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Arzneipflanze 2022: Mönchspfeffer Wie Mönchspfeffer bei Frauenbeschwerden hilft

Mönchspfeffer ist Arzneipflanze des Jahres 2022: Die Gynäkologin Dr. Anja Engelsing verschreibt sie beim prämenstruellen Syndrom und auch bei Wechseljahresbeschwerden. Prof. Robert Fürst erforscht die Heilpflanze. Wie und wann kann Mönchspfeffer helfen?

Von: Agnieszka Schneider

Stand: 15.04.2022

Mönchspfeffer, auch Keuschlamm genannt, kommt im Mittelmeerraum, Zentralasien und Indien vor. Seit 2006 ist er im Europäischen Arzneibuch aufgeführt. Aus den Früchten werden Extrakte, Dragees und Tinkturen hergestellt.

Mönchspfeffer: Bei welchen Problemen kann die Arzneipflanze helfen?  

Seit ihrer Pubertät leidet die 23-jährige Eva-Maria Dillitz am prämenstruellen Syndrom, kurz PMS. Gegen die Beschwerden nimmt sie Mönchspfeffer und berät auch andere Betroffene im Netz. Erst durch die Einnahme von Mönchspfeffer hat sie die Schmerzen in den Griff bekommen. Doch die Unterbauchschmerzen treten bei ihr nicht nur vor der Regel auf: Bei ihr wurde Endometriose diagnostiziert. Eva-Maria Dillitz setzte zu Beginn der Therapie auf Filmtabletten mit genauer Dosierung. Heute kommt Mönchspfeffer bei ihr überall im Alltag zum Einsatz, zum Beispiel auch als Gewürzmischung.

"Ich hatte oft schon ein paar Tage vorher so ein Ziehen im Unterleib, dann ganz stark dieses Brustspannen und auch zum Teil Kopfschmerzen. Dann habe ich eben meine Ernährung verändert, habe Heilkräuter in meinen Alltag integriert. Und heute lebe ich eben deswegen weitgehend beschwerdefrei."

Eva-Maria Dillitz, Bloggerin und Zykluscoach, Adelzhausen

Seit über 20 Jahren schreibt Dr. Anja Maria Engelsing über Heilpflanzen. In ihrer Praxis behandelt die Gynäkologin ihre Patientinnen nach einem ganzheitlichen Konzept. Mönchspfeffer ist für sie die Nummer Eins bei der Regulation von Zyklus-Beschwerden, die nach dem Eisprung entstehen.  

"Wenn es ein Ungleichgewicht gibt zwischen dem Östrogenen und dem Progesteron, wenn es ein sogenanntes Progesterondefizit gibt, also relativ zu wenig Progesteron, dann kommen diese ganzen Beschwerden der zweiten Zyklushälfte und das PMS und es kommt eben auch zu Verschiebungen in der Zykluslänge. Und genau da ist der Mönchspfeffer so wichtig."

Dr. med. Anja Maria Engelsing, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilde, Bad Feilnbach

Die Ärztin empfiehlt die Pflanze auch, wenn Frauen schwanger werden wollen und unter Zyklusschwankungen leiden. Am häufigsten verschreibt Dr. Engelsing den Mönchspfeffer Patientinnen mit PMS.  So auch der 22-jährigen Lara-Sophie Schachner.

"Es hat schon eine Weile gedauert, bis sich mein Organismus darauf eingestellt hat. Nach zwei Monaten habe ich gemerkt, dass es mir auf jeden Fall besser geht. Ich habe noch leichte Krämpfe im Unterbauch. Aber die sind nicht ansatzweise vergleichbar mit den Schmerzen von früher."

Lara-Sophie Schachner

Was macht Mönchspfeffer zur wirksamen Arzneipflanze?  

Die Wirkung der Pflanze geht vorrangig auf bestimmte Inhaltsstoffe zurück: Diterpene, Iridoidglykoside und Flavonoide. Das sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe.
An der Goethe Universität in Frankfurt am Main erforscht der Pharmazeutische Biologe Prof. Robert Fürst die Pflanze. Er weiß, dass bestimmte Inhaltsstoffe des Mönchspfeffers wie das menschliche Hormon Dopamin wirken, was wiederum die positive Wirkung beim prämenstruellen Syndrom erklären könnte.

"Bestimmte Inhaltsstoffe wirken ähnlich wie Dopamin und können einen Dopaminrezeptor dann quasi anschalten. Und über dieses Anschalten des Dopaminrezeptors wird dann ein Hormon gehemmt. Man macht einen fettliebenden Inhaltsstoff dafür verantwortlich: Rotundi Furan. Er gehört zur Klasse der Diterpene. Er wurde zumindest in Zellkultur-Experimenten als möglicher Verantwortlicher für diese Effekte beschrieben."

Prof. Dr. rer. nat. Robert Fürst, Approbierter Apotheker, Pharmazeutische Biologie, Goethe-Universität, Frankfurt 

Mönchspeffer: wissenschaftlich belegte Wirkung?

Prof. Robert Fürst forscht zu Mönchspfeffer-Extrakten, die als Arzneistoffe verwendet werden. Die Wirksamkeit wurde bereits bei unterschiedlichen Anwendungsgebieten getestet. 

"Die Studienlage für Mönchspfefferfrüchte ist wirklich relativ gut, muss man sagen. Man kann das auch daran sehen, dass unsere europäische Zulassungsbehörde, die EMA, den sogenannten Well-established use vergeben hat, also den anerkannten medizinischen Nutzen letztendlich. Und da gibt es tatsächlich einige größere klinische Studien, die gezeigt haben, dass die Symptome des prämenstruellen Syndroms gut gelindert werden können."

Prof. Dr. rer. nat. Robert Fürst, Approbierter Apotheker, Pharmazeutische Biologie, Goethe-Universität, Frankfurt 

Bei Mastodynie, dem schmerzhaften Brustspannen, wurden in kleineren Studien Hinweise auf eine positive Auswirkung des Mönchspfeffers gefunden. In Zellkulturexperimenten wurde an der Universität in Frankfurt der Zusammenhang des Mönchspfefferextraktes auf die Hemmung der Blutgefäßneubildung genauer unter die Lupe genommen.

"Im Rahmen des prämenstruellen Syndroms geht man davon aus, dass eine Störung der Gefäßneubildung mit den Symptomen zusammenhängt, die wichtig ist für den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Und wir haben nachgewiesen, dass diese Blutgefäß-Neubildung unterdrückt werden kann."

Prof. Dr. rer. nat. Robert Fürst, Approbierter Apotheker, Pharmazeutische Biologie, Goethe-Universität, Frankfurt 

Mönchspfeffer: Gibt es unerwünschte Nebenwirkungen?  

Die Gynäkologin Dr. Anja Maria Engelsing  warnt, Schwangere sollten auf keinen Fall Mönchspfeffer einnehmen. Das gilt auch bei allen gynäkologischen Krebserkrankungen. In puncto Brustkrebsrisiko haben die bisherigen klinischen Studien keine Ergebnisse geliefert.

"Aus theoretischen Erwägungen ist man vorsichtig bei Brustkrebspatientinnen, die hormonell abhängige Tumore haben. Weil man weiß auch wieder aus Zellkultur-Experimenten, dass am Östrogenrezeptor wohl eine Interaktion stattfindet, die Inhaltsstoffe wahrscheinlich mit dem Östrogenrezeptor in Wechselwirkung treten. Aus Sicherheitserwägungen sagt man deshalb, bei Patientinnen, die hormonabhängigen Brustkrebs haben, sollte das nicht angewendet werden."

Prof. Dr. rer. nat. habil. Robert Fürst, Approbierter Apotheker, Pharmazeutische Biologie, Goethe-Universität, Frankfurt 

Bei Mönchspfefferfrüchten sollte man, so Professor Fürst weiter, außerdem wegen einer möglichen Kombination mit anderen Arzneimitteln aufpassen, besonders solchen, die mit dem Dopaminsystem interagieren.

"Da gibt es auf der einen Seite Parkinsonmedikamente, auf der anderen Seite gibt es die sogenannten Psychopharmaka. Hier muss man den Arzt oder den Apotheker fragen, ob es möglicherweise zu Wechselwirkungen kommen kann.
Generell sind Arzneimittel mit Mönchspfeffer recht gut verträglich. Es kann manchmal zu gastrointestinalen Nebenwirkungen kommen, also Magen-Darm-Beschwerden. Auch über Kopfschmerzen wird ganz vereinzelt berichtet. Es kann auch zu allergischen Reaktionen kommen, letztendlich allergische Reaktionen auf Pflanzeninhaltsstoffe. Aber das sind sehr seltene Ereignisse. Allerdings sollte Mönchspfeffer nicht in der Stillzeit und auch nicht bei jungen Mädchen unter 18 Jahren angewendet werden."

Prof. Dr. rer. nat. Robert Fürst, Approbierter Apotheker, Pharmazeutische Biologie, Goethe-Universität, Frankfurt 

Fazit: Mönchspfeffer ist wirksame Medizinpflanze

Mönchspfeffer gehört zu den wirksamen, pflanzlichen Arzneimitteln, den Phytopharmaka. In Studien untersucht werden dafür immer Extrakte, die nur in Apotheken erhältlich sind, also keine Tees oder Nahrungsergänzungsmittel. Die Studien liefern aussagekräftige Daten, vor allem beim PMS-Syndrom. Die wirksamen Inhaltsstoffe sind bekannt. Für ihre Anwendung gibt es klare Regeln. Doch es gibt auch Risiken: Nicht jede Frau darf Mönchspfeffer-Präparate einnehmen. Die Anwendung sollte immer mit den behandelnden Ärzten oder Apothekern abgesprochen werden.     


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