Buchtipps Kinder- und Jugendbücher fürs Osternest
Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was Sie Ihren Kindern oder Enkeln ins Osternest legen könnten? Wie wäre es mit einem literarischen Ostergeschenk? Buchhändlerin Sabine Abel stellt ihre vier Lieblings-Kinder- und Jugendbücher vor. Da ist für jedes Alter etwas dabei.

Yvonne Hergane: Später, sagt Peter
"Kinder haben ein anderes, deutlich entspannteres Verhältnis zur Zeit als die Erwachsenen. Das muss auch Peters Mama immer wieder feststellen. Denn während sie es eilig hat, entdeckt Peter die tollsten Sachen und lässt sich dabei viel Zeit. Da ist ein 'Sumseln' unter der Erde, das sich Peter genauer anhören muss und sich deshalb erst einmal bäuchlings auf den Boden legt. Oder ein Marienkäfer am Hauseingang, den Peter ganz genau beobachten muss. Wie schmecken eigentlich Regentropfen? Peter findet es heraus! Und an den Blumen im Park will Peter auch in Ruhe schnuppern. Die riechen doch so gut. Herumfliegende Löwenzahnsamen wollen gefangen und niedliche Hunde ausführlich gestreichelt werden. Dass Peters Mama eigentlich dringend irgendwo hin will, spielt für den kleinen Jungen dabei überhaupt keine Rolle. Da sind Mamas Nerven gefragt. Doch am Schluss merkt auch Peters Mama, wie viel schöner das Leben ist, wenn man sich die nötige Zeit für Hinschauen nimmt.
Wer kennt das nicht, Kinder, die trödeln und gar nicht in dem Tempo Dinge tun, wie wir Erwachsenen es gerne hätten. Peter ist da sicher keine Ausnahme. In sehr schön gezeichneten, wunderbar bunten Bildern tauchen wir beim Vorlesen mit den Kindern in Peters Welt. Dazu die lustigen Reime und schon ist beste Unterhaltung garantiert. 'Kommst Du?', 'Beeil dich!' und 'Nun mach schon!' wird dabei völlig unwichtig. Das ist das perfekte Buch fürs Osternest für alle Flinken und Trödler ab 2 Jahren."
Eoin Colfer: Tim und der Spuk in der Piratenbucht
"Tim ist der Zweitälteste von fünf Brüdern. Zusammen mit den Eltern verbringen sie die Ferien an der irischen Küste.
Zusammengepfercht in einem Minischlafzimmer im Wohnwagen erzählt Marty, der älteste der Jungs, seinen kleinen Brüdern schaurige Geschichten über einen alten Piraten, der immer noch sein Unwesen in dem Ferienort treibt. Er ist auf der Suche nach einem neunjährigen Jungen, der ihm vor hunderten von Jahren eine Axt in die Stirn gerammt hat, woraufhin er den Rest seines Piratenlebens unter höllischen Kopfschmerzen litt.
Nachdem er den echten Übeltäter nicht finden konnte, nimmt er sich bei jedem seiner Streifzüge irgendeinen neunjährigen Jungen mit auf sein Geisterschiff. Ausgerechnet Tim, der ängstlichste der Brüder, ist in diesem Sommer neun Jahre alt geworden.
Eines Abends dürfen die beiden Großen, Tim und Marty, zur Kinderdisco im Ort gehen. Die Aufregung ist groß, schließlich ist es für Tim die erste Kinderdisco seines Lebens. Die Haare werden gegelt, das gute T-Shirt angezogen, schließlich sind auch Mädchen bei der Veranstaltung. Kurz bevor sie gehen, nehmen die Eltern den Jungs das Versprechen ab, dass sie den Heimweg im Dunkeln nur gemeinsam antreten und auf keinen Fall einen Schritt in Richtung der Piratenfelsen machen dürfen. Doch dann will Marty ein Mädchen nach Hause begleiten und Tim muss alleine nach Hause laufen. Der einzige Fußweg führt direkt an den Felsen vorbei, wo der Piratenkapitän sich seine Opfer holt.
Eoin Colfer hat eine sehr lustige Geschichte geschrieben. Neben dem Abenteuer und der Gruselgeschichte geht es auch sehr viel um das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern Marty und Tim und um all die Streiche, Sticheleien und die Dynamik, die sich ergeben, wenn eine Familie mit fünf Jungs gemeinsam Urlaub macht. Marty hat seine Brüder, vor allem Tim, voll in der Hand. Doch wie sich bald zeigt, brauchen auch die großen und vermeintlich tapferen Jungs manchmal Hilfe.
Dieses Buch eignet sich bestens zum Vorlesen für Jungs und Mädchen ab 6 Jahren, zum Selberlesen ab der 2. Klasse."
Ben Guterson: Die Einsteins und der geheimnisvolle Turm
"Die Familie Einstein zieht mit ihren vier Kindern nach Vista Point, einen kleinen, abgelegenen Ort in den Bergen. Der Ort selbst und seine Umgebung haben für die vier Geschwister einiges zu bieten. Es gibt Weiher und Seen, Wiesen und Wälder und einen Fluss, der sich abenteuerlich durchs Tal zieht. Hier haben die Einsteins ein altes, großes und ziemlich heruntergekommenes Haus auf einem riesigen Grundstück gekauft. Sie wollen eine kleine Pension eröffnen. Schnell wird klar, dass die Familie nicht ohne Grund einen Neuanfang startet. Susan, das fünfte und jüngste Kind der Familie ist vor einem Jahr bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen. In ihrem neuen Zuhause sollen die vier Geschwister und die Eltern zur Ruhe kommen und langsam mit ihrer Trauer umgehen lernen. Vor allem Zack, der nun jüngster der Familie ist, kämpft mit seiner Traurigkeit und seinen Schuldgefühlen. Am liebsten verbringt er seine Zeit lesend in seinem Zimmer.
Am Ende des Grundstücks, kurz bevor das Land steil zum Flussufer abfällt, steht ein alter Turm auf dem Grundstück. Der Eingang zum Turm ist mit Brettern vernagelt, der Zutritt streng verboten. Als Zack eines Nachmittags von seinem Buch aufschaut, sieht er ein Mädchen, das zielstrebig auf den Turm zusteuert. Aus der Ferne sieht sie Susan zum Verwechseln ähnlich. Von einer plötzlichen Unruhe gepackt läuft er dem Mädchen nach und findet sich ganz plötzlich im Inneren des Turms wieder. Dort macht er die Bekanntschaft von Ann, dem Mädchen, dem er gefolgt ist. Sofort verstehen sich die beiden. Was es mit der geheimnisvollen Ann auf sich hat, wer sie ist und wo sie herkommt, sind nur ein paar kleine Rätsel, die Zack zu lösen hat.
Auch der Turm birgt seine Geheimnisse, die in die Vergangenheit zurückreichen und gleichzeitig Bedeutung für die Zukunft haben könnten. Da wäre zum Beispiel eine Art Amulett mit einer rätselhaften Inschrift.
Ben Guterson kennen viele wahrscheinlich noch von seinem Erfolgsroman "Schnee, der auf Zedern fällt". Als Jugendbuchautor hat er sich mit der Winterhaus-Trilogie in die Herzen seiner Leser und Leserinnen geschrieben. Auch mit dieser warmherzigen, manchmal traurigen, manchmal lustigen Geschichte gelingt ihm dies wieder. Die Figuren gingen mir beim Lesen sehr nah und es bleibt wirklich bis zum Schluss offen, welche rätselhafte Ereignisse hinter all dem Geschehen stecken.
Ich empfehle dieses Buch für alle ab 12 Jahren, die gerne spannende, einfühlsam erzählte Geschichten mögen."
Isaac Blum: Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen
"Der Jeschiva-Schüler Hoodie Rosen ist nicht gerade das, was man einen Musterschüler nennen würde. Seine Familie ist orthodox, also streng nach den Regeln des Talmuds praktizierende Juden. Vor nicht allzu langer Zeit sind sie mit ihrer Gemeinde in den kleinen Ort Tregaron gezogen.
In Hoodies Leben gibt es einige Schwierigkeiten. Auf der einen Seite die vielen Regeln, an die es sich zu halten gilt, seine strengen Eltern und außerdem plagt er sich noch mit zahlreichen Schwestern herum, die immer alles besser wissen. Seine Strategie: Alles nicht so ernst nehmen! Seine Devise: Man kann sich nur an Regeln halten, die man kennt. Also besser nicht immer so gut zuhören.
Doch dann wird es ernst. Hoodie wird zum ersten Mal in seinem Leben mit Antisemitismus konfrontiert.
In Tregaron ist die jüdische Gemeinde nämlich nicht willkommen. Bauvorhaben werden blockiert, in den Vorgärten werden Schilder aufgestellt, auf denen steht, dass die Juden abhauen sollen und es gibt Schmierereien mit Hakenkreuzen auf dem jüdischen Friedhof. Bei dem Versuch, die Hakenkreuze von den Grabsteinen zu waschen, trifft Hoodie Anna-Marie, die mit der gleichen Idee gekommen ist. Anna-Marie ist keine Jüdin, also ist jeder Umgang mit ihr nach den Gesetzen der orthodoxen Juden streng verboten. Trotzdem verliebt sich Hoodie in sie und sie treffen sich von nun an immer wieder heimlich. Als seine Gemeinde von der Beziehung zwischen Hoodie und Anna-Marie erfährt, wird er von der Gemeinschaft ausgegrenzt. Der Konflikt spitzt sich noch mehr zu, als ein antisemitischer Terroranschlag das Leben aller Menschen in der Kleinstadt verändert.
Dieses Buch ist ein wirklicher Schatz. Isaac Blum schafft es, die Welt der orthodoxen Juden zu beschreiben und in oft sehr witzigen Szenen diese Welt der "modernen" Welt gegenüberzustellen, etwa wenn Hoodie und Anna-Marie sich über Smartphones unterhalten. Trotzdem wird keine der beiden Welten glorifiziert oder verteufelt. Bei aller Situationskomik lässt es der Autor nie an Ernsthaftigkeit mangeln. Sein Held bricht Tabus, verstößt gegen Gesetze und zeigt aber auf diese Weise, dass es immer zwei Seiten einer Sache, zwei Positionen und Meinungen gibt, die berücksichtigt werden müssen.
Ein kluger, lustiger und manchmal auch aufwühlender Roman für alle ab 14 Jahren."
Frohe Ostern wünschen Sabine Abel und "Wir in Bayern"!