BR Fernsehen - Lebenslinien


80

Lebenslinien - Gudrun Weikert, die erste Bergführerin Deutschlands Mutter auf schmalem Grat

Gudrun glaubt von Kindheit an, mit Disziplin alles erreichen zu können. 1988 wird sie Deutschlands erste Bergführerin. Auf dem Gipfel ihrer Karriere wird die Alpinistin und Sportdozentin mit 34 Jahren ungeplant schwanger. Nach der Geburt verfällt sie in eine schwere Depression, aus der sie sich erst befreien kann, als es ihr gelingt, sich von ihrem Leistungsanspruch loszusagen.

Stand: 01.04.2019 | Archiv

Mutter auf schmalem Grat: Gudrun W. | Bild: BR/Volker Schmidt

Gudrun wagt sich in die steilsten Wände, kämpft sich durch ewiges Eis auf die höchsten Gipfel. Seit 1988 ist sie Bergführerin - die erste Frau in Deutschland, die diese Männerdomäne erobert hat.

Filminfo

Originalitel: Mutter auf schmalem Grat (D, 2016)
Regie: Birgit Eckelt
Redaktion: Sonja Hachenberger
Länge: 43 Minuten
16:9, VT-UT

Als sie mit 34 Jahren auf dem Gipfel ihrer Karriere Mutter wird, fehlt ihr plötzlich jede Antriebskraft. Sie kann keine Beziehung zu ihrer Tochter Lisa aufbauen und gibt dem Baby die Schuld, dass sie nicht mehr in die geliebten Berge kann.

Es vergehen sechs Monate, bis Gudrun erkennt, dass sie unter einer postnatalen Depression leidet. Ihr Umfeld glaubt, dass sie sich nur an das neue Leben mit Kind gewöhnen müsse.

Doch Gudrun fühlt sich komplett überfordert. Immer öfter beschleicht sie eine Wut über ihr "Versagen", das eigene Kind nicht lieben zu können.

Sie, die bisher gewohnt war, alles über Disziplin und Leistung zu erreichen, lernt Schritt für Schritt durch ihre Tochter, wie wichtig emotionale Nähe ist.

Und eines will sie noch unbedingt von ihrer mittlerweile erwachsenen Tochter lernen: Gelassenheit.

Lebenslinien-Autorin Birgit Eckelt über die Dreharbeiten

Wie hast du Gudrun kennengelernt?
Was ich über Gudrun vor unserer ersten Begegnung erfahren hatte, klang mehr nach Erfolgsstory als nach "Lebenslinien". Doch dann erzählte sie mir bei unserer ersten Begegnung, wie sehr sie sich auf ihr Baby gefreut hätte, sich aber nach der Entbindung so überfordert gefühlt hätte, dass sie sterben wollte. Für mich war das ein Rätsel. Wie konnte eine lebensbejahende, realistische Frau wie Gudrun, die sich zudem ein Kind gewünscht hatte, in eine solche Situation geraten? Gudrun nannte mir als Ursache eine postnatale Depression.

Wer kann eine postnatale Depression bekommen?
Meine Recherchen ergaben, dass es sich um eine ernstzunehmende, seelische Krankheit handelt, die unabhängig von den Lebensumständen jede Frau nach der Entbindung treffen kann. Bis zu 15 Prozent aller Mütter hätten darunter zu leiden. Doch viele Frauen schweigen aus Scham, ihr Kind nicht lieben zu können.

Gudrun war zu diesem Film bereit, weil sie nach eigenen, schlimmen Erfahrungen andere motivieren will, rechtzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Vor der Kamera sprach sie auch über ihre destruktivsten Momente mit bewundernswerter Offenheit.

Wie hast du Lisa und Gudrun miteinander erlebt?
Zwischen Gudrun und ihrer Tochter Lisa existiert eine spürbare Kluft. Erst seit Gudrun ihren ganzen Mut zusammennahm, um der erwachsenen Lisa die Ursache ihrer emotionalen Distanz offenzulegen, kommen sie sich näher. Die Behutsamkeit ihrer Annäherung berührt. Kein Happy End, aber ein hoffnungsvolles Resümee für eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung.


80