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Die fette Gefahr Palmöl

Es ist der Super-Gau am Frühstückstisch: ein Croissant gefüllt mit Nussnougatcreme: Solch süßes Gebäck enthält nicht nur viel Zucker, sondern auch Palmöl. Das billige Fett ist ein Entzündungstreiber. Für Menschen die unter Rheuma oder anderen entzündlichen Krankheiten leiden, sollten mit Palmöl versetzte Produkte ein absolutes No-Go sein. Aber auch Nichtrheumatiker sollten aufpassen, denn Palmöl und die darin enthaltene Palmitinsäure wird mit einem deutlich erhöhten Sterberisiko assoziiert.

Author: Antje Maly-Samiralow

Published at: 3-4-2023

Ob Frühstücksmüsli, Margarine, Currywurst, Schokolade oder der Deutschen liebster Brotaufstrich: All diese Produkte enthalten Palmfett aus der Frucht der Ölpalme. Der Rohstoff ist billig. Das macht ihn so begehrt für die Lebensmittelindustrie. Doch der Preis ist hoch: für die Umwelt der Anbauländer und für die Gesundheit. Denn im Palmöl steckt viel Palmitinsäure und die steht im Ruf krank zu machen, zumindest in hoher Konzentration, sagt der Ernährungsmediziner Matthias Riedl:

Dr. Matthias Riedl ist Diabetologe, Ernährungsmediziner und Ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg | Bild: Medicum Hamburg

"Dieses Croissant mit Schokofüllung ist tatsächlich der Supergau schlechthin besonders für Rheumatiker und Menschen mit entzündlichen Erkrankungen.Die Mischung aus viel Zucker und der Palmitinsäure ist Entzündungsbooster schlechthin und das gehört ganz bestimmt nicht auf den Teller."

- Dr. Matthias Riedl, Internist, Ernährungsmediziner und Diabetologe am Medicum Hamburg

Bärbel Urbrock hat Entzündungen, auch wegen ihrer Ernährung. Ihr war klar, dass das so nicht weitergeht. Deshalb lässt sie bei Matthias Riedl eine Fettstoffanalyse machen. Der Omega-3-Index zeigt auf, wie hoch der Anteil entzündungshemmender Omega-3-Fettsäuren ist und wie hoch der Anteil ungünstiger Fettsäuren wie Palmitinsäure.

"Ich habe viel mit Fertigprodukten Bequemlichkeit und auch Zeitmangel überbrück, indem ich einfach in den Supermarkt gegangen bin und irgend etwas geholt habe, ohne groß darüber nachzudenken, einfach nur weil es schmeckt und reizvoll ist, schnell fertig zu werden."

- Bärbel Urbrock, Patientin

Als gesichert gilt, dass zu viel Palmitinsäure Entzündungen triggert. Zu diesem Schluss kam auch Ulrike Schulze-Späte von der Uniklinikum Jena. Dort beforscht die Zahnmedizinerin den Einfluss der Fettsäure auf Parodontose.

"Da gibt es interessanterweise schon verschiedene Ergebnisse, insbesondere aus sogenannten epidemiologischen Studien, das sind Studien, die sich anschauen, wie sich Krankheitsgeschehen über die Jahre hinweg entwickeln. Unter anderem konnte da gezeigt werden, dass Patienten, die eine sogenannte proinflammatorische Ernährung zu sich nehmen, also sogenannte westliche Ernährung, gekennzeichnet durch die Palmitinsäure, mehr Zahnverlust über den Zeitraum von 5 Jahren aufwiesen. Und gleichzeitig in einer anderen Studie konnte gezeigt werden, dass insbesondere Palmitinsäure selbst mit einer Verstärkung der Taschentiefe einhergeht, also Taschentiefe ist für uns der klinische Marker, wie schwer eine parodontale Erkrankung ist."

- Dr. Ulrike Schulze-Späte, Zahnärztin in Jena

Das zeigen auch Ulrike Schulze-Spätes Studiendaten.

"Interessanterweise konnten wir feststellen, dass die Palmitinsäurehaltige Ernährung zu verstärktem Knochenverlust geführt hat, was natürlich für uns ein alarmierendes Ergebnis war, denn letztendlich ist das eine Verstärkung von Krankheitsprozessen."

- Dr. Ulrike Schulze-Späte, Zahnärztin in Jena

Doch Palmitinsäure fördert nicht nur Parodontitis, sondern steht auch im Verdacht, dass Sterberisiko zu erhöhen. Die Bedeutung dieser gesättigten Fettsäure für die menschliche Gesundheit ist ein noch junges Forschungsgebiet. Prof. Clemens von Schacky ist einer der wenigen Wissenschaftler, die dieser Frage nachgehen.

"Also wir waren die ersten, die nachgeschaut haben, inwieweit denn die Palmitinsäure mit der Lebenserwartung zusammenhängt und haben festgestellt, dass erhöhte Spiegel der Palmitinsäure tatsächlich mit einer eingeschränkten Lebenserwartung einhergehen. Wir waren sehr verwundert, dass die Palmitinsäure die einzige gesättigte Fettsäure ist, auf die das zutrifft."

- Prof. Clemens von Schacky, Kardiologe in München

Wir haben Prof. von Schacky gebeten, Bärbel Urbrocks Palmetinsäure-Wert einzuordnen:

"Das ist ein Wert, der unterhalb dem Grenzwert liegt, der mit einer eingeschränkten Lebenserwartung einhergeht ist also unserer gegenwärtigen Auffassung nach unbedenklich."

- Prof. Clemens von Schacky, Kardiologe in München

Doch Palmitinsäure steckt nicht nur in Palmölprodukten, sondern auch in natürlichen Lebensmitteln wie Butter, fettem Fleisch oder Kakaobutter. Der größte Teil wird vom Körper selbst produziert, aus gutem Grund.

"Palmitinsäure brauchen wir für vielerlei Dinge im Körper, z.B. um die Lungenbläschchen auszukleiden. Es kann aber auch des Guten zu viel werden. Die Palmitinsäure wird im Übermaß produziert, wenn der Körper zuviel Kalorien zu sich nimmt. Unabhängig von der Kalorienquelle, seien es Kohlenhydrate, seien es Fette, seien es Proteine, entsteht zu viel Palmitinsäure, wird im Fettgewebe abgelagert."

- Prof. Clemens von Schacky, Kardiologe in München

Für übergewichtige Menschen heißt das, langsam abnehmen und das Gewicht möglichst halten, um hohe Palmitinsäurespiegel zu vermeiden.Bärbel Urbrock hat innerhalb eines Jahres über 20 kg abgenommen und das zeigt schon Wirkung.

"Die Schmerzen sind fast weg. Ich merke manchmal, wenn ich mich nicht so genau dran halte, reagiert mein Körper spontan und schnell, und ich nehme es aber wahr, das war früher nicht so. Also meine eigene Körperwahrnehmung ist besser geworden, meine Schmerzen sind fast weg, die Entzündungswerte im Blut sind weg, ich kann Medikamente einsparen. Also mir hat das richtig gut geholfen."

- Bärbel Urbrock, Patientin

Auf palmölhaltige Fertiggerichte und Süßigkeiten, die besonders entzündungstreibend sind, verzichtet sie komplett und kocht stattdessen mit frischen Zutaten: Gemüse, Nüsse, Omega-3-haltige Öle, Obst und andere Lebensmittel, die antientzündlich wirken. So isst sie sich gesund.


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