Darmkrebs-Operation Gefährlicher Darmkrebs: Wie er operiert werden kann
Darmkrebs zählt zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland und kann unbehandelt lebensgefährlich sein. Mit einer Operation kann der Darmtumor entfernt werden. Das geschieht immer öfter minimal-invasiv und roboter-assistiert.
Früh am Morgen im Krankenhaus Barmherzige Brüder in München: Eine 87-jährige Dame liegt in ihrem Stationsbett und wartet darauf, von einem Pfleger abgeholt zu werden. Denn die Frau wird gleich operiert – vor kurzem wurde bei einer Darmspiegelung ein Tumor an ihrem Dickdarm entdeckt, nachdem die 87-Jährige wochenlang über Bauchschmerzen und Durchfall geklagt hatte. Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland, jährlich erkranken hierzulande bis zu 65.000 Menschen an Dickdarm- oder Mastdarmkrebs. Der Dünndarm ist nur sehr selten betroffen.
Minimal-invasive Operation: Patienten erholen sich schneller
In Deutschland wird Darmkrebs sowohl mit der offenen Chirurgie, aber auch minimal-invasiv operiert. Beide Methoden sind effektiv und würden Tumore gut entfernen, sagt Chefarzt und Chirurg Johann Spatz vom Klinikum Barmherzige Brüder in München. Doch er bevorzugt die laparaskopische Methode, also die minimal-invasive:
"Sie ist seit vielen Jahren eine etablierte Methode. Und die bietet vor allem eine deutlich schnellere Erholung für die Patienten. Sie haben weniger Schmerzen, sie können schneller wieder mobilisiert werden. Und auch die Darmaktivität setzt meist früher wieder ein."
PD Dr. med. Johann Spatz, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Barmherzige Brüder München
Der Chefarzt operiert deswegen auch die 87-jährige Dame minimal-invasiv. Zusammen mit einer Assistenzärztin bläst der Chirurg dazu den Bauchraum der narkotisierten Frau mit CO2 auf, um Platz für die Operation zu schaffen. Über vier kleinere Schnitte in der Bauchdecke führen die Ärzte spezielle Operations-Instrumente und eine Kamera in den Bauch ein. Die Kamera biete einen Vergrößerungseffekt und zudem eine gute Ausleuchtung. „Wir sind immer exakt dort, wo wir hingucken wollen. Und können das ganz sicher operieren“, erklärt Johann Spatz.
Tumor und Lymphknoten werden entfernt
Die Chirurgen lösen den vom Tumor betroffenen Dickdarmteil vom Bauchfell ab und holen ihn aus dem Bauch. Der Chirurg kann dort den etwa walnussgroßen Tumor ertasten. Sicherheitshalber entfernen die Ärzte mehrere Zentimeter Dünndarm und Dickdarm rund um den Tumor sowie Lymphbahnen- und knoten – denn diese könnten auch vom Krebs befallen sein.
Die Untersuchung in der Pathologie zeigt: Ein Lymphknoten ist tatsächlich befallen. Die 87-Jährige muss sich also entscheiden, ob sie noch eine Chemo-Therapie machen möchte. Die Operation hat sie gut überstanden, die Chirurgen haben problemlos die Darmenden wieder miteinander verbunden und die Bauchdecke zugenäht.
Roboter-Assistent hilft bei Darmkrebs-Operation
In aller Regel erholen sich die Patientinnen und Patienten schnell von der minimal-invasiven Operation. So ist es auch bei Hans-Jürgen Mühlhauser. Seine Mastdarmkrebs-Operation an der München Klinik in Bogenhausen ist knapp eine Woche her. Schon am ersten Tag durfte er aufstehen, seither macht er täglich Spaziergänge über die Station. Der 51-Jährige wurde minimal-invasiv operiert – doch mit einer Besonderheit. Denn an der München Klinik arbeiten die Ärzte mit dem „Da Vinci“.
Dieser Roboter-Assistent verfügt über vier Arme. Chirurgen wie Ayman Agha können sie punktgenau von einer Konsole aus steuern, zum einen mit den Händen, aber auch mit den Füßen.
Mit dem „Da Vinci“ soll auch eine 60-jährige Patientin aus Erding mit Mastdarmkrebs operiert werden. Sie möchte lieber anonym bleiben. Vorab hat eine Chemotherapie schon die Metastasen in der Leber zerstört, nun folgt mit der Darm-Operation der hoffentlich finale Schritt. „Für mich ist das eine große Operation. Ich bin etwas unsicher, aber ich fühle mich gut aufgehoben. Ich hoffe, dass es danach dann vorbei ist“, sagt die 60-Jährige. Für sie war die Diagnose Darmkrebs „niederschmetternd. Das hat mir schon erst mal den Boden unter den Füßen weggerissen.“
Am Tag vor der Operation darf die Patientin nichts essen, muss auch Abführmittel nehmen, damit der Darm leer und sauber ist. Zusammen mit einem Assistenzarzt und dem Roboter-Assistenten „Da Vinci“ entfernt Chirurg Ayman Agha tags drauf den Tumor. Kamera und Instrumente steuert er mit den vier Roboter-Armen. Über die Kamera hat Agha an der großen Konsole, die ein paar Meter entfernt vom OP-Tisch steht, ein 3D-Bild direkt vor Augen.
Mit Hilfe von „Da Vinci“ löst der Chirurg den Darm aus seiner Verankerung, so können Tumor und umliegende Lymphknoten dann außerhalb des Körpers abgeschnitten werden. Nach 2,5 Stunden ist der Eingriff am Mastdarm erfolgreich beendet, die Patientin hat alles gut überstanden. Ein Stoma, also einen künstlichen Darmausgang, braucht sie nicht.
Anders als Hans-Jürgen Mühlhauser: Er hat vorübergehend ein Stoma, sodass die Operationsnaht heilen kann. „Es ist gewöhnungsbedürftig. Am Anfang habe ich mir gedacht: Oh Gott, Stoma. Aber man muss damit jetzt umgehen.“ In vier bis fünf Wochen wird das Stoma mit einer weiteren Operation wieder entfernt. Fürs Erste hat es Hans-Jürgen Mühlhauser aber geschafft – er darf sechs Tage nach der Darmkrebs-Operation wieder nach Hause gehen.
Minimal-invasive Operation nicht immer möglich
Jeder Patient und jede Patientin ist individuell, darum ist die Operation immer genau auf den- oder diejenigen abgestimmt. Das bedeutet auch, dass eine minimal-invasive Methode nicht immer in Frage kommt. So etwa oft bei Patienten, die am Bauch schon voroperiert sind, sagt Prof. Ayman Agha. Bei diesen Menschen gebe es Verwachsungen im Bauchraum. Auch bei Patienten, die einen Bauchfell-Befall haben, sei eine offene Chirurgie meist die bessere Wahl.
„Eine extreme innere Fettleibigkeit macht es beispielsweise auch sehr schwierig, da kommt die Laparoskopie an ihre Grenzen“, ergänzt Chirurg Johann Spatz von den Barmherzigen Brüdern. Denn das Fett erschwere die Sichtverhältnisse im Bauchraum. Auch bei einem sehr fortgeschrittenen Tumor, bei dem Nachbar -Organstrukturen mitgenommen wird, muss unter Umständen offen operiert werden.
Vorsorge ist wichtig, um Darmkrebs zu verhindern
Das mittlere Erkrankungsalter bei Darmkrebs liegt um das 70. Lebensjahr herum, doch bereits ab 50 Jahren tritt Darmkrebs vermehrt auf – deswegen wird ab diesem Alter eine regelmäßige Vorsorgeuntersuchung empfohlen. Auch Chirurg Johann Spatz rät dringend zur Vorsorge, denn das Hinterhältige an Darmkrebs sei, dass viele Patienten oft gar keine Symptome wie Blut im Stuhl haben.
"Vorsorge ist sehr wichtig, weil so in den allermeisten Fällen erstmal harmlose Polypen gefunden werden. Polypen können aber entarten, wenn sie lange genug wachsen. Und diese Vorstufen zu entfernen ist an sich der Trick bei der Vorsorge, weil sich logischerweise dann gar kein Krebs entwickeln kann."
PD Dr. med. Johann Spatz, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Barmherzige Brüder München
Je später ein Tumor entdeckt wird, umso mehr Zeit hat er auch, zu streuen. Die Leber ist oft das erste Organ, das betroffen ist.