Klimawandel und Gesundheit Nachteil milder Winter: Pollen fliegen früher
Eine Verschnaufpause im Winter wird es für Allergiker kaum noch geben. Der Klimawandel verschiebt und verschärft den Pollenflug massiv. Vier Faktoren und ein paar Tipps, die Sie kennen sollten!
Die Nase läuft, die Augen jucken, Niesanfälle - Allergische Reaktionen machen Betroffenen bereits im Januar zu schaffen. Milde Temperaturen in der ersten Winterhälfte und Temperaturen bis zu 20 Grad Celsius in der Silvesternacht haben die Landschaft zum Blühen gebracht.
Keine Pollen-Verschnaufpause
So fliegen die ersten Haselnuss-Pollen bereits, die Erle steht in den Startlöchern. Mit Wintern, die Allergikern eine Pollenpause verschafft haben, ist es vermutlich vorbei.
"Das ist schon dramatisch und hat sich massiv geändert. Eine Pollen-Saison war früher wirklich eine Saison. Jetzt können wir im Prinzip davon sprechen, dass die Pollen das ganze Jahr fliegen."
Univ.-Prof. Dr. med Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin, Universitätsklinikum Augsburg
Pollen verändern sich
Nicht nur, dass die Pollen sozusagen das ganze Jahr fliegen. Insgesamt sind es vier Faktoren, die die Pollensituation verschärfen:
- Pollen fliegen früher und länger ins Jahr hinein.
- Pollen werden durch Umweltschadstoffe wie Ozon, Feinstaub oder Stickoxide aggressiver und verursachen bei Allergikern heftigere Symptome.
- Es sind mehr Pollen in der Luft, ebenfalls hervorgerufen durch den Klimawandel.
- Neue Pollen kommen hinzu, wie die eingewanderte "Ambrosia artemisiifolia", eine neue, stark allergiefördernde Pflanze.
Tipp: Pollenmess-App "ePin"
Für viele Allergiker ist es wichtig, den tagesaktuellen Pollenflug zu kennen und danach zu planen. Diverse Messstationen in Deutschland zeichnen entsprechende Daten auf und stellen diese in Apps bereit.
Eine davon ist "ePIN – elektronischer Polleninformationsdienst", entwickelt vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Bayern. Acht Pollenmessstationen sollen über den tagesaktuellen Pollenflug informieren.
"Elektronische Pollenmonitore können feststellen, welche Art von Pollen aufgenommen werden und melden das alle drei Stunden direkt ans Rechenzentrum. Bei den manuellen Pollenfallen wird über längere Zeit gesammelt, und jemand muss das alles händisch auswerten. Dieser Prozess dauert dann in der Regel eine Woche."
Dr. med. Caroline Quartucci, Fachärztin für Arbeitsmedizin, Allergologin, LGL Bayern
Beteiligung an Studie "Apollo" möglich
Zusätzlich zu "ePin" ruft das LGL Bayern dazu auf, sich an der Studie "Apollo" zu beteiligen. Hier können Betroffene ihre Beschwerden in Pollen-Tagebüchern eintragen. Das LGL möchte so neue Erkenntnisse zum Pollentransport im Rahmen der Klimaforschung gewinnen.
Allergiker-Prognose 2050: 50 Prozent in Europa allergisch
Die Anzahl der Betroffenen Allergikerinnen und Allergiker in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv erhöht. So werden nicht nur bei Kindern sondern auch bei Erwachsenen Allergien neu diagnostiziert.
"Mitte des vergangenen Jahrhunderts hatten wir drei bis vier Prozent Allergiker. Heute sind es 40 Prozent in Deutschland. Die Europäische Akademie für Allergie und klinische Immunologie geht davon aus, dass im Jahr 2050 zirka 50 Prozent der Bevölkerung in Europa allergisch sein werden."
Univ.-Prof. Dr. med Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin, Universitätsklinikum Augsburg
Expertinnen und Experten sind sich einig, dass vor allem das Erreichen der Klimaziele – wie das 1,5-Grad-Ziel – dazu führen kann, die Pollensituation zu entschärfen.