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Henkelgefäß Nostalgie in Zinn gegossen

Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg hatten viele Deutsche eine große Sehnsucht nach der 'guten alten Zeit'. Dieses gotisch anmutende Henkelgefäß wurde wohl genau für diesen Kundenkreis gefertigt.

Stand: 24.08.2012 | Archiv

Je länger diese 'gute alte Zeit' zurücklag, desto ungetrübter erschien sie den Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg wohl. Desto einfacher hatten es aber auch die Fälscher. Denn schon die Spitzbögen auf diesem Henkelgefäß lassen den Laien gleich an Gotik denken.

Dass Maria, Paulus und all die anderen Heiligen in der Gefäßwandung aber nicht im Mittelalter in Zinn gegossen worden waren, erkennt der Fachmann spätestens am Boden des Eimerchens. Dort sind die Marken an eine Stelle gestempelt, die schnell abnützt. So sind sie schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachzuprüfen - und auch als Fantasiemarken von Fälschern kaum zu identifizieren.

Und dass das Gefäß nicht aus der Gotik stammt, verrät auch seine bleigraue Farbe. Denn so viel Bleianteil wäre in der originalen Entstehungszeit nicht erlaubt gewesen. Dem Fälscher diente es aber dazu, sein Werk auf alt zu trimmen. Gefälscht wurden solche Gefäße häufig im 19. Jahrhundert, als der Historismus alte Stile wieder auferstehen ließ. Es könnte aber auch aus dem 20. Jahrhundert stammen, direkt aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Zinnsammeln sehr 'en vogue' war.

Fakten:

  • Geschätzter Wert: 200 bis 300 Euro
  • Datierung: 19. oder 20. Jahrhundert
  • Sendung vom 25. August 2012

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