Kopfschmerzen, Migräne Wetterfühligkeit ist keine Einbildung
Der April macht was er will – und das wechselhafte Wetter schlägt so manchem auf die Knochen: Über die Hälfte der Deutschen sagt von sich, wetterfühlig zu sein. Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Unwohlsein führen sie auf das Wetter zurück. Tatsächlich kann das Wetter nachweislich Beschwerden verstärken. Und: Die Wetterfühligkeit soll in den kommenden Jahren zunehmen.

Die Sonne scheint, plötzlich ein Regenschauer, dann strahlt die Sonne wieder, und im nächsten Augenblick liegt sogar Schnee – das berüchtigte Aprilwetter mit seinem Hin und Her kann nerven. So mancher klagt da über Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Schwindel und schiebt das auf das wechselhafte Wetter. Eine repräsentative Umfrage hat ergeben, dass die Hälfte der Deutschen sich selbst für wetterfühlig hält.
Körper reagiert auf Wetterreize
Prof. Angela Schuh wundert das wenig. Sie leitet die Medizinische Klimatologie der LMU München und beschäftigt sich mit der Biotropie, also der Reaktion des Organismus auf das Wetter:
"Wir verbringen viel zu viel Zeit drinnen. Der menschliche Körper hat es verlernt, sich an Wetterreize anzupassen. Es sind vor allem die Wetterveränderungen, die dann im biotropen Sinne wirken. Dass der Mensch Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen bekommt. Das liegt daran, dass vor allem die thermischen Elemente des Wetters wie Wärme, Kälte und Luftfeuchtigkeit sich bemerkbar machen."
Prof. Angela Schuh, Medizinische Klimatologie, LMU München
Unterschied: wetterfühlig und wetterempfindlich
Die Wissenschaft unterscheidet zwischen Wetterfühligen und Wetterempfindlichen. Die Fühligen bekommen bei Wetterumschwüngen oder Tiefdruckgebieten Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen und Schwindel. Die Wetterempfindlichen haben bereits eine Erkrankung wie etwa Rheuma. Bei bestimmten Wetterlagen verschlechtern sich dann die Symptome der Krankheit.
Schmerzen beim Tiefdruckgebiet
Zu diesen Wetterempfindlichen gehört Brunhilde Thum aus dem schwäbischen Wechingen. Sie hatte einen Bandscheibenvorfall, vor zehn Jahren auch einen schweren Autounfall. Ihre linke Schulter ist mehrfach operiert. Die 61-Jährige hat immer wieder sehr starke Schmerzen. Besonders Tiefdruckgebiete und nass-kaltes Wetter machen ihr zu schaffen.
Sobald die Sonne scheint und der der Wind sich legt, lassen die Schmerzen spürbar nach. Lange Zeit wusste Brunhilde Thum nicht, warum die Beschwerden mal stärker, mal schwächer sind. Erst als sie ein Schmerz-Tagebuch führt, fällt ihr Verdacht auf das Wetter.
Gefahrenindizes für Wetterfühlige
Der Deutsche Wetterdienst bestätigt Brunhilde Thums Beobachtung. Denn: Neben dem Wetter prognostiziert der Wetterdienst auch gesundheitliche Gefahren. Wetterfühlige können online checken, ob in den kommenden Tagen das Risiko für eine gesundheitliche Beeinträchtigung steigt. In einer Deutschland-Grafik kann man sich anzeigen lassen, wie sich das Wetter auf das allgemeine Wohlbefinden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, asthmatische Erkrankungen sowie rheumatischen Beschwerden auswirkt.
Prof. Andreas Matzarakis ist Spezialist für medizinische Meteorologie. Er erwartet, dass die Wetterfühligkeit in Zukunft weiter zunimmt.
"In Bezug auf die künftigen klimatischen Bedingungen ist es eigentlich klar, dass es zu stärkeren Variabilität der Wetterbedingungen kommen wird. Das ist genau das, was den Wetterfühligen zu schaffen macht. Dass das Wetter nicht stabil ist, und dass ich dann praktisch immer einen Wechsel habe von kalt auf warm und warm auf kalt, innerhalb von kurzen Zeiträumen."
Prof. Andreas Matzarakis, Medizinischer Meteorologe, Deutscher Wetterdienst
Wetterfühlige können sich wappnen
Wetterempfindliche und -fühlige müssen für sich selbst herausfinden, was ihnen guttut. Gerade Wetterempfindliche besprechen sich am besten mit ihrem Arzt, was sie tun können, um die Beschwerden ihrer Krankheit zu lindern. Für Wetterfühlige hat die Medizinische Klimatologin Prof. Angela Schuh einen besonders wichtigen Tipp: Man sollte sich dem Wetter ganz bewusst aussetzen.
"Man sollte versuchen, sich dabei so anzuziehen, dass man eine leicht kühle Haut hat, aber nicht friert. Dann hat man zwei Effekte: Das eine ist die Abhärtung, durch die leicht kühle Haut. Das trainiert unsere Hautgefäße, unser Thermoregulationssystem."
Prof. Angela Schuh, Medizinische Klimatologie, LMU München
Das andere sei körperliche Bewegung und leichtes Ausdauertraining. Auch Saunagänge oder Kneippanwendungen können Wetterfühligen helfen, besser mit Wetterumschwüngen klar zu kommen.