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Ein neues griechisch-türkisches Narrativ "Biz - Wir - εμείς"

"Biz - Wir - εμείς" - Diese Lesung mit Musik feiert an den Kammerspielen die türkisch-griechische Freundschaft, die in München ganz wunderbar aufgeblüht ist.

Von: Andreas Krieger

Stand: 27.02.2023

"Unsere Gefühle, unsere Gewohnheiten, vom Tanzen bis zum Essen sind wir uns sehr, sehr ähnlich", sagt der Publizist und Dichter Costas Gianacacos. "Und das möchten wir auch demonstrieren, zeigen, feiern, genießen. Diese Freude, dass wir uns gefunden haben, möchten wir den Zuschauern vermitteln."

Für den Abend wurde eine Band zusammengestellt, die Lieder spielt, die sowohl in der Türkei als auch in Griechenland gesungen werden.

"Ich war mal in einem Verein in Denkendorf", erinnert sich Sula Zamani. "Da waren Deutsche, Türken, Griechen und Jugoslawen vielleicht auch. Und die Deutschen waren enttäuscht, dass wir Griechen nicht mit den Türken gestritten haben. Aber was haben wir zum Auseinandersetzen? Nix. Wir haben uns blendend verstanden und es ist gut so!"

Das türkisch-griechische Verhältnis ist auch geprägt von schweren politischen Krisen und Auseinandersetzungen. Der Brand der Metropole Smyrna im heutigen Izmir 1922 bedeutete Tod, Vertreibung und Leid für fast zwei Millionen Menschen.

Mit den Anwerbeabkommen Anfang der Sechziger kamen tausende Menschen aus Griechenland und der Türkei nach München. Heute haben neun Prozent der Stadtbevölkerung türkischen oder griechischen Hintergrund. "Die sind zum Arbeiten hierher gekommen und hatten es dann plötzlich am Arbeitsplatz zu tun mit genau den Menschen, die bei ihnen in der Heimat als die Feinde verschrien waren", sagt der DJ und Blogger Tuncay Acar. "Man konnte sie aber als Menschen kennenlernen. Migration bietet, wenn man die Augen und Ohren offen hat, einen Freiraum, einen physischen genauso wie einen mentalen Freiraum. Und wenn man den zu nutzen weiß, dann kann man auch solche Momente erleben."

"Was hat das für Auswirkungen bis zu unserem heutigen Leben? Bis in unseren Alltag hinein", fragt Costas Gianacacos. "Und wir stellen fest, fast jedes zweite, dritte Wort oder Erlebnis, das wir zu erzählen haben, hat tatsächlich seine Basis in den Ereignissen von damals."

Diese große Minderheit bekommt hier ihre Bühne. Die Texte sind auf Deutsch. Ein Abend auch und gerade für die Mehrheitsgesellschaft. "Wir brauchen die Leute nicht integrieren. Wir sind eins", sagt Niki Chatziparasidu. "Wir haben die gleiche Kultur. Es passt. Ich habe von Anfang an gesagt: Wir sind die einzigen Länder, die viel miteinander zusammen haben. Sehr viel. Nicht nur Essen. Sondern auch die Gastfreundschaft. In Griechenland sind die Türen offen. In der Türkei genauso. Wir haben uns gestritten, wer den Gast zu sich nimmt. Aber so ist es in der Türkei genauso."

Fern der Heimat zu leben, das bedeutet auch: fern der dort herrschenden Narrative eine eigene, neue Geschichte haben. "Man muss gute Beziehungen zu den Nachbarn haben", sagt Sula Zamani. "Das ist der Sinn der Sache, finde ich. Den Nachbarn hast du nebenan. Da musst du aufpassen, dass du gute Beziehungen hast. Wer kommt als Erster zu Hilfe? Der Nachbar. Und das ist gut so!" Und Costas Gianacacos fragt: "Ob wir jetzt davon eine Message ableiten können für unsere Länder? Ja, und zwar, dass ein friedliches, fröhliches, harmonisches Zusammenleben möglich ist."

Das Vergangene nicht vergessen. Aber im Hier und Jetzt ein Miteinander leben. "Die Griechen und Türken? Sind wie Geschwister", sagt Mürüvvet Özmenli. "Und das bleibt auch so."

Ein Freundschaftsspiel. Und alle gewinnen.


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