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Matti Bauer Was Menschen bewegt

Stand: 31.07.2019 | Archiv

Matti Bauer | Bild: Matti Bauer

Ich stamme vom Ammersee, bin 1955 geboren und habe in München Völkerkunde studiert. Das Fernweh trieb mich mit 23 nach Südamerika, wo ich auf Reisen durch Peru, Bolivien und Brasilien Indianer kennenlernte und mit ihnen lebte. Beinahe wäre ich am Zuckerhut hängen geblieben, gäbe es nicht das Filmen und die Ureinwohner zuhause. Als ich in den 80er Jahren wieder in Deutschland war, begann ich mit Hörbildern fürs Radio. Parallel dazu erlernte ich das filmische Handwerk vom Ton und Schnitt bis hin zur Regie.

Beim Filmen will ich ganz nah dran sein an den Menschen und dabei doch einen Abstand wahren, um das Besondere an ihnen zu entdecken und fest zu halten. Der ethnologische Blick auf meine Umwelt ist mir wichtig. Die Neugier aufs Vertraute, das bei genauem Hinsehen wieder fremd und exotisch wird. So kann sich ein Handwerker aus dem Oberland in einen Indianer verwandeln und eine Bäuerin aus Altötting in eine Schamanin, die alte Mythen erzählt. Heimat ist ein abgenutzter Begriff, wenn von Film die Rede ist, sie mit der Kamera neu zu entdecken macht mir aber sehr viel Freude.

Was Menschen heute in Bayern bewegt, das interessiert Matti Bauer. Mal sind es Handwerker, die für ihren Betrieb keinen Nachfolger finden ("Von nix kommt nix – Handwerk ohne Nachwuchs"), mal sind es Bäuerinnen und Bauern, die mit Leidenschaft ihre Landwirtschaft betreiben, denen aber der passende Lebenspartner fehlt ("Hof sucht Herz"). In seinem Film "Die Sennerin" hat er über ein Jahr lang eine junge Bäuerin begleitet, die es immer wieder in die Einsamkeit einer Alm zog. Drei Jahre später hat Matti Bauer sie auf dem Hof ihrer Eltern besucht, den sie in der Zwischenzeit übernommen hat ("Die Hoferbin"), und dann noch einmal. „Die Sennerin und ihr Sohn“ ist dabei entstanden, ein Film über den sechsjährigen Jakob, über das Leben als Kind auf einem Bauernhof, über Freiheit und Geborgenheit.

„Am Eisstrom des Großglockner“ war Matti Bauer unterwegs, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Pasterze und die Menschen dort aufzuzeigen. „Die Autobahn durchs Isental – eine unendliche Geschichte“ erzählt vom zähen Widerstandskampf der Isentaler gegen die Bundesautobahn 94. Der Film ist eine Liebeserklärung an ein Flusstal, vorgetragen von seinen Bewohnern und denen, die sich um seinen Erhalt sorgen. Er dokumentiert aber auch den Fortgang der Bauarbeiten, wo Planierraupen Fakten schaffen und die Menschen versuchen, sich mit dem Verlust eines Stücks Heimat abzufinden.


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