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Schnell unterwegs Rennradfahren: Trainingseffekt und Unfallgefahr

Runterkommen und die Natur genießen – das geht beim Rennradfahren. Die Sportart ist ein Booster für die Ausdauer. Um Verletzungen zu vermeiden, gilt: Helm aufsetzen, vorsichtig fahren – und die richtige Haltung auf dem Rad beachten.

Von: Monika Hippold

Stand: 12.05.2025

Schnell unterwegs: Rennradfahren: Trainingseffekt und Unfallgefahr

Radfahren ist Volkssport. Rund 42 Millionen Menschen in Deutschland radeln. Der Bund Deutscher Radfahrer gewinnt von Jahr zu Jahr mehr Mitglieder, 2024 waren es über 150.000. Allein im Bayerischen Radsportverband sind über 28.000 Menschen organisiert. Immer mehr steigen auch auf die Räder mit den dünnen Reifen – Rennräder.

Rennradfahren: viel Grundlagentraining

Um lange Spaß am Rennradfahren zu haben, sollten Einsteiger langsam starten, rät Trainerin Julia Seibt.

"Durch die sozialen Medien ist es gehyped, dass man hundert Kilometer plus macht, manchmal auch 200 Kilometer. Das ist am Anfang völliger Quatsch. Man sollte sich langsam rantasten. Also zu Beginn lieber kürzer und ruhig fahren, die Form langsam aufbauen. Damit man letztendlich auch irgendwann mal einen Hunderter fahren kann."

Julia Seibt, Rennrad-Trainerin, Wallgau

Zu Beginn also erstmal in einem ruhigen Tempo fahren – alleine oder in einer Trainingsgruppe mit ähnlichem Leistungsniveau. Denn: Radsport besteht zu 80 bis 90 Prozent aus Grundlagentraining. Bei ambitionierten Fahrerinnen und Fahrern kommen Kraft-Ausdauer-Einheiten oder Intervalltraining dazu.

"Wenn man langsam anfängt und kontinuierlich etwas draufsetzt, ist das gut für die Gesundheit. Denn wenn man zu viel macht, kann es natürlich sein, dass Verletzungen auftreten - wie Knieprobleme, Schulter- oder Nackenbeschwerden. Knie, Oberschenkel, Gesäß - die Muskulatur, die man beim Rennradfahren braucht, kann überreizt werden. Gerade wenn man viele Höhenmeter fährt, ist die Belastung auf die Muskulatur enorm."

Julia Seibt, Trainerin, Wallgau

Rennradtour: Auspowern und Entspannung

Lara Gerdesmeyer hat 2017 mit dem Rennradfahren angefangen. Sie liebt es, sich dabei auszupowern, Vollgas zu geben – und dann wieder entspannt zu fahren.

"Das Rennradfahren gibt mir ein Gefühl von Freiheit und ein Urlaubsgefühl. Und es ist gut für meine Psyche, um runterzukommen."

Lara Gerdesmeyer

Ihre ganze Familie fährt Rennrad: Ihr Bruder Lennart unternimmt gerne lange Touren und ist im vergangenen Jahr beim Ironman auf Hawaii gestartet. Die Eltern sind schon zwei Mal von München nach Mallorca geradelt. Die Familie unternimmt gerne gemeinsam Rennradtouren.

"Das schweißt als Familie zusammen. Man kommt in schöne Gegenden, wo man richtig zusammen runterkommen kann. Je nachdem, welches Tempo man fährt, kann man sich auch unterhalten. Ich finde das einfach schöner, als sich nur im Café zu treffen. Aber es gibt auch Momente, in denen ich gerne alleine fahre. Gerade nach der Arbeit liebe ich es, alleine meine Runde zu fahren und dabei einfach die Natur zu genießen."

Lara Gerdesmeyer

Viele ihrer Freundinnen und Freunde hat Lara Gerdesmeyer schon zum Rennradfahren und gemeinsamen Rad-Urlauben animiert. Das macht Spaß und bringt Schnelligkeit – durch das Fahren im Windschatten.

Rennradfahren: der Trainingseffekt

Rennradfahren ist Ausdauersport. Die lange ruhige Belastung trainiert effektiv das Herz-Kreislauf-System – und kräftigt vor allem die Oberschenkel- und Gesäß-Muskulatur.

"Wade und Schienbein sind auch dabei, Rücken- und Schulterpartie werden manchmal vergessen. Doch gerade wenn man viel berghoch fährt, zieht man ordentlich am Lenker. Dafür braucht es die Rückenmuskulatur. Der Latissimus wird beansprucht, sowie die Schulter- und Trizeps-Muskulatur."

Julia Seibt, Rennrad-Trainerin, Wallgau

Im Studium fuhr Lara Gerdesmeyer gerne lange Strecken mit mindestens 80 Kilometern. Mittlerweile lässt sie es ruhiger angehen. Etwa dreimal pro Woche radelt sie momentan draußen. Nach ihrer Schicht als Ärztin in der Notaufnahme schafft sie am Abend noch Touren mit etwa 40 Kilometern.

"Am liebsten fahre ich aber 60 bis 70 Kilometer. Es sind auch immer wieder längere Strecken mit dabei. Letztens bin ich zum Beispiel 120 Kilometer gefahren, das macht mir immer noch Spaß. Aber es ist eben sehr zeitintensiv. Und das geht manchmal einfach nicht mehr."

Lara Gerdesmeyer

Anfangs war für sie ein großer Anreiz, sich mit anderen beim Rennradfahren zu messen, sagt Lara Gerdesmeyer: „Ich habe dann irgendwann gemerkt, was es da alles für Trends gibt, dass man die Strecken aufzeichnen kann. Ich finde es toll, nach einer Tour zu gucken, wie schnell ich gefahren bin. Das hat mich angespornt, noch schneller zu werden. Und als Frau ist es schön zu sehen, dass es eine Sportart gibt, bei der man teilweise auch besser ist als die Männer.“

Rennradfahren: hoher Energieverbrauch, Verspannungen möglich

Rennradfahrerinnen und – fahrer haben einen hohen Energie- und Flüssigkeitsverbrauch. Um lange Touren durchzustehen, ist neben der Ausdauer deswegen die richtige Ernährung ausschlaggebend, sagt Sportmediziner Dr. Tom Uckermann. Er empfiehlt: ausreichend Trinken und auch schon während des Trainings Elektrolyt-Ergänzungen einnehmen.

Rennradfahren bedeutet: Viele Stunden im Sattel sitzen. Meist in einer starren Position. Das kann zu Verspannungen führen.

"Wenn man in dieser Zwangshaltung die ganze Zeit sitzt – und kein Ausgleichstraining macht - kann man Abnutzungen der tiefergreifenden Strukturen erleiden. Bis hin zu einem Bandscheibenvorfall."

Dr. med. Tom Uckermann, Sportmediziner, München Klinik, Bogenhausen

Gegen Verspannungen helfen Dehnübungen und ein Mobilitätstraining.

Bike-Fitting beugt Fehlhaltungen vor

Wichtig ist: die richtige Haltung auf dem Rad. Ein Bike-Fitting kann Fehlhaltungen vorbeugen. Expertinnen und Experten passen dabei das Rad an den Körper an, erklärt Seraphin Satzky vom Radlabor München.  

"Für uns sind zum Einstellen alle Schnittstellen zum Fahrrad gleich wichtig. Grundsätzlich wird ein Rennrad genauso eingestellt wie ein Stadtrad oder ein Trekkingrad. Es können sowohl die Füße einschlafen als auch die Hände. Und somit muss einfach alles angepasst werden. Dreh und Angelpunkt der ganzen Position ist der Sattel. Wenn der nicht optimal passt, wird hier und da entlastet. Und dann treten an anderer Stelle wieder die Beschwerden auf. Das heißt, wir gucken auf die Füße, dass die gut auf dem Pedal stehen, checken, dass der Sattel zum Menschen passt und auch, ob der Lenker gut eingestellt ist. Damit haben wir einen schönen Rundumblick, dass das ganze Rad zum Menschen passt."

Seraphin Satzky, Bike-Fitterin, Radlabor, München

Ihr Tipp: Am besten schon vor dem Kauf eines Rads klären, welche Rahmengröße die richtige ist, damit das Traum-Rad zum Körper passt. Und das Bike-Fitting machen, bevor Schmerzen auftreten.

Großes Risiko: Straßenverkehr

Rennradfahren findet meist im Straßenverkehr statt. Ein großes Risiko: Stürze und Unfälle. Am häufigsten verletzen sich Menschen dabei an Schulter, Handgelenk und Ellbogen.

"Durch den aufrechten Sitz ist der obere Teil des Körpers häufiger betroffen, wir sehen oft Schlüsselbein- und Rippenbrüche - und auch Knochenbrüche im Gesichtsbereich. Beine und Füße sind etwas weniger gefährdet. Doch bei Hoch-Rasanz-Traumata kann es bis hin zu Becken-Brüchen kommen. Es können Oberschenkelbrüche oder Bandverletzungen am Kniegelenk auftreten. Nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt."

Dr. med. Tom Uckermann, Sportmediziner, München Klinik, Bogenhausen

Richtig gefährlich wird es, wenn Rennradfahrerinnen und -fahrer mit anderen Verkehrsteilnehmern zusammenstoßen. Das musste Lara Gerdesmeyer vergangenen Herbst im Urlaub erleben: Ihr Freund Alex verlor bei der Abfahrt vom Berg in einer steilen Kurve die Kontrolle über sein Rad - und schlitterte unter einen entgegenkommenden Reisebus.

"Ich bin vor ihm gefahren und habe dann einen Schrei gehört, als ich in der Kurve war. Ich habe sofort umgedreht und gesehen: Der Helm lag neben ihm. Der war komplett hinüber, Totalschaden am Helm. Es war überall Blut. Ich habe versucht, mir ein Bild zu machen, woher dieses Blut kam. Das kam zum Glück nicht vom Kopf, sondern von seiner Schulter und von seinem Ellbogen. Er hat mir dann gesagt, er kriegt schwierig Luft."

Lara Gerdesmeyer

Etliche tiefe Schürfwunden, Schulter, Finger und Ellbogen gebrochen, dazu mehrere gebrochene Rippen, fünf gebrochene Wirbelkörper, Luft um die Lunge - und gerissene Nerven. Alex entgeht nur knapp einer Querschnittslähmung.

"Er durfte sich die erste Zeit nicht bewegen, war die ersten Nächte komplett immobilisiert. Er ist längere Zeit im Krankenhaus gewesen, wurde mehrfach operiert. Das ist zum Glück inzwischen alles wieder gut verheilt. Ein paar Rest-Schäden bestehen leider noch. Aber auch das wird mit der Zeit hoffentlich alles wieder gut werden."

Lara Gerdesmeyer

Helm beim Rennradfahren tragen

Vor kurzem konnten die beiden sogar schon wieder gemeinsam Fahrradfahren.

"Das war mit einer der schönsten Momente in meinem Leben, weil er einfach so gestrahlt hat auf dem Fahrrad. Für ihn ist es genauso wie für mich eines der wichtigen Dinge im Leben, dass man Sport machen kann. Wir haben eine kleine Bummeltour gemacht. Dass das schon wieder möglich war, zeigt einem einfach, dass alles eigentlich möglich ist."

Lara Gerdesmeyer

Um das Risiko beim Rennradfahren etwas zu verringern gilt: Unbedingt einen Helm tragen, sich weniger befahrene Strecken suchen. Und auch das Ein- und Ausklicken aus den Pedalen in Ruhe üben.
Lara Gerdesmeyer fährt heute vorsichtiger als vor dem Unfall. Und doch will sie sich von der Angst nicht unterkriegen lassen. Sie freut sich auf viele schöne Touren diese Saison.


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