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Türkei Zurück in den Krieg nach Syrien?

Im Schlafzimmer stehen die Koffer: fertig gepackt, wie immer. Eigentlich wollte Nidal Hafez mit seiner Familie nach Europa gehen. Doch nun sitzen sie schon seit Monaten in der Türkei fest.

Von: Gunnar Köhne

Stand: 03.04.2016 | Archiv

Das Foto einer Szene auf einem Flüchtlingsboot auf einem Smartphone | Bild: BR

"Ich habe es nicht weiter geschafft. Darum stehen die Koffer immer noch gepackt in der Ecke. Nun müssen wir irgendwo anders hin. Wahrscheinlich zurück nach Syrien."

Nidal Hafez

Nidal Hafez mit seinem Neffen

Die lebensgefährliche Route über das Meer nach Griechenland, die kam für Hafez nicht in Frage. Auch seinem Neffen rät er davon ab. Beim Versuch, mit dem Flugzeug nach Deutschland zu kommen, wurde die Familie Hafez am Istanbuler Flughafen festgenommen. Eine Arbeit hat der Ingenieur in der Türkei nicht gefunden. Nun geht das Geld geht langsam zur Neige. Und damit stirbt auch die Hoffnung, Europa doch noch irgendwie zu erreichen.

"Unter diesen neuen Umständen, mit dieser neuen Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Europa sind die möglichen Routen schwierig und riskant geworden. Ich sehe nicht, dass wir woanders hingehen könnten als zurück nach Syrien."

Nidal Hafez

Nidal Hafez

Unter den Flüchtlingen in der Türkei macht sich Ratlosigkeit breit. Im Istanbul Stadtbezirk Aksaray warten jeden Tag hunderte auf eine Gelegenheit weiter nach Westen zu kommen. Sie alle haben nicht damit gerechnet, dass sie unwillkommen sein könnten, dass sich einzelne Länder abschotten und Zäune hochziehen.

"Ich verstehe nicht, warum die Europäer uns neuerdings so behandeln. Das haben wir Syrer nicht verdient. Wir sind doch vor Krieg geflohen! Da sollten wir doch wenigstens respektvoll behandelt werden."

Ein Mann

Der Wille, notfalls in die unsichere Heimat zurück zugehen, wird stärker unter den Flüchtlingen – das beobachten Hilfsorganisationen, aber auch die Reisebüros. Die Nachfrage nach One-Way-Tickets steigt.

"Vor allem die Iraker kaufen deutlich mehr Rückflugtickets, weil sie zunehmend ihre Hoffnung verlieren, nach Deutschland oder in ein anderes westeuropäisches Land zu kommen. Hier in Istanbul können sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten, darum treten sie die Rückreise an."

Ein Reisebürobesitzer

Die türkische Regierung sagt, sie beherberge 2,7 Millionen Flüchtlinge, eine Zahl, die Kritiker zunehmend in Zweifel ziehen. Schließlich ließe die Türkei kaum mehr Flüchtlinge ins Land. Dafür aber hätten Hunderttausende die Türkei schon wieder verlassen, entweder nach Europa oder zurück in ihre Heimat.

Familie Hafez

Familie Hafez ist in der Türkei in Sicherheit, aber die Kinder bekommen keine Schulausbildung, die Eltern sind ohne Arbeit. Sie wollen nun nach Damaskus und hoffen dort, nach ihrer Rückkehr in einem Viertel außerhalb der Kriegszone unterzukommen. Damit wären sie wenigstens wieder in ihrer Heimat. Aber ganz wohl ist dem Familienvater dabei nicht.

"Es ist eine schwere Entscheidung für mich, die Kinder wieder zurück nach Syrien zu bringen, denn es ist fraglich, ob sie dort so unbeschwert spielen können."

Nidal Hafez

Sie hatten von einem legalen Weg nach Europa geträumt, ohne Menschenhändler und Lebensgefahr. Nun kehren die Hafez’ enttäuscht zurück in den Krieg.


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