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10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention Was hat sie taubblinden Menschen bislang gebracht?

Am 27. Juni ist der Welttag der Taubblinden – genau am Geburtstag der großen taubblinden Kämpferin und Schriftstellerin Helen Keller. Deshalb zieht nun auch die Taubblinden-Community Bilanz: Wo stehen hörsehbehinderte Menschen seit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention vor 10 Jahren? Was hat sich für sie seitdem verbessert? Und was noch nicht?

Stand: 15.06.2019

Die Anerkennung der Hörsehbehinderung bzw. Taubblindheit als eigenständige Behinderung „besonderer Art“, das Merkzeichen TBl im Schwerbehindertenausweis, staatlich finanzierte Taubblinden-Assistenz und spezialisierte Beratungsstellen – all das waren Forderungen. Viele haben dafür gekämpft, schließlich gibt die UN-Behindertenrechtskonvention das Recht auf barrierefreie Kommunikation und volle gesellschaftliche Teilhabe.

Was konnte bislang erreicht werden?

Die EUTB

Seit 2018 gibt es die „Ergänzende Unabhängige Beratung“ - kurz EUTB. Das Neue daran: Die Beratung ist von Betroffenen für Betroffene. Dadurch hat sich die Beratungssituation für hörsehbehinderte Menschen verbessert, denn manche Stellen haben sich genau auf diesen Personenkreis spezialisiert. Hier werden Taubblinde hinsichtlich ihrer speziellen Bedarfe beraten und bei Anträgen unterstützt.

Die Taubblindenassistenz

Auch die Situation rund um die Taubblindenassistenz hat sich verbessert: Bald gibt es in Deutschland 105 zertifizierte Taubblindenassistenten. Doch auch das kann nur der Anfang sein, denn diese 105 Assistenten  müssen bis zu 10.000 hörsehbehinderte Menschen unterstützen. Zudem ist ihre Finanzierung immer noch nicht geklärt.

Merkzeichen TBI

Mit dem Bundesteilhabegesetz ist die Taubblindheit bzw. Hörsehbehinderung inzwischen als eigenständige „Behinderung besonderer Art“ anerkannt. Deshalb gibt es nun auch das Merkzeichen TBl im Schwerbehindertenausweis. Allerdings gibt es dabei noch gewisse Hürden zu überwinden.

"Wir sehen die Schwierigkeit, dass man an Taubheit grenzend schwerhörig und hochgradig sehbehindert sein muss, um dieses Merkzeichen TBl zu bekommen. Es gibt viele Menschen mit Taubblindheit und Hörsehbehinderung, die geringere Beeinträchtigungen der Sinne haben und dennoch taubblinden-spezifische Bedarfe. Das heißt, wir wünschen uns, dass dieser Personenkreis auch wahrgenommen wird."

Prof. Andrea Wanka

Und dann ist da noch ein Problem: Nicht in allen Bundesländern sind an das Merkzeichen TBI auch Leistungen verknüpft. Die bestehenden Leistungen sind zudem nicht individuell maßgeschneidert, sondern sehr pauschal – wie etwas das Taubblindengeld.

"Wir fordern ganz konkret als Leistung die Taubblinden-Assistenz, die an das Merkzeichen verknüpft sein soll. […] die Bezahlung der Taubblinden-Assistenten […] muss gewährleistet sein."

Prof. Andrea Wanka

"Einige Verbände fordern im Falle dieser doppelten Sinnesbehinderung, also Taubheit und Sehbehinderung und dem entsprechenden Nachweis im Schwerbehindertenausweis durch das Merkzeichen TBL, die automatische Bewilligung von Assistenzleistung. Betroffene sollten damit ein Recht auf 20 Stunden pro Woche haben ohne überhaupt einen Antrag stellen zu müssen."

Karin Stricker

Forderungen gehen an die Politik

Alle Forderungen an die Politik stehen mittlerweile auf einem Positionspapier der Taubblindenverbände.

"Damit gehen wir direkt in die Politik, geben dieses Positionspapier ab und werden dafür kämpfen, dass diese Rechte, dass diese Forderungen wahrgenommen und umgesetzt werden."

Prof. Andrea Wanka

Wünsche für Taubblinde

Das Fazit

Die wichtigste Forderung, das Merkzeichen Taubblindheit (TBl) im Schwerbehindertenausweis, ist umgesetzt. Konkret hat sich aber für die Betroffenen noch zu wenig getan.

Wichtige Info zum Blindengeld

Das Blindengeld ist eine monatliche Unterstützung für blinde Menschen, ein so genannter ‚Nachteilsausgleich‘. Das Blindengeld ist eine freiwillige Leistung des Bundeslandes, in dem man wohnt, und die Höhe des Blindengeldes ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich.
Eine Übersicht findet man unter:

Weitere Links zum Thema

Hinweis

Diese Sendung ist ab dem 21.06.2019  in der BR-Mediathek mit Audiodeskription verfügbar.

Hörfassung der Sendung:


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