische Themen einzuarbeiten. 'Sisi' ist ihr zweiter Roman entlang der Lebensgeschichte einer realen Person (im ersten Buch 'Fräulein Nettes kurzer Sommer' schreibt Karen Duve über Annette von Droste-Hülshoff). Die Lebensgeschichte von Sisi basiert auf wahren Begebenheiten und das romantische Bild aus den Romy Schneider-Verfilmungen löst sich schnell in Luft auf. Sisi ist hier anders: sehr aufs Äußere bedacht, unangepasst und rebellisch, hat keine Lust auf die höfische Steifheit und will am liebsten immer draußen sein. In den Mittelpunkt der Geschichte rückt bald Marie, Sisis skandalöse Nichte, die ähnlich wild und ungehemmt ist. Doch als Sisi Marie 'verräumen' will, geht es bald nicht mehr gut."
Shirley Jackson: Krawall und Kekse
Shirley Jackson schildert ihr turbulentes Familienleben. Sie hadert mit liegenbleibenden Autos, Haushaltshilfen, die nicht wiederkommen, und einem Ehemann, der mit seinen Nachkommen erst etwas zu tun haben will, wenn sie lesen und schreiben können. Auch die Kinder tanzen ihr auf der Nase herum. Sohn Laurie erfindet einen aufmüpfigen Klassenkameraden, dem er seine eigenen Streiche anhängt. Tochter Jannie geht nirgends hin ohne ihre Puppen-Entourage. Und die kleine Sally spricht ihre ganz eigene Sprache. Der verträumte Ehemann ist dabei auch keine Hilfe.
Sabine Abel: "Shirley Jackson, eigentlich bekannt für ihre Schauerromane, hat aus ihren berühmten, erfolgreichen Kolumnen einen Roman gemacht. Das Buch ist erstmals 1953 erschienen und Shirley blickt entwaffnend ehrlich auf die Frauenrolle in den 1950er Jahren. Im Nachhinein gelten die 50er Jahre in den USA als glorreiche Zeit, doch Shirley hatte damals schon einen anderen Blickwinkel. Frauen waren an den Herd gezwungen und es wurde als selbstverständlich angenommen, dass sie im Haushalt glücklich sind. Doch Shirley sieht mit einem eigenen Blick auf ihre Familie und das Alltagschaos – dabei ist sie immer liebevoll und oft urkomisch. Die Leserin taucht in eine fremde Zeit ein, findet sie sich dennoch erschreckend häufig wieder. Das ständige Hinterherhinken hinter dem, was von einer Frau erwartet wird - sehr treffend beschrieben und kurzweilig zu lesen. Das Buch wurde neu übersetzt und komplett überarbeitet."
Charlotte Link: Einsame Nacht
Mitten in den einsamen North York Moors fährt eine junge Frau allein in ihrem Wagen durch eine kalte Dezembernacht. Am nächsten Morgen findet man sie ermordet auf, in ihrem Auto, das fast zugeschneit auf einem Feldweg steht. Es gibt eine Zeugin, die beobachtet hat, dass ein Mann unterwegs bei ihr einstieg. Ihr Freund? Ein Fremder? Ihr Mörder?
Kate Linville beginnt mit ihren Ermittlungen und ist schnell auf einer Spur, die in die Vergangenheit führt, zu einem Cold Case, einem Fall, der nie gelöst werden konnte.
Sabine Abel: "Die erfolgreichste deutsche Autorin der Gegenwart hat wieder abliefert. Der vierte Fall von Kate Linville ist hochspannend und der Leser nah an den Figuren dran, er wird direkt hineingezogen in die Geschichte, die sich immer weiterentwickelt. Dabei taucht er in englische Winter-Landschaften ein und lernt die manchmal unsichere, aber geschickte Ermittlerin Kate Linville besser kennen. Die zunächst undurchsichtigen Spuren führen am Ende zusammen und die Themen, die dabei eine Rolle spielen - Einsamkeit oder Mobbing - sind brandaktuell. Einmal angefangen, lässt sich das Buch kaum mehr weglegen, und die fast 600 Seiten vergehen wie im Flug. Ein Buch, das ohne 'Horror-Brutalität' auskommt, aber von der ersten Seite an fesselt und den Leser durch feine, psychologische Spannung in den Bann zieht."
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