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Europa Rechtspopulisten auf dem Sturm ins Parlament

Europas Rechtspopulisten sind stärker als je zuvor: Marine Le Pen in Frankreich, Geert Wilders in den Niederlanden, Nigel Farage in Großbritannien, Heinz-Christian Strache in Österreich und Timo Soini in Finnland.

Von: Nils Kopp

Stand: 18.05.2014 | Archiv

Eine Europakarte mit einem durchgestrichenen EU | Bild: BR

Laut Umfragen werden sie in ihrem Land die vordersten Plätzen erreichen, einige sogar die Nummer eins.

In 12 EU-Ländern wird der Anteil der Rechtspopulisten bereits auf über zehn Prozent prognostiziert.

In einem Sache sind sich alle Rechtspopulisten einig: In ihrer Kritik an Europa. Manche fordern sogar den Austritt ihres Landes aus der EU. Zum Beispiel die Niederländische Freiheitspartei von Geert Wilders. Im Wahlprogramm heißt es: "Uit Uit de EU" - "Raus aus der EU"

Als "Tor zur Welt" könnten sich die Niederlande aus eigener Kraft aufrechterhalten, mit seinen Häfen sei es stark genug und bräuchte Brüssel gar nicht. Experten bezweifeln das:

"Selbst produzieren sie eigentlich nicht viel, haben keine echte reale Industrie, außer Käse, Tulpen, was da halt so ist. Wenn die Niederlande rausgehen, würde ich davon ausgehen, dass die EU sagt: 'Dann führen wir eben wieder Zölle ein.' Und dann wäre der Wettbewerbsvorteil, den die Niederlande in der EU haben von heute auf morgen weg."

Prof. Andreas Maurer, Politikwissenschaftler

Heinz-Christian Strache von der FPÖ

Dass ein EU-Austritt solche Folgen haben könnte, verschweigt die "Freiheitspartei". Und so kommen sie in den Umfragen zuletzt auf 17 Prozent, die UKIP in Großbritannien liegt sogar bei 31 Prozent, der Front Nationale in Frankreich bei 23 Prozent, die FPÖ in Österreich kommt auf 20 Prozent und die "Wahren Finnen" auf 21 Prozent.

In rund 15 EU-Ländern könnten es die Rechtspopulisten ins Europaparlament schaffen. Europaweit verheißen ihnen Umfragen derzeit 12 Prozent. Was ist das Besondere an den Rechtspopulisten? – Vom Rassismus der Rechtsradikalen grenzen sie sich ab, aber diese Schlagworte sind allen gemeinsam: Die Warnung vor Überfremdung, die Hervorhebung von Autorität und Führungscharisma, die absolute Gegnerschaft zu den etablierten Parteien und seit wenigen Jahren: Ein lautes "Nein" zu Europa und der EU.

Dass sie mit ihrem "Nein" zu Europa in den letzten Jahren so stark geworden sind, verdanken sie der Finanzkrise.

"Kritik an der Eurozone, diese Bevormundung durch Organe wie die Troika und den IWF, das sind so Blackboxes, in die man nicht rein kann, die man auch schlecht greifen kann, so geht’s auch vielen Wähler und Wählerinnen, die das attraktiv finden, als Argument, die sich sagen: 'Was erlauben sich da irgendwelche Organe, die auch mit der EU gar nichts zu tun haben, uns zu diktieren wie wir zu haushalten haben.'"

Prof. Andreas Maurer

Nigel Farage

Aber es gibt auch große Unterschiede: So weigerte sich Nigel Farage in der Vergangenheit, mit Marine Le Pen aus Frankreich zusammenzuarbeiten: Der Front National sei ihm zu radikal, sagt er, dabei trägt gerade seine Partei den Austritt aus der EU bereits im Namen: "Ukip" heißt sie, und das "I" steht dabei für "Independence", Unabhängigkeit.

Andere Rechtspopulisten hingegen fordern den Austritt aus dem Euro, wieder andere verlangen dies nur "im schlimmsten Fall" und begnügen sich mit einer Annullierung des Vertrags von Lissabon.

Die AfD um Bernd Lucke

Und in Deutschland? Da gibt es eine Partei, der Rechtspopulismus unterstellt wird: die "Alternative für Deutschland". Die neue Rechte in Deutschland?

"Das ist eine Partei, die betont kritisch ist, die aber eben auf eigene Rechnung als eigene Partei versucht, sich im Europäischen Parlament einzufinden, um sozusagen den kritischen Stimmen Gesicht und Stimme zu verleihen. Das, denke ich, wird ihnen nicht gelingen, weil sie brauchen im Parlament ja Mehrheiten."

Prof. Andreas Maurer

Geert Wilders und Marine Le Pen

Im Moment sind die Rechtspopulisten noch eine unmaßgebliche Minderheit im Europäischen Parlament. Das wird sich mit den bevorstehenden Wahlen wohl ändern. Darauf bauen der Holländer Geert Wilders, die Französin Marine le Pen und die österreichische FPÖ. Ihr Ziel ist es, eine neue Fraktion im Parlament zu bilden und dieses von innen heraus bekämpfen. Eine Gefahr für das Projekt Europa?

"Geert Wilders und seine niederländische Partei ist sehr betont israelfreundlich, die FPÖ in Österreich ist sehr israelfeindlich und araberfreundlich. Die Niederländer haben einen positiven Zugang zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, das ist für die FPÖ des Teufels. Wie das zusammen laufen soll, das ist schon noch eine Frage. Das überrascht zunächst, weil man sich fragt: 'Wie kommen die denn dazu, eine gemeinsame Fraktion bilden zu wollen?‘"

Prof. Andreas Maurer

Aber auch wenn sie nicht in allem einer Meinung sind, ein Ziel ist ihnen gemeinsam: Die EU zu schwächen. Und da kann man noch einiges von ihnen erwarten.


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