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Ukraine Nach Kiew der Liebe wegen

Das sind Katya und Vassily. Sie ist Russin und vor ein paar Jahren nach Kiew gezogen, er stammt aus dem Osten der Ukraine. Die Beziehung zwischen den beiden Staaten könnte zur Zeit schlechter nicht sein.

Von: Martin Jabs

Stand: 01.06.2014 | Archiv

Katya und Vassily | Bild: BR

Vasyli

Aber kann so etwas auch eine ganze normale Familie aus dem Gleichgewicht bringen?

"Die Unterschiede gibt es, wenn man sie finden möchte. Aber es gibt auch viele Gemeinsamkeiten."

Vasyli

"Als ich herzog und Vasyl geheiratet habe, wurde nicht darüber geredet, wer Ukrainer ist oder wer Russe. Jetzt aber führt die russische Regierung eine aggressive Politik gegen die Ukraine, und davon bleiben natürlich auch die Familienbeziehungen nicht verschont."

Katya 

Das Wochenende war kurz – während der Woche arbeitet Vassily im 700 Kilometer entfernten Donezk. Katya bleibt in Kiew, um Freiwilligenarbeit zu leisten: 40 Säcke voll geschredderter Akten, die die korrupten Machenschaften der gestürzten Janukowitsch-Regierung belegen sollen. Sie müssen aufgeklebt und gescannt werden, dann kann ein Computer die passenden Dokumente wieder zusammensetzen.

"Ich fand dieses Land früher einfach nur blöd."

Eine ältere Frau

"Wir haben alle gedacht: Man kann eh nichts ändern."

Eine junge Frau

"Wir wurden überall unterdrückt. Ich habe mir sogar gewünscht, dass meine jüngste Tochter und meine Enkeltochter dieses Land verlassen. Aber jetzt bin diesen jungen Leuten so dankbar, die auf dem Maidan gestanden haben und dem Protest zum Sieg verholfen haben. Sie haben mir die Hoffnung gegeben, dass dieses Land wiedergeboren werden kann."

Eine ältere Frau

Katya

Die Kämpfe auf dem Maidan sind vorbei. Katya hat sie hautnah miterlebt. Seitdem sieht sich die Moskauerin eher als Ukrainerin.

"Es kränkt mich unendlich, wenn meine russischen Freunde und meine Eltern sagen, dass es auf dem Maidan nur Banditen und Faschisten gibt. Ich denke, dass hier die besten und schönsten Menschen des Landes gestanden haben. Ich habe mir immer gesagt: Danke euch, dass ihr hier für uns steht. Wir sitzen auf unseren gemütlichen Sofas, gehen arbeiten, laufen hier vorbei – und ihr seid bereit, für uns zu sterben. Was ja auch passiert ist."

Katya

Die Menschen in Kiew versuchen, nach den Protesten wieder ein normales Leben aufzubauen. Katya, die Russin, und Vasyli, der Ukrainer, – der Konflikt zwischen ihren beiden Staaten hat sie nicht auseinander gebracht, ganz im Gegenteil.

"Als die Proteste auf dem Maidan begannen, war Katya im sechsten Monat schwanger. Man hat schon ihren Bauch gesehen, und es war einfach gefährlich, dort zu sein. In solchen Momenten verstehst du, was wichtig ist und was nicht. In diesem Moment fängst du an, mehr über deine Familie und deine Kinder nachzudenken, über deine Zukunft, über ihre Zukunft, ihre Einstellung zum Staat. Und das hat uns noch einmal zusätzlich Kraft gegeben, für die Zukunft unseres Landes auf die Straße zu gehen."

 Vasyli


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