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Portugal Lusitanos: Eine Pferderasse macht Karriere

Er ist einer der berühmtesten Reitmeister Portugals, ein Pferdenarr: Manuel Jorge Martins de Oliveira. Und er ist erfolgreicher Züchter der portugiesischen Edelrasse Lusitano.

Von: Norman Striegel

Stand: 12.12.2014 | Archiv

Manuel Jorge und Lusitanopferd | Bild: BR

Manuel Jorge Martins de Oliveira

Zuchthengst Sabio hat einen Marktwert von 60.000 Euro.

"Wir Portugiesen sind sehr stolz auf unsere Lusitano-Pferde. Sie sind die Visitenkarte einer alten Kultur. Sie sind sehr wichtig – auch für unsere Wirtschaft."

Manuel Jorge Martins de Oliveira, Pferdezüchter

Doch Portugals Traditionspferde verändern sich allmählich. Früher wurde der Lusitano im Stierkampf eingesetzt, heute passen die Züchter Größe und Gangwerk dem internationalen Dressurreitsport an. Oliveira ist darüber nicht begeistert.

"Ich finde das schade. Die Urrasse ist ein sehr bewegliches, zierliches Pferd. Aber die Wettkämpfe erfordern ein größeres Pferd. In meinen Augen schadet das der Rasse."

Manuel Jorge Martins de Oliveira

Die Region Ribatejo im Hinterland von Lissabon ist stark von der Landwirtschaft geprägt. Die berühmten Lusitanos sind hier nicht wegzudenken. Einmal im Jahr herrscht Ausnahmezustand: Im ansonsten eher verschlafenen Dörfchen Gulgá treffen sich im Herbst Züchter aus ganz Portugal.

Die nationale Pferdemesse ist ein echter Besuchermagnet. Hier wird die Tradition stolz nach außen getragen. Selbst wenn kaum ein Lusitano noch der Urrasse entspricht – das kleine Gulgá wird zum Nabel der portugiesischen Pferdewelt.

"Die Leute kommen aus allen Ländern, um unsere Lusitano-Pferde zu sehen. Deshalb kommen wir jedes Jahr hierher."

Goncalo Lardoso, Pferdehändler

Was viele Besucher nicht sehen: Es werden zu viele Pferde gezüchtet. Und die, die keine Käufer finden, werden oft sich selbst überlassen.

Sharon Clarke

Weil sich keiner um dieses Fohlen gekümmert hatte, nahm Sharon Clarke das Tier zu sich. Die Engländerin versorgt vernachlässigte Pferde, vermittelt sie nach England, Deutschland oder Frankreich. 150 Tiere werden hier mit Spendengeldern wieder aufgepäppelt.

"Es gibt viele Pferde, die alleine gelassen werden. Die Wirtschaft in Portugal ist so schlecht. Ein Pferd kostet Geld. Und zurzeit können sich viele den Unterhalt nicht mehr leisten: Futter, Heu, Tierarzt. Deshalb werden so viele Pferde sich selbst überlassen, bis sie sterben."

Sharon Clarke, Their Voice Portugal Horse Rescue Society

Und manche landen sogar auf dem Schlachthof. Sharon kennt den Ort, an dem Pferde vor der Schlachtung zwischengeparkt werden: dieses Feld hier. Diese etwa sieben Jahre alte Stute ist sehr zahm. Sharon glaubt, sie muss mal in guten Händen gewesen sein.

"Es ist so hart. Sie ist ein so schönes Pferd – ein Verlust. Das dürfte einfach nicht passieren. Ich würde sie alle gerne retten. Aber ich alleine kann das nicht."

Sharon Clarke, Pferderetterin

Innerhalb eines Jahres wurden fast 3000 Lusitanos geschlachtet – praktisch der Zuchtüberschuss. Belarmino Figueiredo lebt vom Weiterverkauf der verschmähten Tiere. Pro Pferd kann er bis zu 100 Euro verdienen.

"Das hat System: Die Leute züchten Pferde. Dann können sie sie nicht mehr unterhalten. Also rufen sie mich an, um sie los zu werden. Ich fahre hin, wir reden über den Preis – und über die Papiere. Das ist ganz wichtig. Die Pferde brauchen nämlich einen Mikrochip, sonst nimmt sie der Schlachthof nicht an."

Belarmino Figueiredo

Für die Dressurpferde, die auf der Messe in Golega verkauft werden, verlangen die Händler mittlerweile meist Phantasiepreise. Züchter Manuel Jorge Martins de Oliveira ist da weniger zum Feiern zumute.

"Früher war es die Leidenschaft. Man ging zum Pferdemarkt von Gulgá, um stolz zu zeigen, was für ein gut dressiertes Pferd man hatte. Heute steht das Geld im Vordergrund. Es geht mehr um den Verkauf. Die Mentalität hat sich geändert."

Manuel Jorge Martins de Oliveira

Oliveira setzt weiterhin auf die echten Lusitanos, die er auch selbst züchtet. Er glaubt noch an fast vergessene portugiesische Traditionen. Ob furchtlose Seefahrer oder unerschrockene Stierkämpfer – für sie alle hätten die Pferde schließlich immer eine wichtige Rolle gespielt.


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