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Abdullah Kenan Karaca Leiden mit der Leitkultur

Im Bund haben wir ein Integrationsgesetz, in Bayern wird im Rahmen einer Gesetzesvorlage heftig gestritten. Besonders der von der CSU verwendete Begriff "Leitkultur" steht zur Debatte. Dazu führen wir ein Gespräch mit dem Regisseur Abdullah Kenan Karaca. Umrahmt von einer multikulturellen Kulisse. Vor dem bayerischen Schloss Nymphenburg, in einer venezianischen Gondel, gelenkt von einem waschechten Münchner Gondoliere.

Stand: 16.09.2016

Abdullah Kenan Karaca | Bild: Volkstheater

Abdullah Kenan Karaca, der als muslimischer türkischstämmiger Regisseur auf sich aufmerksam gemacht hat, wurde in des Leitungsteam der alle 10 Jahre stattfindenden Oberammergauer Passionsspiele berufen. Als erster Moslem. Sein Vorteil: Er ist in Oberammergau aufgewachsen.

Der Begriff "Leitkultur"

In Oberammergau war Karaca schon als kleiner Bub auf der Bühne. Mittlerweile hat er dort bereits zwei Mal inszeniert. Er ist mit der bayerischen Kultur fest verwurzelt. Umso mehr hat er mit dem Begriff "Leitkultur" seine Schwierigkeiten.

"Die Diskussion um die Leitkultur ist festgefahren und geht immer mehr in eine Richtung, die für mich unangenehm ist. Für jemanden, der hier aufgewachsen ist und hier lebt."

Abdullah Kenan Karaca

Definition von Integration

Die Politik argumentiert mit dem Vergleich: Wo es auf den Straßen Leitplanken gibt, braucht es auch im Gesellschaftsleben eine Leitkultur. Das fängt mit Sprache Lernen an, dann Schule Besuchen und um Arbeit Bemühen. Aber was bedeutet die deutsche Leitkultur für das Alltagsleben von Neubürgern?

"Die Menschen verwenden das Wort, ohne zu definieren. Sind das die christlichen Werte, das christliche Abendland? Was heißt es denn überhaupt noch in unserer Zeit?"

Abdullah Kenan Karaca   

Verordnung per Gesetz

Karaca hat nach dem bayerischen Abitur versucht, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen; das Abi-Zeugnis reichte nicht aus. Er wurde aufgefordert, einen Deutschkurs zu belegen. Karaca ging einfach und blieb Türke. Aus Trotz.

"Man kann Kultur nicht verordnen. Man kann sie leben und im Austausch sein. Auch Tradition gehört dazu, aber Tradition sollte dehnbar sein. Nicht festgeschrieben, sonst stirbt sie."

Abdullah Kenan Karaca

Am 24. November hat seine Inszenierung von Medea am Münchner Volkstheater Premiere.

Autor des Filmbeitrags: Matthias Beckel


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