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Film von Diana El Jeiroudi auf dem DOK.fest München Republic of Silence

Einem Krieg zu entfliehen heißt nicht, den Krieg hinter sich zu lassen. Die Filmemacherin Diana El Jeiroudi ist in Syrien geboren. Im Exil in Deutschland verarbeitet sie ihre traumatischen Erinnerungen in ihrem Filmessay "Republic of Silence".

Author: Andreas Krieger

Published at: 26-4-2022

Die Zeit kann Wunden heilen. Sagt man. Aber sie kann auch Wunden schlagen. Wenn man nicht dort sein kann, wo das passiert, was einem wirklich wichtig ist. Wenn man getrennt ist von seinen Liebsten. Nur in der Angst ganz nah.

"Wenn Menschen ein Trauma erfahren, dann sind sie in der Zeit gefangen", sagt die Filmemacherin Diana El Jeiroudi. "Sie fühlen sich so, als würde ihnen das Schlimme immer wieder passieren. Obwohl es vorbei ist, in der Vergangenheit, so lebt es doch weiter. Das Gefühl für Zeit verschwindet."

Diana El Jeiroudi hat ein Jahrzehnt an einem sehr persönlichen Dokumentarfilm über den Krieg in Syrien gearbeitet. Seit ein paar Jahren wohnt sie in Deutschland. "Ich lebe in zwei Republiken. Beide sind still. Es gibt viel Stille in Deutschland, es gibt viel Stille in Syrien. Stille ist ein sehr vielschichtiges Konzept. Stille kann ein Protest sein. Stille kann eine Wunde sein. Stille kann Schmerz sein. Eine Unterdrückung. Jemand zwingt dich dazu, still zu sein."

In ihrem Film reflektiert sie auch ihr eigenes Leben in Deutschland. Durchgänge, Fenster spielen dabei eine Rolle. Der Blick durch Fenster nach draußen: Ist es der Blick in die Freiheit? Oder ist es der Blick aus einem geschlossenen Raum, aus einem inneren Gefängnis? "Es ist ein gutes Gefühl, wie vor dem Fenster die Dinge vorbeiziehen. Wie die Jahreszeiten kommen und gehen. Das gibt einem das Gefühl von Stabilität. Wenn man an einem Ort mit Fenster ist und auf die Welt blicken kann."

Diana El Jeiroudi untersucht Beziehungen. Auch die zu ihrem Mann. Wie verändert das Leben fernab des Geburtslandes ihr gemeinsames Leben? Momente der Zartheit. Und immer tickt die Uhr … Erinnerungen an ein Leben in Syrien, dem man sich immer mehr entfernt. Wie es einmal war, welche Hoffnungen man hatte.

Ein Ständchen zum 25. Geburtstag. Im Freundeskreis. Schwermut der Erinnerung in einem Filmausschnitt. "Schmerz ist ein Teil des Lebens. Ich laufe nicht vor dem Schmerz weg. Es ist einer der Gründe, warum ich eine Dokumentarfilmemacherin wurde. Ich suche nicht nach Fantasie und Unterhaltung. Mir hilft der Schmerz auch, dass man das Leben um sich herum wertschätzt. Es hilft dir zu schätzen, wenn du keinen Schmerz hast."

Diana El Jeiroudi erzählt mit privaten Archiv-Aufnahmen und neu gedrehten Sequenzen aus ihrem Leben und aus dem Leben ihrer Freunde. Erzählt von quälender Stille und Trauma-Bewältigung. Vom Schmerz und von der Einsamkeit, wenn man den Zerfall des Heimatlandes aus der Ferne miterleben muss. "Republic of Silence" ist ein drei Stunden langer Dokumentarfilm in ungewöhnlich assoziativer Form. Was war. Was hätte sein können. Was ist.

Der Mensch trägt seine Erinnerung mit sich. Das macht ihn zum Menschen. Es gibt kein Ankommen, bei dem man alles hinter sich lässt.

Weiterführende Informationen

"Republic of Silence"
ab 11. August im Kino

DOK.fest München
04. bis 22. Mai 2022


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