Die eigenen vier Wände Gesund Bauen und Wohnen
Feuchte Häuser und Wohnungen, Schimmel, giftige Anstriche – gesundes Wohnen sieht anders aus. Das haben viele Bauherren erkannt und versuchen mit baubiologischen Konzepten und Mitteln gegenzusteuern. "Gesundheit!"-Reporter Fero Andersen hat Familien besucht, die gerade bauen oder sanieren und hat herausgefunden, dass biologisches Bauen gar nicht viel teurer ist als konventionelles Bauen.
"Wenn man bedenkt, dass wir zwei Drittel unseres Lebens in Innenräumen verbringen, dann ist es sinnvoll, dass diese ökologisch gebaut werden und ein gesundes Raumklima besteht. Wie man das erreicht, das will ich heute herausfinden, zum Beispiel, in dem man die Wände mit Lehm verputzt."
Gesundheit!-Reporter Fero Andersen
Fero ist als Aushilfsarbeiter in Mittelfranken unterwegs. Hier entsteht ein Einfamilienhaus aus schadstofffreien Materialien. Corinna und Martin Dinkel ziehen dort bald ein. Dass es ein wohngesundes Heim wird, darum kümmert sich Baubiologe Ulrich Bauer. Bauherrin Corinna Dinkel war es wichtig, ökologisch zu bauen:
Lehm und Wandheizung sorgen für ein gutes Raumklima
Lehm hat viele Fähigkeiten, die ein gutes Raumklima herstellen. Das Wichtigste ist die Sorptionsfähigkeit, die Feuchtigkeitsaufnahme vom Lehm. In der Heizperiode gibt er die Feuchtigkeit wieder ab, wodurch eine gleichmäßige Feuchtigkeitsverteilung entsteht. Wenn zu viel Feuchtigkeit im Raum besteht, nimmt er diese auf, ist also ein automatischer Schimmelschutz. Lehm schützt so nicht nur die Bausubstanz, sondern vor allem die Bewohner.
Im ökologischen Neubau von Familie Dinkel steckt die Heizung in den Wänden – als Wandheizung. Das Besondere daran: Sie ist eine Strahlungsheizung wie die Fußbodenheizung auch, aber die Fußbodenheizung strahlt nur die Füße an – eine relativ kleine Fläche. Bei der Wandheizung wird die gesamte Silhouette angestrahlt. Ein weiterer Vorteil: Es gibt keine Luftaufwirbelung, somit ist sie besonders für Allergiker geeignet.
"Der Traum wäre eigentlich gewesen, einen Kachelofen mitten im Raum zu haben. Der hätte diesen Raum viel zu warm gemacht. Das wäre energetisch ziemlich überflüssig gewesen. Und von dem her war die Alternative der Strahlungswärme über die Wände, das stelle ich mir sehr gemütlich vor, wenn es mal läuft."
Martin Dinkel, Bauherr
Fero entdeckt an jeder Ecke im Haus etwas Neues, zum Beispiel Schilfrohr. Was es damit auf sich hat:
Atmen statt ausdünsten, lautet hier die Devise. Besonders wenn Kinder im Haus wohnen, haben Schadstoffe im Wohnumfeld nichts zu suchen. Die Kleinen nehmen in der gleichen Umgebung wesentlich mehr davon auf als Erwachsene. Ernste gesundheitliche Probleme können Folge sein.
Die richtige Dämmung
Die Thermojute ist ein nachwachsender Rohstoff zum Dämmen, zum Beispiel für den Dachboden. Baubiologe Ulrich Bauer ist überzeugt von diesem Baustoff: "Sie haben häufig auch noch bessere Qualitäten, denn sie können Feuchtigkeit aufnehmen und Feuchtigkeit abgeben, ohne ihren Dämmwert zu verlieren, das können die Konventionellen oft nicht."
Auch Hanf ist neben Jute ein schadstofffreier, mineralischer Dämmstoff. Beide gewährleisten außerdem einen guten Hitze- und Kälteschutz. Wird konventionelle Steinwolle eingeatmet, kann sie das Zellgewebe der Lunge schädigen.
Kosten für ökologisches Bauen
Ulrich Bauer ist Baubiologe und Architekt. Dirk Dittmar, Kollege von Herrn Bauer, tüftelt gerade an einem schadstofffreien Hauskonzept, in dem die Bewohner keine Kopfschmerzen oder Hautausschläge bekommen sollen. Ein Luxus?
"Nein, das muss überhaupt nicht teurer sein. Eine Möglichkeit ist einfacher zu bauen, einfachere Lösungen zu finden, die kosten weniger Geld. Häufiger Wunsch: ein Kinderbad. Und wenn ich das weglasse, dann habe ich das Budget zur Verfügung mit Naturbaustoffen zu bauen, gutes Raumklima zu kriegen und da habe ich viel mehr davon als ein Kinderbad, das ich wenige Minuten am Tag benutze, zu dem Wohnzimmer, in dem ich den ganzen Tag mit meinen Kindern bin."
Ulrich Bauer, Baubiologe und Architekt
Die Palette der nachhaltigen Baumaterialien wird immer größer. Von Trockenbaustoffen über Naturfarben bis hin zu den Bodenbelägen – es gibt mittlerweile alles. Doch ökologisch bauen heißt nicht gleich gesund bauen: "Das glauben viele Bauherren und Bauherrinnen, die machen da schon vieles Gutes und Gesundes, bloß, weil sie zu Holz greifen – aber Holz ist nicht gleich Holz", bestätigt Ulrich Bauer.
"Die Industrie veredelt Holz und packt dem Holz Klebstoff dazu. Klebstoff ist oft aus der Petrochemie und hat Emissionen. Holz hat auch selber Emissionen und dann werden diese unter Umständen mehr. Wenn Sie sich nicht auskennen, kennen Sie den Unterschied nicht."
Ulrich Bauer, Baubiologe und Architekt
Aus Alt mach Neu: Sanierung statt Neubau
Nach so viel Theorie besucht Fero eine Familie in Mittelfranken, die seit April 2021 baubiologisch lebt. Um keine neuen Flächen zu versiegeln, haben sich Christoph und Franziska Wurzinger für eine Sanierung entschieden.
Die Hülle ist geblieben, sonst ist fast alles neu: Lärchenholz als Fassadenschalung, abgehängte Decken und eine neue Raumnutzung – alles nach den Bedürfnissen der Familie. Das Thema Nachhaltigkeit war für sie schon immer sehr wichtig. Die Konsequenz: so viele natürliche Baustoffe wie möglich verwenden, auch damit Baby Felix in einer gesunden Umgebung leben und aufwachsen kann.
Wer sich einer Sanierung nähert, muss zuerst prüfen, was an Schadstoffen vorhanden ist. Daher hat die Familie von den Hölzern Proben entnommen. Das Ergebnis: Sie enthielten kein Holzschutzmittel, deshalb konnten sie erhalten bleiben. Die Wände sind mit Lehm verputzt, die Wandfarbe ist reine Kalkfarbe. Die Fußböden sind geölt, oben eine Naturharzfarbe an der Decke. Emissionsfrei. Die kleine Familie hat sich mithilfe des Experten einen Traum vom nachhaltigen und ökologischen Wohnen erfüllt.