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Großbritannien Fünf Parteien hoffen auf die Regierung

Das Kandidatenkarussell ist so voll wie nie – und alles dreht sich um die Frage: Wer wird neuer Premierminister in Großbritannien? Und: Wer kann hier wem am Ende zur Macht verhelfen?

Von: Marcel Müller

Stand: 03.05.2015 | Archiv

Die Wahlkandidaten | Bild: BR

Er ist der Platzhirsch: Premierminister David Cameron will fünf weitere Jahre regieren. Doch sein Wahlkampf sah lange Zeit so aus: Barbeque auf dem Land mit harmlosen Small-Talks. Oder eine Stippvisite im Kindergarten, perfekt arrangiert für Fotografen. Und auch Tiere durften nicht fehlen, je niedlicher desto besser. Auf riskante Fernsehdebatten mit seinen Konkurrenten ließ er sich kaum ein.

Nach Kritik auch aus den eigenen Reihen, der Wechsel in den Angriffsmodus: Cameron geht nun auf die Straßen, besucht eine Firma nach der anderen. Seine Botschaft: Ich bin der Mann des Aufschwungs: Zwei Millionen neue Jobs, das Haushaltdefizit drastisch reduziert. Der von ihm verordnete Sparkurs sei hart gewesen. Das Land habe sich dadurch wieder aufgerappelt.

"Die große Aufgabe war es, das Steuer herumzureißen, Wachstum zurück zu bringen, Jobs zu schaffen, Großbritannien wieder eine Chance zu geben. Wir haben das getan. Und jetzt muss dieses Wachstum umgesetzt werden in ein besseres Leben für mehr Menschen in unserem Land."

David Cameron, Vorsitzender der Konservativen

Sollten die Briten ihm tatsächlich eine zweite Amtszeit schenken, dann muss er ein Versprechen einhalten: Ein Referendum über den Verbleib in der EU. Wie das ausgeht, ist alles andere als sicher.

Ed Milliband

Camerons Herausforderer heißt Ed Milliband. Als junger Berater von Gordon Brown schnupperte er schon einmal die Luft von Downing Street No. 10. Doch vielen gilt er auch heute noch als Leichtgewicht, dem die Wirtschaftskompetenz fehlt, und außerdem als ein wenig ungelenk. Ein paar Spaßvögel haben ihm zu etwas mehr Coolness verholfen - zumindest im Internet.

Doch offenbar haben ihn viele unterschätzt. Milliband hat seiner Partei einen Linksruck verpasst. Red Ed, so sein Spitzname, will höhere Steuern für Reiche, mehr Rechte für Arbeitnehmer.

"Unser Land wird nicht erfolgreich sein, wenn wir nur die mit einen sechsstelligen Bonus im Jahr belohnen, sondern wenn wir alle hart arbeitenden Menschen belohnen."

Ed Milliband, Vorsitzender der Labour Party

Nick Clegg

Aus eigener Kraft an die Macht schaffen sie es nicht. Zum Zünglein an der Waage werden wohl die kleinen Parteien, wobei er kaum eine Rolle spielen wird: Nick Clegg, Chef der Liberaldemokraten. Fünf Jahre Juniorpartner von Cameron – das hat weder Clegg noch der Partei gut getan. Zudem hat er sein wichtigstes Wahlversprechen - die Studiengebühren abzuschaffen – gebrochen. Nun könnten die Liberaldemokraten die Hälfte ihrer Sitze im Parlament verlieren.

Nigel Farage

Er dagegen hat gut lachen: Nigel Farage, Chef der rechtspopulistischen UKIP. Der Mann mit dem Haifisch-Grinsen ist derzeit Dauergast in den englischen Pubs. Immer auf der Suche nach Protestwählern. Mit seinem europafeindlichen Kurs, fischt Farage am rechten Rand der Konservativen, treibt die Tories vor sich her. Der Europa-Schreck kandidiert am südlisten Zipfel der Insel, dort wo man den Kontinent fast schon sehen kann. Doch aus der EU will er raus und Zuwanderung vor allem aus Osteuropa stoppen.

"Unsere Gemeinden haben sich verändert in den letzten zehn, 15 Jahren; so sehr, dass es mittlerweile vielen Menschen schwer fällt, ihre eigenen Städte wieder zu erkennen."

Nigel Farage, Vorsitzender der UKIP

Nicola Sturgeon

Und dann gibt es da noch Nicola Sturgeon, die Chefin der Schottischen Nationalpartei. Sie ist die Überraschung im Wahlkampf: eloquent, schlagfertig und links – eine Mischung, die bei den Schotten offenbar ankommt.

Dabei wollte ihre Partei noch vor kurzem die Unabhängigkeit, scheiterte aber knapp. Mit Nicola Sturgeon an der Spitze könnte die SNP in Schottland nahezu alle Sitze gewinnen – und so zum wichtigen Machtfaktor in London werden.

Nur noch vier Tage - der Endspurt im Wahlkampf ist eingeläutet. So knapp, so offen und so spannend wie diesmal war es auf der Insel noch nie.


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