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Hafer-, Soja-, Reis- und Mandeldrink statt Milch Wie gesund sind Pflanzendrinks?

Sie werben mit Slogans wie "frei von Laktose", "keine tierischen Fette", "glutenfrei". Aber was ist in den pflanzlichen Milchalternativen aus Hafer, Mandel, Reis und Soja eigentlich drin? Wie gesund sind sie?

Von: Isabel Hertweck-Stücken

Stand: 02.03.2020

Pflanzendrinks | Bild: Screenshot BR

Ersetzt die Hafermilch die tägliche Ration Hafermüsli oder Nüsse? Wie wichtig sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Pflanzendrinks für die gesunde Ernährung? Ist der Drink, der am besten schmeckt, auch ernährungsphysiologisch der wertvollste?

Nährstoffzusammensetzung

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass eiweißreiche Drinks, wie Sojadrinks, die gesündesten sind. In Hafer-, Reis- oder Mandelmilch ist dagegen kaum Eiweiß enthalten.

Ist das bedenklich, wenn man zum Beispiel viel Sport treibt? Nein, sagt Ernährungsexpertin Gisela Horlemann. Jeder ist über eine normale Ernährung ausreichend mit Eiweiß versorgt. Das gilt auch für Veganer und Sportler. Die einzige Ausnahme bilden Hochleistungssportler.

"Wenn ich mich rein pflanzlich ernähre, fehlt mir kein Eiweiß, vorausgesetzt ich esse viele Hülsenfrüchte, viele Getreideprodukte. Damit bin ich dann gut versorgt."

Gisela Horlemann, Dipl. Ökotrophologin, VerbraucherService Bayern im KDFB e.V.

Merke: Versorgung mit Eiweißen

Haferflocken und Vollkorngetreideprodukte sind eine gute Eiweißquelle in der pflanzlichen Ernährung. Haferdrinks können da nicht mithalten. Trotzdem muss man nicht unbedingt zum Sojadrink greifen: Mit Eiweiß sind wir gut versorgt.

Kalzium

Ersetzt man die Milch auf dem normalen Speiseplan durch Pflanzendrinks, muss man allerdings einen anderen Inhaltsstoff im Auge behalten: Kalzium. Ohne Milchprodukte kann es tatsächlich zu einem Kalzium-Mangel kommen.

"Auf das Kalzium muss ich deshalb schauen, weil es zum Aufbau der Knochen beiträgt. Und dieser Knochenaufbau ist ja gerade in jungen Jahren ganz wichtig. Aber auch später, wenn man älter ist. Man kann es relativ stabil halten, auch wenn man den Abbau nicht stoppen kann. Aber mit Kalzium schreitet er langsamer voran."

Gisela Horlemann, Dipl. Ökotrophologin, VerbraucherService Bayern im KDFB e.V.

Keine schlechte Idee sind also Pflanzendrinks mit zugesetztem Kalzium. Oder alternativ: Viel grünes Gemüse.

Merke: Kalzium in Lebensmitteln

In 100 g Grünkohl, 400 g Fenchel oder 400 g Brokkoli ist etwa so viel Kalzium wie in einem Glas Milch. Gute Kalziumlieferanten sind außerdem Sesamsamen, Trockenfrüchte oder Haselnüsse.

Inhaltsstoffe

Pflanzendrinks zehren vom gesunden Image ihrer Grundstoffe: Nüsse, Vollwertgetreide, Hülsenfrüchte. Aber: Sind sie ein gleichwertiger Ersatz?

"Pflanzendrinks sind gesund, aber sie sind nicht so gesund, wie die Grundstoffe, aus denen sie gemacht werden. Wenn man sich die Zutatenliste anschaut, muss man sich vorstellen, dass nur etwa zehn Prozent dieser Ausgangsstoffe im Pflanzendrink enthalten sind."

Gisela Horlemann, Dipl. Ökotrophologin, VerbraucherService Bayern im KDFB e.V.

Wieviel Hafer ist im Pflanzendrink?

Zehn Prozent Hafer: Wenn das auf der Packung steht, ist noch lange nicht klar, welche Inhaltsstoffe des Hafers es in die Tüte geschafft haben. Und welche als feste „Reststoffe“ übriggeblieben sind. Ebenfalls unklar: Wie der Herstellungsprozess die Inhaltsstoffe der Grundstoffe verändert – und wie das auf die menschliche Gesundheit wirkt. Wie viele Vitamine, Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe oder Fettsäuren genau in den fertigen Drink übergehen, bleibt Spekulation.

"Es gibt keine Studien, es gibt keine Zusammensetzungen, die Firmen geben dieses Geheimnis nicht wirklich preis. Und dass verhältnismäßig wenig drin ist, sieht man schon daran, dass das als Zutat wieder zugegeben wird. Es werden Ballaststoffe wieder zugegeben, es werden Vitamine zugegeben. Das müsste man alles nicht machen, wenn es original übernommen werden würde."

Gisela Horlemann, Dipl. Ökotrophologin, VerbraucherService Bayern im KDFB e.V.

Bei Pflanzendrinks aus dem Kühlregal wird ein Verarbeitungsschritt weggelassen, die sogenannte „Ultrahocherhitzung“. Welche Auswirkungen hat das auf die Inhaltsstoffe? Schwer zu sagen, denn: Noch nicht einmal bei der Milch sind sich die Ernährungswissenschaftler da ganz einig. Deshalb einfach die eigenen Geschmacksnerven entscheiden lassen.

Zusatzstoffe

„Bitte schütteln“. Manchmal steht das groß auf den Verpackungen. Das liegt daran, dass die meisten Hersteller auf Emulgatoren verzichten. Die enthaltenen Stabilisatoren sind meist unproblematische Ballaststoffe, so die Ernährungs-Expertin. Achten sollte man aber auf zugesetzten Zucker, auch bei Bioprodukten.

"Einige Biohersteller verwenden schon Süßungsmittel, allerdings keinen Haushaltszucker, sondern eher Rohrzucker oder vielleicht Agavendicksaft. Also Süßungsmittel, aber die wollen wir ja auch nicht haben. Sondern wir wollen ja darauf hinaus, dass wir möglichst selbst süßen. Und somit den Süßegrad selbst bestimmen können."

Gisela Horlemann, Dipl. Ökotrophologin, VerbraucherService Bayern im KDFB e.V.

Übrigens: Viele Drinks aus Getreide enthalten Zucker, auch wenn es sich nicht um „zugesetzten“ Zucker handelt. Das sind Zuckerarten, die beim Herstellungsprozess, der sogenannten „Fermentation“, entstanden sind. Sie machen den geschmacklichen Unterschied zur selbstgemachten Hafermilch aus.  Darum kommen die meisten Do-it-yourself Anleitungen nicht ohne einen kleinen Süßungszusatz aus.

Selbermachen?

Viel Arbeit: Hafermilch selbermachen

Hafermilch selber machen lohnt sich nicht. Das geschmackliche Ergebnis ist bestenfalls enttäuschend fad. Schlimmstenfalls erinnert es an die gefürchtete „Haferschleimsuppe“. Dazu kommt, dass die Rezepte zwar einfach klingen, aber verschweigen, dass irgendwer hinterher die ganzen Utensilien wieder wegräumen muss: den Mixer spülen, das Geschirr-oder Mulltuch von den schleimigen Überresten befreien, den klebrigen Rest entsorgen. In dieser Zeit hätte man sich eigentlich auch etwas richtig Gutes und dazu noch Gesundes kochen können.

Schadstoffe

Irgendwas ist immer: Nickel in Soja, Arsen im Reis, Schimmelgifte in Nüssen. Aber wie kann man sich schützen, ohne ständig die neuesten Alarm-Meldungen im Blick haben zu müssen?

"Sein Risiko kann man minimieren, indem man mal zu anderen Produkten greift, und auch den Anbieter hin und wieder wechselt. Dann kann man ziemlich sicher sein, dass man verschont bleibt vor irgendwelchen Schadstoffen."

Gisela Horlemann, Dipl. Ökotrophologin, VerbraucherService Bayern im KDFB e.V.

Fazit: Echte Mandeln, Haferflocken oder Sojabohnen ersetzen die Drinks wahrscheinlich nicht. Aber sie sind durchaus eine gute Milch-Alternative bei Unverträglichkeiten oder für die pflanzliche Ernährung.

Rezept-Tipp:

Zusätzliches Eiweiß brauchen wir zwar nicht, aber dennoch: so ein Löffelchen Proteinpulver nach dem Workout hat doch einen unvergleichlichen Placeboeffekt. Gerade dann, wenn man mal keine Zeit findet, sich ein gesundes Vollkorn-Sprossen-Sandwich mit Ei zuzubereiten.

Dann schmeckt z.B. ein Glas Mandelmilch (2-300 ml), im Mixbecher mit – gerne pflanzlichemEiweißpulver (Menge siehe Packungsangabe) geschüttelt, und mit einem EL Erdmandelpulver als gesundes Süßungsmittel – abgerundet.


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