Handy am Steuer Tippen bis zum Unfall
Es ist lebensgefährlich, während man im Auto am Steuer sitzt, schnell eine Nachricht zu schreiben, Mails zu checken, zu surfen oder zu telefonieren. Doch jeder 16. Autofahrer hat während der Fahrt sein Smartphone in der Hand. Die Folge können schwere Verletzungen sein.
Es geht um eine ständige Gefahr auf unseren Straßen: Handys am Steuer. Seit Jahren werden mit etlichen Kampagnen vor allem jüngere Autofahrer gewarnt. Auch die Politik schaltet sich ein. Und trotzdem sind schwere Verkehrsunfälle Alltag in den Kliniken.
Jeder 16. Autofahrer ist ein Handysünder
Gesundheit! begleitet Michael Haberland und Nadine Nirzwicki auf der Jagd nach Handysündern in München. Der Verein Mobil in Deutschland hat gerade eine große Verkehrszählung zum Thema „Handy am Steuer“ gemacht und dabei 50.000 Fahrzeuge in verschiedenen Verkehrssituationen beobachtet. Das Ergebnis ist erschreckend.
Zusätzlich zur Verkehrszählung betreibt der Verein eine Aufklärungskampagne mit TV-Spots. Denn offensichtlich reichen Strafen und Bußgelder nicht aus. Wer mit dem Handy am Steuer erwischt wird, dem drohen 100 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Neben Telefonieren ohne Freisprechanlage sind auch Nachrichtenschreiben, Apps bedienen und Navigieren am Handy während der Fahrt verboten. Ein wichtiger Teil der Kampagne sind auch Statements von Unfallopfern, wie Michaela aus München. Michael Haberland berichtet von ihrem Fall.
"Ihr kam ein BMW-Fahrer entgegen, abgelenkt durch sein Smartphone, und ist in sie reingefahren. Das geht dann schon nahe, wenn man solche Geschichten hört, weil es mittlerweile alltäglich ist in Deutschland und immer mehr passiert."
Dr. Michael Haberland, Mobil in Deutschland e.V.
Neue US-Studie: Problemgeneration Millenials
Eine große Studie aus den USA hat aktuell ergeben, dass vor allem junge Eltern, die selbst mit Smartphones aufgewachsen sind, Handysünder werden - die sogenannte Millennial-Generation.
Am Klinikum rechts der Isar erleben Ärzte wie Professor Stefan Huber-Wagner hautnah die Konsequenzen von Ablenkung im Straßenverkehr: Autounfälle. Gesundheit! darf den Unfallchirurgen in den OP begleiten. Es steht eine Wirbelsäulenfraktur an, eine häufige Verletzung bei Verkehrsunfällen – neben vielen anderen.
"Viele Unfallopfer haben ein Schädel-Hirntrauma, Thorax- also Brustkorbverletzungen, Brüche erleben wir an praktisch allen Knochen, Arme, Becken, Beine, Wirbelsäule. Autounfälle sind sozusagen unser tägliches Brot in der Unfallchirurgie."
Prof. Dr. med. Stefan Huber-Wagner, Unfallchirurg, Klinikum rechts der Isar, München
Die Operationen sind oft kompliziert, die Verletzungen langwierig. Prof. Huber Wagner kennt selber die Versuchung, wenn das Handy im Auto klingelt.
"Telefonieren, SMS schreiben, das mache ich nicht am Steuer, das ist mir zu gefährlich. Insbesondere weil ich sehe, was passieren kann. Man erlebt in seinem unfallchirurgischen Leben sehr viele wirklich schlimme Schicksale, die einen betroffen machen."
Prof. Dr. med. Stefan Huber-Wagner, Unfallchirurg, Klinikum rechts der Isar, München
Testfahrt mit dem ADAC
Wie gefährlich schon ein, zwei Sekunden Unachtsamkeit sind, lassen wir uns auf der ADAC-Trainingsstrecke in Kempten von Verkehrssicherheitsexperten Alexander Kreipl vorführen.
"Wir werden jetzt versuchen, hier im gesicherten Raum zu demonstrieren, was passiert, wenn man während der Fahrt abgelenkt ist."
Alexander Kreipl, Verkehrsexperte, ADAC Südbayern
Mit Tempo 50 wie im Stadtverkehr soll der Testfahrer genau eine Sekunde Ablenkung simulieren und verspätet bremsen. Alexander Kreipl stoppt die Zeit. Ein gelbes Hütchen symbolisiert eine Person, die auf die Straße läuft. Der Test zeigt: Der Bremsweg verlängert sich erheblich schon durch minimale Verzögerungen.
"Das waren 15 Meter Blindflug. Es kann immer sein, dass ein Kind auf die Straße läuft. Da hat man bei 15 Meter Blindflug keine Chance mehr, den Unfall zu vermeiden und das Unfallopfer hat vor allem keine Chance, ungeschoren davonzukommen. Es wird meistens sogar lebensbedrohliche Verletzungen geben."
Alexander Kreipl, Verkehrsexperte, ADAC Südbayern
Forschung in Ingolstadt
An der TH Ingolstadt forscht Prof. Andreas Riener am Thema Ablenkung beim Fahren. Für seine Studien kommt ein Fahrsimulator zum Einsatz.
Hier wird auch schon an Lösungen geforscht, wenn Autos in der Zukunft autonom fahren. Dann könnten Handy oder Tablet bei Gefahr selbst zum Lenkrad werden.
Bis es soweit ist, bleibt nur eine Lösung: beim Autofahren Hände weg vom Handy!